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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
spielt nicht am Spieltisch, aber er hazardiert im
Leben in einem fort, und man muß ihm auf die
Finger sehen."

"Es ist mir doch lieb, daß Du mir das sagst.
Ich werde mich vorsehen mit ihm."

"Das thu'. Aber nicht zu sehr; dann hilft es
nichts. Unbefangenheit ist immer das beste, und
natürlich das allerbeste ist Charakter und Festigkeit
und, wenn ich solch' steifleinenes Wort brauchen
darf, eine reine Seele."

Sie sah ihn groß an. Dann sagte sie: "Ja,
gewiß. Aber nun sprich nicht mehr, und noch dazu
lauter Dinge, die mich nicht recht froh machen können.
Weißt Du, mir ist, als hörte ich oben das Tanzen.
Sonderbar, daß es immer wieder kommt. Ich dachte,
Du hättest mit dem allen nur so gespaßt."

"Das will ich doch nicht sagen, Effi. Aber so
oder so, man muß nur in Ordnung sein und sich
nicht zu fürchten brauchen."

Effi nickte und dachte mit einemmale wieder
an die Worte, die ihr Crampas über ihren Mann
als "Erzieher" gesagt hatte.


Der heilige Abend kam und verging ähnlich
wie das Jahr vorher; aus Hohen-Cremmen kamen

Effi Brieſt
ſpielt nicht am Spieltiſch, aber er hazardiert im
Leben in einem fort, und man muß ihm auf die
Finger ſehen.“

„Es iſt mir doch lieb, daß Du mir das ſagſt.
Ich werde mich vorſehen mit ihm.“

„Das thu'. Aber nicht zu ſehr; dann hilft es
nichts. Unbefangenheit iſt immer das beſte, und
natürlich das allerbeſte iſt Charakter und Feſtigkeit
und, wenn ich ſolch' ſteifleinenes Wort brauchen
darf, eine reine Seele.“

Sie ſah ihn groß an. Dann ſagte ſie: „Ja,
gewiß. Aber nun ſprich nicht mehr, und noch dazu
lauter Dinge, die mich nicht recht froh machen können.
Weißt Du, mir iſt, als hörte ich oben das Tanzen.
Sonderbar, daß es immer wieder kommt. Ich dachte,
Du hätteſt mit dem allen nur ſo geſpaßt.“

„Das will ich doch nicht ſagen, Effi. Aber ſo
oder ſo, man muß nur in Ordnung ſein und ſich
nicht zu fürchten brauchen.“

Effi nickte und dachte mit einemmale wieder
an die Worte, die ihr Crampas über ihren Mann
als „Erzieher“ geſagt hatte.


Der heilige Abend kam und verging ähnlich
wie das Jahr vorher; aus Hohen-Cremmen kamen

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[255/0264] Effi Brieſt ſpielt nicht am Spieltiſch, aber er hazardiert im Leben in einem fort, und man muß ihm auf die Finger ſehen.“ „Es iſt mir doch lieb, daß Du mir das ſagſt. Ich werde mich vorſehen mit ihm.“ „Das thu'. Aber nicht zu ſehr; dann hilft es nichts. Unbefangenheit iſt immer das beſte, und natürlich das allerbeſte iſt Charakter und Feſtigkeit und, wenn ich ſolch' ſteifleinenes Wort brauchen darf, eine reine Seele.“ Sie ſah ihn groß an. Dann ſagte ſie: „Ja, gewiß. Aber nun ſprich nicht mehr, und noch dazu lauter Dinge, die mich nicht recht froh machen können. Weißt Du, mir iſt, als hörte ich oben das Tanzen. Sonderbar, daß es immer wieder kommt. Ich dachte, Du hätteſt mit dem allen nur ſo geſpaßt.“ „Das will ich doch nicht ſagen, Effi. Aber ſo oder ſo, man muß nur in Ordnung ſein und ſich nicht zu fürchten brauchen.“ Effi nickte und dachte mit einemmale wieder an die Worte, die ihr Crampas über ihren Mann als „Erzieher“ geſagt hatte. Der heilige Abend kam und verging ähnlich wie das Jahr vorher; aus Hohen-Cremmen kamen

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/264>, abgerufen am 27.11.2024.