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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882.

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schon ganz nahe daran gewesen." Die Sage von diesem alten
Kreisdirector aber, die noch von Mund zu Munde geht, ist die
folgende: Es war wohl schon den dritten Tag und sie gruben immer
noch. Da kamen sie bis an eine eiserne Thüre mit einem Schlüssel-
loch, und durch das Schlüsselloch konnten sie hineinkucken und eine
mit Geld aufgehäufte Braupfanne sehen. Und auf dem Gelde
saß der Böse. Der alte Kreisdirector aber hat trotz alledem nicht
ablassen wollen und hat angefangen zu parlamentiren und an den
Bösen zu schreiben. Vorerst hat sich keiner finden wollen, um die
Briefe zu bestellen, zuletzt aber hat sich doch Einer gefunden, der
Ebel hieß, und hat alle Nacht einen Brief vom alten Kreisdirector
auf den Kapellenberg getragen. Und immer wenn er an die rechte
Stelle gekommen, um den Brief hinzulegen, hat schon ein Brief
vom Bösen dagelegen und ein Münzgroschen dabei als Botenlohn.
So haben sie sich geschrieben hin und her, der Böse und der Herr
Kreisdirector, und immer um die zwölfte Stunde war Ebel auf
dem Kapellenberg. Und der Böse schrieb zuletzt: "Der Herr
Kreisdirector solle wahr und wahrhaftig Alles haben; aber den
Briefträger müss' er ihm geben und den Arm vom See, der die
"Lanke" heißt, auch." Das hat aber der Kreisdirector nicht ge-
wollt, weil es Ebeln sein Leben und wohl auch noch andere
Menschenleben gekostet hätt'. Denn wenn der Böse erst den
See-Arm gehabt hätt', so wäre Mancher mit'm Kahn verun-
glückt oder im Winter auf'm Eis und hätt' ertrinken müssen.
Alle Jahr hätte wenigstens Einer 'ran gemußt. Und so ist
denn die Braupfanne voll Geld nicht gehoben worden und liegt
heute noch.

So die Sage.

Wir unsrerseits aber, als wir uns an dem Bocksdornstrauche
zu schaffen gemacht, erblickten unter seinem Gezweige nichts als
einen Haufen allerfleißigster Ameisen. Ein Avis an alle müßigen
Schatzgräber den Schatz da zu suchen, wo er liegt.

Als wir noch plauderten und nach einem Aussichtspunkte
suchten, zogen einige von Blankensee kommende Kirchgänger über
den Berg, ihrem Nachbardorfe zu. Der Gottesdienst war also
aus und wir gingen nunmehro zurück, um auch unsrerseits unsern Be-

ſchon ganz nahe daran geweſen.“ Die Sage von dieſem alten
Kreisdirector aber, die noch von Mund zu Munde geht, iſt die
folgende: Es war wohl ſchon den dritten Tag und ſie gruben immer
noch. Da kamen ſie bis an eine eiſerne Thüre mit einem Schlüſſel-
loch, und durch das Schlüſſelloch konnten ſie hineinkucken und eine
mit Geld aufgehäufte Braupfanne ſehen. Und auf dem Gelde
ſaß der Böſe. Der alte Kreisdirector aber hat trotz alledem nicht
ablaſſen wollen und hat angefangen zu parlamentiren und an den
Böſen zu ſchreiben. Vorerſt hat ſich keiner finden wollen, um die
Briefe zu beſtellen, zuletzt aber hat ſich doch Einer gefunden, der
Ebel hieß, und hat alle Nacht einen Brief vom alten Kreisdirector
auf den Kapellenberg getragen. Und immer wenn er an die rechte
Stelle gekommen, um den Brief hinzulegen, hat ſchon ein Brief
vom Böſen dagelegen und ein Münzgroſchen dabei als Botenlohn.
So haben ſie ſich geſchrieben hin und her, der Böſe und der Herr
Kreisdirector, und immer um die zwölfte Stunde war Ebel auf
dem Kapellenberg. Und der Böſe ſchrieb zuletzt: „Der Herr
Kreisdirector ſolle wahr und wahrhaftig Alles haben; aber den
Briefträger müſſ’ er ihm geben und den Arm vom See, der die
„Lanke“ heißt, auch.“ Das hat aber der Kreisdirector nicht ge-
wollt, weil es Ebeln ſein Leben und wohl auch noch andere
Menſchenleben gekoſtet hätt’. Denn wenn der Böſe erſt den
See-Arm gehabt hätt’, ſo wäre Mancher mit’m Kahn verun-
glückt oder im Winter auf’m Eis und hätt’ ertrinken müſſen.
Alle Jahr hätte wenigſtens Einer ’ran gemußt. Und ſo iſt
denn die Braupfanne voll Geld nicht gehoben worden und liegt
heute noch.

