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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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hat er beschlossen am 15. Juli Anno 1686 als Fähnrich und
tapfrer Soldat in Sr. Churfürstlichen Durchlaucht von Branden-
burg Armee vor der Festung Ofen in Ungarn.

So griff der tapfre Held zugleich den Erbfeind an,
Sein unerschrockner Muth ließ seine Kraft nicht fallen,
Es war ihm nur zur Lust Carthaunen hören knallen,
Und rühmet jedermann, was dieser Held gethan.
Wohl, seine Tapferkeit nun auch sein Leben zeigt,
Das er für's Vaterland beherzt hat hingegeben,
Es soll sein Nam' und Ehr bei Mit- und Nachwelt leben,
Unsterblich Der deß Ruhm bis an die Wolken steigt.

So viel über die Schildereien und Grabsteine. Wichtiger ist
das schon erwähnte Glasfenster mit dem Schlabrendorf'schen
Wappen und der Bischofsmütze darüber, das mit großer Wahr-
scheinlichkeit als ein Geschenk des Havelberger Bischofs, Johann
v. Schlabrendorf, anzusehen ist. Außer seinem historischen In-
teresse hat es auch ein kunsthistorisches, insoweit es uns ein Bei-
spiel (deren es wohl nicht allzu viele mehr geben dürfte) von der
Art und Weise der zu Beginn des 16. Jahrhunderts in unsrer
Mark in Uebung gewesenen Glasmalerei giebt.

Aus der Kirche schreiten wir nunmehr dem Dorfausgange
zu, wohin der Kirchhof um's Jahr 1811 verlegt wurde. Schon
das Jahr darauf empfing der neue Begräbnißplatz ein Sandstein-
monument, dessen auffallende Stattlichkeit sich bei der in den
Kriegsjahren überall herrschenden Armuth einzig und allein aus
der Aufregung erklären läßt, die damals in Veranlassung eines
besonderen Unglücks- und Todes-Falles in der Groebener Ge-
meinde hervorgerufen wurde. Noch jetzt lebt die Geschichte fort
und wird mit muthmaßlichen Ausschmückungen wie folgt erzählt.

Es war die Zeit, wo wieder, wie alljährlich, das zu drei,
vier Stämmen zusammengebolzte Floßholz in langer langer Linie die
Nuthe herunterkam, um erst bei Potsdam in die Havel und dann
bei Havelberg in die Elbe zu gehn. Und wie gewöhnlich hatte
man auch diesmal wieder allerlei Mannschaften an Bord com-
mandirt, die, mit Rudern und Stangen in der Hand, durch be-
ständiges Abstoßen vom Ufer das Auf- und Festfahren des Floß-
holzes hindern mußten. Es waren ihrer elf, lauter junge Bursche

hat er beſchloſſen am 15. Juli Anno 1686 als Fähnrich und
tapfrer Soldat in Sr. Churfürſtlichen Durchlaucht von Branden-
burg Armee vor der Feſtung Ofen in Ungarn.

So griff der tapfre Held zugleich den Erbfeind an,
Sein unerſchrockner Muth ließ ſeine Kraft nicht fallen,
Es war ihm nur zur Luſt Carthaunen hören knallen,
Und rühmet jedermann, was dieſer Held gethan.
Wohl, ſeine Tapferkeit nun auch ſein Leben zeigt,
Das er für’s Vaterland beherzt hat hingegeben,
Es ſoll ſein Nam’ und Ehr bei Mit- und Nachwelt leben,
Unſterblich Der deß Ruhm bis an die Wolken ſteigt.

So viel über die Schildereien und Grabſteine. Wichtiger iſt
das ſchon erwähnte Glasfenſter mit dem Schlabrendorf’ſchen
Wappen und der Biſchofsmütze darüber, das mit großer Wahr-
ſcheinlichkeit als ein Geſchenk des Havelberger Biſchofs, Johann
v. Schlabrendorf, anzuſehen iſt. Außer ſeinem hiſtoriſchen In-
tereſſe hat es auch ein kunſthiſtoriſches, inſoweit es uns ein Bei-
ſpiel (deren es wohl nicht allzu viele mehr geben dürfte) von der
Art und Weiſe der zu Beginn des 16. Jahrhunderts in unſrer
Mark in Uebung geweſenen Glasmalerei giebt.

