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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
geglichenen Kontos war. Effi war bei diesem Ge¬
spräch sehr ausgelassen, fühlte sich ganz als junge
Frau und war froh, die nach der Gesindestube hin
ausquartierte Roswitha auf unbestimmte Zeit los
zu sein.

Am anderen Morgen sagte sie: "Das Wetter
ist schön und mild und ich hoffe, die Veranda nach
der Plantage hinaus ist noch in gutem Stande, und
wir können uns ins Freie setzen und da das Früh¬
stück nehmen. In unsere Zimmer kommen wir ohne¬
hin noch früh genug, und der Kessiner Winter ist
wirklich um vier Wochen zu lang."

Innstetten war sehr einverstanden. Die Veranda,
von der Effi gesprochen, und die vielleicht richtiger
ein Zelt genannt worden wäre, war schon im Sommer
hergerichtet worden, drei, vier Wochen vor Effi's
Abreise nach Hohen-Cremmen, und bestand aus einem
großen gedielten Podium, vorn offen, mit einer
mächtigen Marquise zu Häupten, während links und
rechts breite Leinwandvorhänge waren, die sich mit
Hülfe von Ringen an einer Eisenstange hin und her
schieben ließen. Es war ein reizender Platz, den
ganzen Sommer über von allen Badegästen, die hier
vorüber mußten, bewundert.

Effi hatte sich in einen Schaukelstuhl gelehnt
und sagte, während sie das Kaffeebrett von der Seite

Effi Brieſt
geglichenen Kontos war. Effi war bei dieſem Ge¬
ſpräch ſehr ausgelaſſen, fühlte ſich ganz als junge
Frau und war froh, die nach der Geſindeſtube hin
ausquartierte Roswitha auf unbeſtimmte Zeit los
zu ſein.

Am anderen Morgen ſagte ſie: „Das Wetter
iſt ſchön und mild und ich hoffe, die Veranda nach
der Plantage hinaus iſt noch in gutem Stande, und
wir können uns ins Freie ſetzen und da das Früh¬
ſtück nehmen. In unſere Zimmer kommen wir ohne¬
hin noch früh genug, und der Keſſiner Winter iſt
wirklich um vier Wochen zu lang.“

Innſtetten war ſehr einverſtanden. Die Veranda,
von der Effi geſprochen, und die vielleicht richtiger
ein Zelt genannt worden wäre, war ſchon im Sommer
hergerichtet worden, drei, vier Wochen vor Effi's
Abreiſe nach Hohen-Cremmen, und beſtand aus einem
großen gedielten Podium, vorn offen, mit einer
mächtigen Marquiſe zu Häupten, während links und
rechts breite Leinwandvorhänge waren, die ſich mit
Hülfe von Ringen an einer Eiſenſtange hin und her
ſchieben ließen. Es war ein reizender Platz, den
ganzen Sommer über von allen Badegäſten, die hier
vorüber mußten, bewundert.

Effi hatte ſich in einen Schaukelſtuhl gelehnt
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[208/0217] Effi Brieſt geglichenen Kontos war. Effi war bei dieſem Ge¬ ſpräch ſehr ausgelaſſen, fühlte ſich ganz als junge Frau und war froh, die nach der Geſindeſtube hin ausquartierte Roswitha auf unbeſtimmte Zeit los zu ſein. Am anderen Morgen ſagte ſie: „Das Wetter iſt ſchön und mild und ich hoffe, die Veranda nach der Plantage hinaus iſt noch in gutem Stande, und wir können uns ins Freie ſetzen und da das Früh¬ ſtück nehmen. In unſere Zimmer kommen wir ohne¬ hin noch früh genug, und der Keſſiner Winter iſt wirklich um vier Wochen zu lang.“ Innſtetten war ſehr einverſtanden. Die Veranda, von der Effi geſprochen, und die vielleicht richtiger ein Zelt genannt worden wäre, war ſchon im Sommer hergerichtet worden, drei, vier Wochen vor Effi's Abreiſe nach Hohen-Cremmen, und beſtand aus einem großen gedielten Podium, vorn offen, mit einer mächtigen Marquiſe zu Häupten, während links und rechts breite Leinwandvorhänge waren, die ſich mit Hülfe von Ringen an einer Eiſenſtange hin und her ſchieben ließen. Es war ein reizender Platz, den ganzen Sommer über von allen Badegäſten, die hier vorüber mußten, bewundert. Effi hatte ſich in einen Schaukelſtuhl gelehnt und ſagte, während ſie das Kaffeebrett von der Seite

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/217>, abgerufen am 25.11.2024.