Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.Straßenecken Berlins und zugleich auch in der Vossischen und "Wir eilen, die treuen Unterthanen Sr. Maj. des Königs Berlin, 18. August 1813. Allerhöchstverordnetes Militair-Gouvernement für das Land Ruft jubelnd aus: "Nun ist er da! Der Storch ist gekommen! Victoria!" Und Alle schau'n herzfreudigen Blicks Hinauf zur erwählten Stätte des Glücks, Zum Königspalast, deß' höchste Spitze Der schwarzweiße Vogel erwählt zum Sitze. Der Adler daneben dehnt majestätisch Die Fittiche aus und spricht gravitätisch: "Weil Du, mein beflügelter Herr Kumpan, Am Preußenland so was Braves gethan, So will ich Dich ehren fortan als Freund, Und hoff', wir seh'n uns hier oft noch vereint!" Der Storch beugt sein langbeschnäbeltes Haupt Und spricht: "Wenn's gnädigst mir ist erlaubt, So bring' ich alljährlich, was heut' ich gebracht." Da hat der preußische Adler gelacht: "Herr Vogel-Bruder, ich halt' Dich beim Wort! Vermehre Du fleißig der Preußen Hort; Der Storch bringt den Segen, ihn hütet der Aaar Und Gott schützt das Haus jetzt und immerdar!" So haben die beiden Luftsegler da oben Es abgesprochen, -- wir können's nur loben. Und drinnen im Haus singt in's Land hinein Sein erstes Lied unser Prinzlein klein. -- "Gott laß Dich wachsen, Du kleiner Mann, Bis Du reichst zum Großen Fritze hinan!" Straßenecken Berlins und zugleich auch in der Voſſiſchen und „Wir eilen, die treuen Unterthanen Sr. Maj. des Königs Berlin, 18. Auguſt 1813. Allerhöchſtverordnetes Militair-Gouvernement für das Land Ruft jubelnd aus: „Nun iſt er da! Der Storch iſt gekommen! Victoria!“ Und Alle ſchau’n herzfreudigen Blicks Hinauf zur erwählten Stätte des Glücks, Zum Königspalaſt, deß’ höchſte Spitze Der ſchwarzweiße Vogel erwählt zum Sitze. Der Adler daneben dehnt majeſtätiſch Die Fittiche aus und ſpricht gravitätiſch: „Weil Du, mein beflügelter Herr Kumpan, Am Preußenland ſo was Braves gethan, So will ich Dich ehren fortan als Freund, Und hoff’, wir ſeh’n uns hier oft noch vereint!“ Der Storch beugt ſein langbeſchnäbeltes Haupt Und ſpricht: „Wenn’s gnädigſt mir iſt erlaubt, So bring’ ich alljährlich, was heut’ ich gebracht.“ Da hat der preußiſche Adler gelacht: „Herr Vogel-Bruder, ich halt’ Dich beim Wort! Vermehre Du fleißig der Preußen Hort; Der Storch bringt den Segen, ihn hütet der Aaar Und Gott ſchützt das Haus jetzt und immerdar!“ So haben die beiden Luftſegler da oben Es abgeſprochen, — wir können’s nur loben. Und drinnen im Haus ſingt in’s Land hinein Sein erſtes Lied unſer Prinzlein klein. — „Gott laß Dich wachſen, Du kleiner Mann, Bis Du reichſt zum Großen Fritze hinan!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0328" n="312"/> Straßenecken Berlins und zugleich auch in der Voſſiſchen und<lb/> Spenerſchen Zeitung folgende Bekanntmachung erſchien:</p><lb/> <p> <hi rendition="#et">„Wir eilen, die treuen Unterthanen Sr. Maj. des Königs<lb/> hierdurch zu unterrichten, daß in der Nacht vom 10. zum 11.<lb/> d. M. die Kriegserklärung Oeſterreichs gegen Frankreich erfolgt<lb/> und der Waffenſtillſtand ebenſo kaiſerlich ruſſiſcher wie unſrer-<lb/> ſeits gekündigt worden iſt. Die Zeit der Waffenruhe iſt mit-<lb/> hin überſtanden und der gerechteſte Krieg, der jemals geführt<lb/> worden, hat wieder begonnen.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et">Berlin, 18. 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Straßenecken Berlins und zugleich auch in der Voſſiſchen und
Spenerſchen Zeitung folgende Bekanntmachung erſchien:
„Wir eilen, die treuen Unterthanen Sr. Maj. des Königs
hierdurch zu unterrichten, daß in der Nacht vom 10. zum 11.
d. M. die Kriegserklärung Oeſterreichs gegen Frankreich erfolgt
und der Waffenſtillſtand ebenſo kaiſerlich ruſſiſcher wie unſrer-
ſeits gekündigt worden iſt. Die Zeit der Waffenruhe iſt mit-
hin überſtanden und der gerechteſte Krieg, der jemals geführt
worden, hat wieder begonnen.
Berlin, 18. Auguſt 1813.
Allerhöchſtverordnetes Militair-Gouvernement für das Land
zwiſchen der Elbe und Oder.
v. L’Eſtocq. — Sack.“
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*) Ruft jubelnd aus: „Nun iſt er da!
Der Storch iſt gekommen! Victoria!“
Und Alle ſchau’n herzfreudigen Blicks
Hinauf zur erwählten Stätte des Glücks,
Zum Königspalaſt, deß’ höchſte Spitze
Der ſchwarzweiße Vogel erwählt zum Sitze.
Der Adler daneben dehnt majeſtätiſch
Die Fittiche aus und ſpricht gravitätiſch:
„Weil Du, mein beflügelter Herr Kumpan,
Am Preußenland ſo was Braves gethan,
So will ich Dich ehren fortan als Freund,
Und hoff’, wir ſeh’n uns hier oft noch vereint!“
Der Storch beugt ſein langbeſchnäbeltes Haupt
Und ſpricht: „Wenn’s gnädigſt mir iſt erlaubt,
So bring’ ich alljährlich, was heut’ ich gebracht.“
Da hat der preußiſche Adler gelacht:
„Herr Vogel-Bruder, ich halt’ Dich beim Wort!
Vermehre Du fleißig der Preußen Hort;
Der Storch bringt den Segen, ihn hütet der Aaar
Und Gott ſchützt das Haus jetzt und immerdar!“
So haben die beiden Luftſegler da oben
Es abgeſprochen, — wir können’s nur loben.
Und drinnen im Haus ſingt in’s Land hinein
Sein erſtes Lied unſer Prinzlein klein. —
„Gott laß Dich wachſen, Du kleiner Mann,
Bis Du reichſt zum Großen Fritze hinan!“
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