patriotischen Ausspruch knüpfte. "Das ist Dein Mann", dacht' ich. Und wirklich, was in Saarmund mißglückt war, hier konnt es gelingen. Ich fuhr also fort:
"Sie haben ja wohl eine alte Burg hier? Burg Trebbin. Die vierte der Nutheburgen."
"Nicht daß ich wüßte. Das muß vor meiner Zeit ge- wesen sein."
"Gewiß. 700 Jahre .. Und kein Burgwall? kein unterirdischer Gang? Keine Stelle, die hohl klingt?"
"Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der Schützengilde von 1577 ...."
"Und kein Denkmal? keine Mumie?"
"Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der .."
Es wurde mir immer klarer, auf was er mit endlich doch siegreicher Beharrlichkeit hinaus wollte. Ich ließ also den Strom seiner Rede fließen und warf erst ganz zuletzt und anscheinend ohne Zusammenhang die Frage dazwischen "ob er jemals von dem Maler Wilhelm Hensel oder doch von dessen Vater dem alten Pastor Hensel gehört habe?"
Ein Kopfschütteln war die Antwort und nur mit Mühe wurde festgestellt, daß der alte Pastor Hensel höchst wahrscheinlich schon vor seiner, des Wirths und Meisters Geburt verzogen sein müsse, eine Sache, betreffs deren ich nie den geringsten Zweifel unterhalten hatte.
Das Vorfahren des Wagens und der Peitschenknips des Kutschers schnitten weitere Nachforschungen ab, wobei michs trösten mußte, schwerlich etwas anderes als die chronologische Reihenfolge der Trebbiner Schützenkönige eingebüßt zu haben. Noch ein Hut- lüpfen unsererseits, noch eine gegengrüßende militärische Handbe- wegung des "Majors" -- und unser Jagdwagen klapperte über das Pflaster hin.
Die Kirchhofsthüre stand noch offen und die Schwertlilien blühten noch.
Ueber "Burg Trebbin" bin ich auch nachträglich ohne Mit- theilung geblieben, aber von Wilhelm Hensel will ich erzählen.
patriotiſchen Ausſpruch knüpfte. „Das iſt Dein Mann“, dacht’ ich. Und wirklich, was in Saarmund mißglückt war, hier konnt es gelingen. Ich fuhr alſo fort:
„Sie haben ja wohl eine alte Burg hier? Burg Trebbin. Die vierte der Nutheburgen.“
„Nicht daß ich wüßte. Das muß vor meiner Zeit ge- weſen ſein.“
„Gewiß. 700 Jahre .. Und kein Burgwall? kein unterirdiſcher Gang? Keine Stelle, die hohl klingt?“
„Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der Schützengilde von 1577 ....“
„Und kein Denkmal? keine Mumie?“
„Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der ..“
Es wurde mir immer klarer, auf was er mit endlich doch ſiegreicher Beharrlichkeit hinaus wollte. Ich ließ alſo den Strom ſeiner Rede fließen und warf erſt ganz zuletzt und anſcheinend ohne Zuſammenhang die Frage dazwiſchen „ob er jemals von dem Maler Wilhelm Henſel oder doch von deſſen Vater dem alten Paſtor Henſel gehört habe?“
Ein Kopfſchütteln war die Antwort und nur mit Mühe wurde feſtgeſtellt, daß der alte Paſtor Henſel höchſt wahrſcheinlich ſchon vor ſeiner, des Wirths und Meiſters Geburt verzogen ſein müſſe, eine Sache, betreffs deren ich nie den geringſten Zweifel unterhalten hatte.
Das Vorfahren des Wagens und der Peitſchenknips des Kutſchers ſchnitten weitere Nachforſchungen ab, wobei michs tröſten mußte, ſchwerlich etwas anderes als die chronologiſche Reihenfolge der Trebbiner Schützenkönige eingebüßt zu haben. Noch ein Hut- lüpfen unſererſeits, noch eine gegengrüßende militäriſche Handbe- wegung des „Majors“ — und unſer Jagdwagen klapperte über das Pflaſter hin.
Die Kirchhofsthüre ſtand noch offen und die Schwertlilien blühten noch.
Ueber „Burg Trebbin“ bin ich auch nachträglich ohne Mit- theilung geblieben, aber von Wilhelm Henſel will ich erzählen.
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patriotiſchen Ausſpruch knüpfte. „Das iſt Dein Mann“, dacht’
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es gelingen. Ich fuhr alſo fort:
„Sie haben ja wohl eine alte Burg hier? Burg Trebbin.
Die vierte der Nutheburgen.“
„Nicht daß ich wüßte. Das muß vor meiner Zeit ge-
weſen ſein.“
„Gewiß. 700 Jahre .. Und kein Burgwall? kein unterirdiſcher
Gang? Keine Stelle, die hohl klingt?“
„Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der Schützengilde von
1577 ....“
„Und kein Denkmal? keine Mumie?“
„Nicht daß ich wüßte. Mit Ausnahme der ..“
Es wurde mir immer klarer, auf was er mit endlich doch
ſiegreicher Beharrlichkeit hinaus wollte. Ich ließ alſo den Strom
ſeiner Rede fließen und warf erſt ganz zuletzt und anſcheinend
ohne Zuſammenhang die Frage dazwiſchen „ob er jemals von dem
Maler Wilhelm Henſel oder doch von deſſen Vater dem alten
Paſtor Henſel gehört habe?“
Ein Kopfſchütteln war die Antwort und nur mit Mühe
wurde feſtgeſtellt, daß der alte Paſtor Henſel höchſt wahrſcheinlich
ſchon vor ſeiner, des Wirths und Meiſters Geburt verzogen ſein
müſſe, eine Sache, betreffs deren ich nie den geringſten Zweifel
unterhalten hatte.
Das Vorfahren des Wagens und der Peitſchenknips des
Kutſchers ſchnitten weitere Nachforſchungen ab, wobei michs tröſten
mußte, ſchwerlich etwas anderes als die chronologiſche Reihenfolge
der Trebbiner Schützenkönige eingebüßt zu haben. Noch ein Hut-
lüpfen unſererſeits, noch eine gegengrüßende militäriſche Handbe-
wegung des „Majors“ — und unſer Jagdwagen klapperte über das
Pflaſter hin.
Die Kirchhofsthüre ſtand noch offen und die Schwertlilien
blühten noch.
Ueber „Burg Trebbin“ bin ich auch nachträglich ohne Mit-
theilung geblieben, aber von Wilhelm Henſel will ich erzählen.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der vierte Band "Spreeland. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow" 1882 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/450>, abgerufen am 22.07.2024.
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