Aus der Kirche ſchreiten wir nunmehr dem Dorfausgange
zu, wohin der Kirchhof um’s Jahr 1811 verlegt wurde. Schon
das Jahr darauf empfing der neue Begräbnißplatz ein Sandſtein-
monument, deſſen auffallende Stattlichkeit ſich bei der in den
Kriegsjahren überall herrſchenden Armuth einzig und allein aus
der Aufregung erklären läßt, die damals in Veranlaſſung eines
beſonderen Unglücks- und Todes-Falles in der Groebener Ge-
meinde hervorgerufen wurde. Noch jetzt lebt die Geſchichte fort
und wird mit muthmaßlichen Ausſchmückungen wie folgt erzählt.

Es war die Zeit, wo wieder, wie alljährlich, das zu drei,
vier Stämmen zuſammengebolzte Floßholz in langer langer Linie die
Nuthe herunterkam, um erſt bei Potsdam in die Havel und dann
bei Havelberg in die Elbe zu gehn. Und wie gewöhnlich hatte
man auch diesmal wieder allerlei Mannſchaften an Bord com-
mandirt, die, mit Rudern und Stangen in der Hand, durch be-
ſtändiges Abſtoßen vom Ufer das Auf- und Feſtfahren des Floß-
holzes hindern mußten. Es waren ihrer elf, lauter junge Burſche

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[400/0416] hat er beſchloſſen am 15. Juli Anno 1686 als Fähnrich und tapfrer Soldat in Sr. Churfürſtlichen Durchlaucht von Branden- burg Armee vor der Feſtung Ofen in Ungarn. So griff der tapfre Held zugleich den Erbfeind an, Sein unerſchrockner Muth ließ ſeine Kraft nicht fallen, Es war ihm nur zur Luſt Carthaunen hören knallen, Und rühmet jedermann, was dieſer Held gethan. Wohl, ſeine Tapferkeit nun auch ſein Leben zeigt, Das er für’s Vaterland beherzt hat hingegeben, Es ſoll ſein Nam’ und Ehr bei Mit- und Nachwelt leben, Unſterblich Der deß Ruhm bis an die Wolken ſteigt. So viel über die Schildereien und Grabſteine. Wichtiger iſt das ſchon erwähnte Glasfenſter mit dem Schlabrendorf’ſchen Wappen und der Biſchofsmütze darüber, das mit großer Wahr- ſcheinlichkeit als ein Geſchenk des Havelberger Biſchofs, Johann v. Schlabrendorf, anzuſehen iſt. Außer ſeinem hiſtoriſchen In- tereſſe hat es auch ein kunſthiſtoriſches, inſoweit es uns ein Bei- ſpiel (deren es wohl nicht allzu viele mehr geben dürfte) von der Art und Weiſe der zu Beginn des 16. Jahrhunderts in unſrer Mark in Uebung geweſenen Glasmalerei giebt. Aus der Kirche ſchreiten wir nunmehr dem Dorfausgange zu, wohin der Kirchhof um’s Jahr 1811 verlegt wurde. Schon das Jahr darauf empfing der neue Begräbnißplatz ein Sandſtein- monument, deſſen auffallende Stattlichkeit ſich bei der in den Kriegsjahren überall herrſchenden Armuth einzig und allein aus der Aufregung erklären läßt, die damals in Veranlaſſung eines beſonderen Unglücks- und Todes-Falles in der Groebener Ge- meinde hervorgerufen wurde. Noch jetzt lebt die Geſchichte fort und wird mit muthmaßlichen Ausſchmückungen wie folgt erzählt. Es war die Zeit, wo wieder, wie alljährlich, das zu drei, vier Stämmen zuſammengebolzte Floßholz in langer langer Linie die Nuthe herunterkam, um erſt bei Potsdam in die Havel und dann bei Havelberg in die Elbe zu gehn. Und wie gewöhnlich hatte man auch diesmal wieder allerlei Mannſchaften an Bord com- mandirt, die, mit Rudern und Stangen in der Hand, durch be- ſtändiges Abſtoßen vom Ufer das Auf- und Feſtfahren des Floß- holzes hindern mußten. Es waren ihrer elf, lauter junge Burſche

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/416>, abgerufen am 26.06.2024.