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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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In Kurland rückte inzwischen das Ende der herzoglichen Herr-
schaft immer näher.

Die Herzogin verblieb in Berlin und Friedrichsfelde bis in
das nächste Jahr hinein; dann ging sie nach Leipzig, wo sie sich
noch stiller einrichtete als in Berlin, 1795 nach Sagan, an
welchem Orte sie mit ihrem Gemahl zusammentraf. .. Kurland
war inzwischen eine russische Provinz geworden; der Herzog hatte
resignirt.

So etwa die Aufzeichnungen, die wir, wie vorerwähnt, zu
größerem Theile dem Tiedgeschen Buche, zu kleinerem Theile dem
Werke Cruses "Kurland unter den Herzögen" entnommen haben.
Nirgends ist davon die Rede, daß in Friedrichsfelde ein besonderes
Kunstleben sich aufgethan hätte, ein Schweigen, das um so be-
merkenswerther ist, als der alte Tiedge gerade diese Seite in dem
Leben der Herzogin mit besonderer Vorliebe hervorhebt und jedes-
mal genau verzeichnet, wenn in Königsberg mit Kant, Hamann,
Hippel, in Neapel mit Hackert, in Herrenhut mit dem alten
Spangenberg etc. ein lebhafterer Verkehr angeknüpft wurde. Man
darf füglich daraus den Schluß ziehen, daß das Friedrichsfelder
Leben, während seiner kurländischen Zeit wenig Hervorragendes
auf dem Gebiete von Kunst und Wissenschaft geboten haben muß
und daß es sich, wie wir Eingangs bereits andeuteten, bei den
verschiedenen Anwesenheiten in Berlin-Friedrichsfelde sehr wahr-
scheinlich immer nur um Prinzen und Prinzessinnen, um "Gesell-
schaft" und Politik, um Eheschließungen und Güterkäufe handelte.
Gewiß ging ein Verkehr mit den literarischen Größen jener Zeit
(Nicolai, Ramler, Engel, Mendelssohn werden eigens genannt)
nebenher, aber doch eben nur nebenher.*) Geistig hoch beanlagt,

Herzog von Talleyrand und von Dino, durch welche Vermählung sie die
Nichte des berühmten Talleyrand wurde. Sie starb am 19. September 1862.
*) Unter diesen Besuchern werden natürlich auch Maler gewesen sein
und das eine oder andere Bild, ganz abgesehen von den Kunstschätzen, die
man aus Italien mitbrachte, wird damals seine Stätte in Friedrichsfelde ge-
funden haben. Eins, aus jener Zeit her, ist dem Schlosse verblieben, ein
Aquarellbild "Vue de Friedrichsfelde" mit den Widmungsworten: Dedie a
Son Altesse Serenissime Madame la Duchesse de Curlande et de Semigalles.

Das Bild ist aus dem Jahre 1787 (Schwarz feeit) und zeigt das Schloß in
seiner damaligen, von der gegenwärtigen nur wenig verschiedenen Gestalt.

In Kurland rückte inzwiſchen das Ende der herzoglichen Herr-
ſchaft immer näher.

Die Herzogin verblieb in Berlin und Friedrichsfelde bis in
das nächſte Jahr hinein; dann ging ſie nach Leipzig, wo ſie ſich
noch ſtiller einrichtete als in Berlin, 1795 nach Sagan, an
welchem Orte ſie mit ihrem Gemahl zuſammentraf. .. Kurland
war inzwiſchen eine ruſſiſche Provinz geworden; der Herzog hatte
reſignirt.

So etwa die Aufzeichnungen, die wir, wie vorerwähnt, zu
größerem Theile dem Tiedgeſchen Buche, zu kleinerem Theile dem
Werke Cruſes „Kurland unter den Herzögen“ entnommen haben.
Nirgends iſt davon die Rede, daß in Friedrichsfelde ein beſonderes
Kunſtleben ſich aufgethan hätte, ein Schweigen, das um ſo be-
merkenswerther iſt, als der alte Tiedge gerade dieſe Seite in dem
Leben der Herzogin mit beſonderer Vorliebe hervorhebt und jedes-
mal genau verzeichnet, wenn in Königsberg mit Kant, Hamann,
Hippel, in Neapel mit Hackert, in Herrenhut mit dem alten
Spangenberg ꝛc. ein lebhafterer Verkehr angeknüpft wurde. Man
darf füglich daraus den Schluß ziehen, daß das Friedrichsfelder
Leben, während ſeiner kurländiſchen Zeit wenig Hervorragendes
auf dem Gebiete von Kunſt und Wiſſenſchaft geboten haben muß
und daß es ſich, wie wir Eingangs bereits andeuteten, bei den
verſchiedenen Anweſenheiten in Berlin-Friedrichsfelde ſehr wahr-
ſcheinlich immer nur um Prinzen und Prinzeſſinnen, um „Geſell-
ſchaft“ und Politik, um Eheſchließungen und Güterkäufe handelte.
Gewiß ging ein Verkehr mit den literariſchen Größen jener Zeit
(Nicolai, Ramler, Engel, Mendelsſohn werden eigens genannt)
nebenher, aber doch eben nur nebenher.*) Geiſtig hoch beanlagt,