So die Sage.

Wir unſrerſeits aber, als wir uns an dem Bocksdornſtrauche
zu ſchaffen gemacht, erblickten unter ſeinem Gezweige nichts als
einen Haufen allerfleißigſter Ameiſen. Ein Avis an alle müßigen
Schatzgräber den Schatz da zu ſuchen, wo er liegt.

Als wir noch plauderten und nach einem Ausſichtspunkte
ſuchten, zogen einige von Blankenſee kommende Kirchgänger über
den Berg, ihrem Nachbardorfe zu. Der Gottesdienſt war alſo
aus und wir gingen nunmehro zurück, um auch unſrerſeits unſern Be-

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[427/0443] ſchon ganz nahe daran geweſen.“ Die Sage von dieſem alten Kreisdirector aber, die noch von Mund zu Munde geht, iſt die folgende: Es war wohl ſchon den dritten Tag und ſie gruben immer noch. Da kamen ſie bis an eine eiſerne Thüre mit einem Schlüſſel- loch, und durch das Schlüſſelloch konnten ſie hineinkucken und eine mit Geld aufgehäufte Braupfanne ſehen. Und auf dem Gelde ſaß der Böſe. Der alte Kreisdirector aber hat trotz alledem nicht ablaſſen wollen und hat angefangen zu parlamentiren und an den Böſen zu ſchreiben. Vorerſt hat ſich keiner finden wollen, um die Briefe zu beſtellen, zuletzt aber hat ſich doch Einer gefunden, der Ebel hieß, und hat alle Nacht einen Brief vom alten Kreisdirector auf den Kapellenberg getragen. Und immer wenn er an die rechte Stelle gekommen, um den Brief hinzulegen, hat ſchon ein Brief vom Böſen dagelegen und ein Münzgroſchen dabei als Botenlohn. So haben ſie ſich geſchrieben hin und her, der Böſe und der Herr Kreisdirector, und immer um die zwölfte Stunde war Ebel auf dem Kapellenberg. Und der Böſe ſchrieb zuletzt: „Der Herr Kreisdirector ſolle wahr und wahrhaftig Alles haben; aber den Briefträger müſſ’ er ihm geben und den Arm vom See, der die „Lanke“ heißt, auch.“ Das hat aber der Kreisdirector nicht ge- wollt, weil es Ebeln ſein Leben und wohl auch noch andere Menſchenleben gekoſtet hätt’. Denn wenn der Böſe erſt den See-Arm gehabt hätt’, ſo wäre Mancher mit’m Kahn verun- glückt oder im Winter auf’m Eis und hätt’ ertrinken müſſen. Alle Jahr hätte wenigſtens Einer ’ran gemußt. Und ſo iſt denn die Braupfanne voll Geld nicht gehoben worden und liegt heute noch. So die Sage. Wir unſrerſeits aber, als wir uns an dem Bocksdornſtrauche zu ſchaffen gemacht, erblickten unter ſeinem Gezweige nichts als einen Haufen allerfleißigſter Ameiſen. Ein Avis an alle müßigen Schatzgräber den Schatz da zu ſuchen, wo er liegt. Als wir noch plauderten und nach einem Ausſichtspunkte ſuchten, zogen einige von Blankenſee kommende Kirchgänger über den Berg, ihrem Nachbardorfe zu. Der Gottesdienſt war alſo aus und wir gingen nunmehro zurück, um auch unſrerſeits unſern Be-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 4: Spreeland. Berlin, 1882, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg04_1882/443>, abgerufen am 25.11.2024.