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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
gestellt hatte. Vom rechten Flügel her klang des
Landrats bestimmte Weisung herüber, vorläufig dies¬
seits zu bleiben und ihm durch die Dünen hin bis
an eine weiter hinauf gelegene Bohlenbrücke zu folgen.
Als beide Kutscher, Knut und Kruse, so verständigt
waren, trat der Major, der, um Sidonie zu helfen,
gleichzeitig mit dieser ausgestiegen war, wieder an Effi
heran und sagte: "Ich kann Sie nicht allein lassen,
gnäd'ge Frau."

Effi war einen Augenblick unschlüssig, rückte
dann aber rasch von der einen Seite nach der anderen
hinüber, und Crampas nahm links neben ihr Platz.

All' dies hätte vielleicht mißdeutet werden können,
Crampas selbst aber war zu sehr Frauenkenner, um
es sich bloß in Eitelkeit zurechtzulegen. Er sah deut¬
lich, daß Effi nur that, was, nach Lage der Sache,
das einzig Richtige war. Es war unmöglich für sie,
sich seine Gegenwart zu verbitten. Und so ging es
denn im Fluge den beiden anderen Schlitten nach,
immer dicht an dem Wasserlaufe hin, an dessen
anderem Ufer dunkle Waldmassen aufragten. Effi
sah hinüber und nahm an, daß schließlich an dem
landeinwärts gelegenen Außenrande des Waldes hin
die Weiterfahrt gehen würde, genau also den Weg
entlang, auf dem man in früher Nachmittagsstunde
gekommen war. Innstetten aber hatte sich inzwischen

Effi Brieſt
geſtellt hatte. Vom rechten Flügel her klang des
Landrats beſtimmte Weiſung herüber, vorläufig dies¬
ſeits zu bleiben und ihm durch die Dünen hin bis
an eine weiter hinauf gelegene Bohlenbrücke zu folgen.
Als beide Kutſcher, Knut und Kruſe, ſo verſtändigt
waren, trat der Major, der, um Sidonie zu helfen,
gleichzeitig mit dieſer ausgeſtiegen war, wieder an Effi
heran und ſagte: „Ich kann Sie nicht allein laſſen,
gnäd'ge Frau.“

Effi war einen Augenblick unſchlüſſig, rückte
dann aber raſch von der einen Seite nach der anderen
hinüber, und Crampas nahm links neben ihr Platz.

All' dies hätte vielleicht mißdeutet werden können,
Crampas ſelbſt aber war zu ſehr Frauenkenner, um
es ſich bloß in Eitelkeit zurechtzulegen. Er ſah deut¬
lich, daß Effi nur that, was, nach Lage der Sache,
das einzig Richtige war. Es war unmöglich für ſie,
ſich ſeine Gegenwart zu verbitten. Und ſo ging es
denn im Fluge den beiden anderen Schlitten nach,
immer dicht an dem Waſſerlaufe hin, an deſſen
anderem Ufer dunkle Waldmaſſen aufragten. Effi
ſah hinüber und nahm an, daß ſchließlich an dem
landeinwärts gelegenen Außenrande des Waldes hin
die Weiterfahrt gehen würde, genau alſo den Weg
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[279/0288] Effi Brieſt geſtellt hatte. Vom rechten Flügel her klang des Landrats beſtimmte Weiſung herüber, vorläufig dies¬ ſeits zu bleiben und ihm durch die Dünen hin bis an eine weiter hinauf gelegene Bohlenbrücke zu folgen. Als beide Kutſcher, Knut und Kruſe, ſo verſtändigt waren, trat der Major, der, um Sidonie zu helfen, gleichzeitig mit dieſer ausgeſtiegen war, wieder an Effi heran und ſagte: „Ich kann Sie nicht allein laſſen, gnäd'ge Frau.“ Effi war einen Augenblick unſchlüſſig, rückte dann aber raſch von der einen Seite nach der anderen hinüber, und Crampas nahm links neben ihr Platz. All' dies hätte vielleicht mißdeutet werden können, Crampas ſelbſt aber war zu ſehr Frauenkenner, um es ſich bloß in Eitelkeit zurechtzulegen. Er ſah deut¬ lich, daß Effi nur that, was, nach Lage der Sache, das einzig Richtige war. Es war unmöglich für ſie, ſich ſeine Gegenwart zu verbitten. Und ſo ging es denn im Fluge den beiden anderen Schlitten nach, immer dicht an dem Waſſerlaufe hin, an deſſen anderem Ufer dunkle Waldmaſſen aufragten. Effi ſah hinüber und nahm an, daß ſchließlich an dem landeinwärts gelegenen Außenrande des Waldes hin die Weiterfahrt gehen würde, genau alſo den Weg entlang, auf dem man in früher Nachmittagsſtunde gekommen war. Innſtetten aber hatte ſich inzwiſchen

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/288>, abgerufen am 22.11.2024.