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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

"Ja, meine gnädigste Frau, was Sie da schildern
und beschreiben, das ist auch etwas anderes, das ist
ja wirklich oder kann wenigstens etwas Wirkliches
sein. Ein Gespenst, das durch die Ballade geht, da
graule ich mich gar nicht, aber ein Gespenst, das
durch meine Stube geht, ist mir, gerade so wie
andern, sehr unangenehm. Darin empfinden wir
also ganz gleich."

"Haben Sie denn dergleichen auch einmal erlebt?"

"Gewiß. Und noch dazu bei Kotschukoff. Und
ich habe mir auch ausbedungen, daß ich diesmal
anders schlafe, vielleicht mit der englischen Gouver¬
nante zusammen. Das ist nämlich eine Quäkerin,
und da ist man sicher."

"Und Sie halten dergleichen für möglich?"

"Meine gnädigste Frau, wenn man so alt ist
wie ich und viel 'rumgestoßen wurde und in Ru߬
land war und sogar auch ein halbes Jahr in Ru¬
mänien, da hält man alles für möglich. Es giebt
so viel schlechte Menschen, und das andere findet
sich dann auch, das gehört dann so zu sagen mit
dazu."

Effi horchte auf.

"Ich bin," fuhr die Trippelli fort, "aus einer
sehr aufgeklärten Familie (bloß mit Mutter war es
immer nicht so recht), und doch sagte mir mein

Effi Brieſt

„Ja, meine gnädigſte Frau, was Sie da ſchildern
und beſchreiben, das iſt auch etwas anderes, das iſt
ja wirklich oder kann wenigſtens etwas Wirkliches
ſein. Ein Geſpenſt, das durch die Ballade geht, da
graule ich mich gar nicht, aber ein Geſpenſt, das
durch meine Stube geht, iſt mir, gerade ſo wie
andern, ſehr unangenehm. Darin empfinden wir
alſo ganz gleich.“

„Haben Sie denn dergleichen auch einmal erlebt?“

„Gewiß. Und noch dazu bei Kotſchukoff. Und
ich habe mir auch ausbedungen, daß ich diesmal
anders ſchlafe, vielleicht mit der engliſchen Gouver¬
nante zuſammen. Das iſt nämlich eine Quäkerin,
und da iſt man ſicher.“

„Und Sie halten dergleichen für möglich?“

„Meine gnädigſte Frau, wenn man ſo alt iſt
wie ich und viel 'rumgeſtoßen wurde und in Ru߬
land war und ſogar auch ein halbes Jahr in Ru¬
mänien, da hält man alles für möglich. Es giebt
ſo viel ſchlechte Menſchen, und das andere findet
ſich dann auch, das gehört dann ſo zu ſagen mit
dazu.“

Effi horchte auf.

„Ich bin,“ fuhr die Trippelli fort, „aus einer
ſehr aufgeklärten Familie (bloß mit Mutter war es
immer nicht ſo recht), und doch ſagte mir mein

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[157/0166] Effi Brieſt „Ja, meine gnädigſte Frau, was Sie da ſchildern und beſchreiben, das iſt auch etwas anderes, das iſt ja wirklich oder kann wenigſtens etwas Wirkliches ſein. Ein Geſpenſt, das durch die Ballade geht, da graule ich mich gar nicht, aber ein Geſpenſt, das durch meine Stube geht, iſt mir, gerade ſo wie andern, ſehr unangenehm. Darin empfinden wir alſo ganz gleich.“ „Haben Sie denn dergleichen auch einmal erlebt?“ „Gewiß. Und noch dazu bei Kotſchukoff. Und ich habe mir auch ausbedungen, daß ich diesmal anders ſchlafe, vielleicht mit der engliſchen Gouver¬ nante zuſammen. Das iſt nämlich eine Quäkerin, und da iſt man ſicher.“ „Und Sie halten dergleichen für möglich?“ „Meine gnädigſte Frau, wenn man ſo alt iſt wie ich und viel 'rumgeſtoßen wurde und in Ru߬ land war und ſogar auch ein halbes Jahr in Ru¬ mänien, da hält man alles für möglich. Es giebt ſo viel ſchlechte Menſchen, und das andere findet ſich dann auch, das gehört dann ſo zu ſagen mit dazu.“ Effi horchte auf. „Ich bin,“ fuhr die Trippelli fort, „aus einer ſehr aufgeklärten Familie (bloß mit Mutter war es immer nicht ſo recht), und doch ſagte mir mein

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/166>, abgerufen am 22.11.2024.