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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
alles. Rollo kam dann wohl und legte sich vor sie
hin auf den Kaminteppich, als ob er sagen wolle:
"Muß nur 'mal wieder nach Dir sehen; ein anderer
thut's doch nicht." Und dann beugte sie sich nieder
und sagte leise: "Ja, Rollo, wir sind allein." Um
neun erschien dann Innstetten wieder zum Thee,
meist die Zeitung in der Hand, sprach vom Fürsten,
der wieder viel Ärger habe, zumal über diesen Eugen
Richter, dessen Haltung und Sprache ganz un¬
qualifizierbar seien, und ging dann die Ernennungen
und Ordensverleihungen durch, von denen er die
meisten beanstandete. Zuletzt sprach er von den
Wahlen, und daß es ein Glück sei, einem Kreise
vorzustehen, in dem es noch Respekt gäbe. War er
damit durch, so bat er Effi, daß sie 'was spiele, aus
Lohengrin oder aus der Walküre, denn er war ein
Wagner-Schwärmer. Was ihn zu diesem hinüber¬
geführt hatte, war ungewiß; einige sagten seine Nerven,
denn so nüchtern er schien, eigentlich war er nervös;
andere schoben es auf Wagner's Stellung zur Juden¬
frage. Wahrscheinlich hatten beide recht. Um zehn
war Innstetten dann abgespannt und erging sich in
ein paar wohlgemeinten, aber etwas müden Zärtlich¬
keiten, die sich Effi gefallen ließ, ohne sie recht zu
erwidern.


Effi Brieſt
alles. Rollo kam dann wohl und legte ſich vor ſie
hin auf den Kaminteppich, als ob er ſagen wolle:
„Muß nur 'mal wieder nach Dir ſehen; ein anderer
thut's doch nicht.“ Und dann beugte ſie ſich nieder
und ſagte leiſe: „Ja, Rollo, wir ſind allein.“ Um
neun erſchien dann Innſtetten wieder zum Thee,
meiſt die Zeitung in der Hand, ſprach vom Fürſten,
der wieder viel Ärger habe, zumal über dieſen Eugen
Richter, deſſen Haltung und Sprache ganz un¬
qualifizierbar ſeien, und ging dann die Ernennungen
und Ordensverleihungen durch, von denen er die
meiſten beanſtandete. Zuletzt ſprach er von den
Wahlen, und daß es ein Glück ſei, einem Kreiſe
vorzuſtehen, in dem es noch Reſpekt gäbe. War er
damit durch, ſo bat er Effi, daß ſie 'was ſpiele, aus
Lohengrin oder aus der Walküre, denn er war ein
Wagner-Schwärmer. Was ihn zu dieſem hinüber¬
geführt hatte, war ungewiß; einige ſagten ſeine Nerven,
denn ſo nüchtern er ſchien, eigentlich war er nervös;
andere ſchoben es auf Wagner's Stellung zur Juden¬
frage. Wahrſcheinlich hatten beide recht. Um zehn
war Innſtetten dann abgeſpannt und erging ſich in
ein paar wohlgemeinten, aber etwas müden Zärtlich¬
keiten, die ſich Effi gefallen ließ, ohne ſie recht zu
erwidern.


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[175/0184] Effi Brieſt alles. Rollo kam dann wohl und legte ſich vor ſie hin auf den Kaminteppich, als ob er ſagen wolle: „Muß nur 'mal wieder nach Dir ſehen; ein anderer thut's doch nicht.“ Und dann beugte ſie ſich nieder und ſagte leiſe: „Ja, Rollo, wir ſind allein.“ Um neun erſchien dann Innſtetten wieder zum Thee, meiſt die Zeitung in der Hand, ſprach vom Fürſten, der wieder viel Ärger habe, zumal über dieſen Eugen Richter, deſſen Haltung und Sprache ganz un¬ qualifizierbar ſeien, und ging dann die Ernennungen und Ordensverleihungen durch, von denen er die meiſten beanſtandete. Zuletzt ſprach er von den Wahlen, und daß es ein Glück ſei, einem Kreiſe vorzuſtehen, in dem es noch Reſpekt gäbe. War er damit durch, ſo bat er Effi, daß ſie 'was ſpiele, aus Lohengrin oder aus der Walküre, denn er war ein Wagner-Schwärmer. Was ihn zu dieſem hinüber¬ geführt hatte, war ungewiß; einige ſagten ſeine Nerven, denn ſo nüchtern er ſchien, eigentlich war er nervös; andere ſchoben es auf Wagner's Stellung zur Juden¬ frage. Wahrſcheinlich hatten beide recht. Um zehn war Innſtetten dann abgeſpannt und erging ſich in ein paar wohlgemeinten, aber etwas müden Zärtlich¬ keiten, die ſich Effi gefallen ließ, ohne ſie recht zu erwidern.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/184>, abgerufen am 25.11.2024.