Herzog von Talleyrand und von Dino, durch welche Vermählung ſie die
Nichte des berühmten Talleyrand wurde. Sie ſtarb am 19. September 1862.
*) Unter dieſen Beſuchern werden natürlich auch Maler geweſen ſein
und das eine oder andere Bild, ganz abgeſehen von den Kunſtſchätzen, die
man aus Italien mitbrachte, wird damals ſeine Stätte in Friedrichsfelde ge-
funden haben. Eins, aus jener Zeit her, iſt dem Schloſſe verblieben, ein
Aquarellbild „Vue de Friedrichsfelde“ mit den Widmungsworten: Dedié à
Son Altesse Serenissime Madame la Duchesse de Curlande et de Semigalles.

Das Bild iſt aus dem Jahre 1787 (Schwarz feeit) und zeigt das Schloß in
ſeiner damaligen, von der gegenwärtigen nur wenig verſchiedenen Geſtalt.
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[142/0158] In Kurland rückte inzwiſchen das Ende der herzoglichen Herr- ſchaft immer näher. Die Herzogin verblieb in Berlin und Friedrichsfelde bis in das nächſte Jahr hinein; dann ging ſie nach Leipzig, wo ſie ſich noch ſtiller einrichtete als in Berlin, 1795 nach Sagan, an welchem Orte ſie mit ihrem Gemahl zuſammentraf. .. Kurland war inzwiſchen eine ruſſiſche Provinz geworden; der Herzog hatte reſignirt. So etwa die Aufzeichnungen, die wir, wie vorerwähnt, zu größerem Theile dem Tiedgeſchen Buche, zu kleinerem Theile dem Werke Cruſes „Kurland unter den Herzögen“ entnommen haben. Nirgends iſt davon die Rede, daß in Friedrichsfelde ein beſonderes Kunſtleben ſich aufgethan hätte, ein Schweigen, das um ſo be- merkenswerther iſt, als der alte Tiedge gerade dieſe Seite in dem Leben der Herzogin mit beſonderer Vorliebe hervorhebt und jedes- mal genau verzeichnet, wenn in Königsberg mit Kant, Hamann, Hippel, in Neapel mit Hackert, in Herrenhut mit dem alten Spangenberg ꝛc. ein lebhafterer Verkehr angeknüpft wurde. Man darf füglich daraus den Schluß ziehen, daß das Friedrichsfelder Leben, während ſeiner kurländiſchen Zeit wenig Hervorragendes auf dem Gebiete von Kunſt und Wiſſenſchaft geboten haben muß und daß es ſich, wie wir Eingangs bereits andeuteten, bei den verſchiedenen Anweſenheiten in Berlin-Friedrichsfelde ſehr wahr- ſcheinlich immer nur um Prinzen und Prinzeſſinnen, um „Geſell- ſchaft“ und Politik, um Eheſchließungen und Güterkäufe handelte. Gewiß ging ein Verkehr mit den literariſchen Größen jener Zeit (Nicolai, Ramler, Engel, Mendelsſohn werden eigens genannt) nebenher, aber doch eben nur nebenher. *) Geiſtig hoch beanlagt, *) *) Unter dieſen Beſuchern werden natürlich auch Maler geweſen ſein und das eine oder andere Bild, ganz abgeſehen von den Kunſtſchätzen, die man aus Italien mitbrachte, wird damals ſeine Stätte in Friedrichsfelde ge- funden haben. Eins, aus jener Zeit her, iſt dem Schloſſe verblieben, ein Aquarellbild „Vue de Friedrichsfelde“ mit den Widmungsworten: Dedié à Son Altesse Serenissime Madame la Duchesse de Curlande et de Semigalles. Das Bild iſt aus dem Jahre 1787 (Schwarz feeit) und zeigt das Schloß in ſeiner damaligen, von der gegenwärtigen nur wenig verſchiedenen Geſtalt. *) Herzog von Talleyrand und von Dino, durch welche Vermählung ſie die Nichte des berühmten Talleyrand wurde. Sie ſtarb am 19. September 1862.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/158>, abgerufen am 22.11.2024.