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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
so lange hält unser altes Preußen noch. Ja, meine
Freunde, Pommern und Brandenburg, damit zwingen
wir's und zertreten dem Drachen der Revolution das
giftige Haupt. Fest und treu, so siegen wir. Die
Katholiken, unsere Brüder, die wir, auch wenn wir
sie bekämpfen, achten müssen, haben den Felsen Petri,
wir aber haben den Rocher de Bronze. Baron Inn¬
stetten, er lebe hoch!" Innstetten dankte ganz kurz,
Effi sagte zu dem neben ihr sitzenden Major v.
Crampas: Das mit dem ,Felsen Petri' sei wahr¬
scheinlich eine Huldigung gegen Roswitha gewesen;
sie werde nachher an den alten Justizrat Gadebusch
herantreten und ihn fragen, ob er nicht ihrer Meinung
sei. Crampas nahm, diese Bemerkung unerklärlicher¬
weise für Ernst und riet von einer Anfrage bei
dem Justizrat ab, was Effi ungemein erheiterte.
"Ich habe Sie doch für einen besseren Seelenleser
gehalten."

"Ach, meine Gnädigste, bei schönen, jungen
Frauen, die noch nicht achtzehn sind, scheitert alle
Lesekunst."

"Sie verderben sich vollends, Major. Sie
können mich eine Großmutter nennen, aber An¬
spielungen darauf, daß ich noch nicht achtzehn bin,
das kann Ihnen nie verziehen werden."

Als man von Tisch aufgestanden war, kam der

Effi Brieſt
ſo lange hält unſer altes Preußen noch. Ja, meine
Freunde, Pommern und Brandenburg, damit zwingen
wir's und zertreten dem Drachen der Revolution das
giftige Haupt. Feſt und treu, ſo ſiegen wir. Die
Katholiken, unſere Brüder, die wir, auch wenn wir
ſie bekämpfen, achten müſſen, haben den Felſen Petri,
wir aber haben den Rocher de Bronze. Baron Inn¬
ſtetten, er lebe hoch!“ Innſtetten dankte ganz kurz,
Effi ſagte zu dem neben ihr ſitzenden Major v.
Crampas: Das mit dem ‚Felſen Petri‘ ſei wahr¬
ſcheinlich eine Huldigung gegen Roswitha geweſen;
ſie werde nachher an den alten Juſtizrat Gadebuſch
herantreten und ihn fragen, ob er nicht ihrer Meinung
ſei. Crampas nahm, dieſe Bemerkung unerklärlicher¬
weiſe für Ernſt und riet von einer Anfrage bei
dem Juſtizrat ab, was Effi ungemein erheiterte.
„Ich habe Sie doch für einen beſſeren Seelenleſer
gehalten.“

„Ach, meine Gnädigſte, bei ſchönen, jungen
Frauen, die noch nicht achtzehn ſind, ſcheitert alle
Leſekunſt.“

„Sie verderben ſich vollends, Major. Sie
können mich eine Großmutter nennen, aber An¬
ſpielungen darauf, daß ich noch nicht achtzehn bin,
das kann Ihnen nie verziehen werden.“

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[200/0209] Effi Brieſt ſo lange hält unſer altes Preußen noch. Ja, meine Freunde, Pommern und Brandenburg, damit zwingen wir's und zertreten dem Drachen der Revolution das giftige Haupt. Feſt und treu, ſo ſiegen wir. Die Katholiken, unſere Brüder, die wir, auch wenn wir ſie bekämpfen, achten müſſen, haben den Felſen Petri, wir aber haben den Rocher de Bronze. Baron Inn¬ ſtetten, er lebe hoch!“ Innſtetten dankte ganz kurz, Effi ſagte zu dem neben ihr ſitzenden Major v. Crampas: Das mit dem ‚Felſen Petri‘ ſei wahr¬ ſcheinlich eine Huldigung gegen Roswitha geweſen; ſie werde nachher an den alten Juſtizrat Gadebuſch herantreten und ihn fragen, ob er nicht ihrer Meinung ſei. Crampas nahm, dieſe Bemerkung unerklärlicher¬ weiſe für Ernſt und riet von einer Anfrage bei dem Juſtizrat ab, was Effi ungemein erheiterte. „Ich habe Sie doch für einen beſſeren Seelenleſer gehalten.“ „Ach, meine Gnädigſte, bei ſchönen, jungen Frauen, die noch nicht achtzehn ſind, ſcheitert alle Leſekunſt.“ „Sie verderben ſich vollends, Major. Sie können mich eine Großmutter nennen, aber An¬ ſpielungen darauf, daß ich noch nicht achtzehn bin, das kann Ihnen nie verziehen werden.“ Als man von Tiſch aufgeſtanden war, kam der

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/209>, abgerufen am 25.11.2024.