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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Schnitt einer alten Landwehrmütze, sein Rock einen Stehkragen
von dunkler Farbe. Eine Art Nachtwächterblau. Mir lagen
immer noch die "Nutheburgen" im Kopf; ich wollte die Suche
nach ihnen nicht so ohne Weiteres aufgeben. Das ist dein
Mann, dacht' ich, und ließ halten.

"Sind Sie von hier?"

"Ja."

"Das ist schön. Da kennen Sie gewiß die Nutheburgen?"

Der Ausdruck seines Gesichts ließ keinen Zweifel darüber,
daß dieser dunkel-romantische Klang zum ersten Male sein Ohr
traf; in seiner Antwort stolperte er zwischen allerhand Locali-
täts-Bezeichnungen wie Burgwall und Nuthebrücke hin und
her, die auf alles Mögliche Rücksicht nahmen, nur nicht auf
den Gegenstand meiner Sehnsucht. Ich sah bald, daß der
älteren märkisch-wendischen Heimathskunde hier keine Quelle
floß und war rasch entschlossen, durch eine Diversion jeder wei-
teren Verwirrung vorzubeugen.

"Ist sonst nichts da, das sich verlohnte?"

"Nichts als der Galgenberg ...., da haben Sie die beste
Aussicht; das ganze Nuthethal, links Potsdam, rechts Trebbin;
es soll auch ein Schatz ..."

"Gut, gut." Ich gab dem Kutscher einen leisen Schlag
auf die Schulter, grüßte und im nächsten Moment ging es weiter,
vom Straßendamm hinunter, in den mahlenden Sand hinein.

Es war kaum 10 Minuten Wegs. Da stieg der Berg
mit dem ominösen Namen vor uns auf. Wir hielten. Es
war Mittagsstunde und ein heißer Tag. Die Sonne glühte
am Abhang, den wir hinauf mußten. Vor uns weidete eine
Heerde magerer Schafe; sie hatte sich ihrer Magerkeit an die-
ser
Stelle nicht zu schämen; nur halbverbranntes, moosartig
kurzes Gras zog sich über den Sand hin; nichts grünte als die
Wolfsmilch. Endlich oben.

Es lohnte sich schon. Wie um dem Missethäter das Schei-
den doppelt schwer zu machen, stellte das Mittelalter seinen
Dreibaum auf die höchsten und schönsten Punkte.

Schnitt einer alten Landwehrmütze, ſein Rock einen Stehkragen
von dunkler Farbe. Eine Art Nachtwächterblau. Mir lagen
immer noch die „Nutheburgen“ im Kopf; ich wollte die Suche
nach ihnen nicht ſo ohne Weiteres aufgeben. Das iſt dein
Mann, dacht’ ich, und ließ halten.

„Sind Sie von hier?“

„Ja.“

„Das iſt ſchön. Da kennen Sie gewiß die Nutheburgen?“

Der Ausdruck ſeines Geſichts ließ keinen Zweifel darüber,
daß dieſer dunkel-romantiſche Klang zum erſten Male ſein Ohr
traf; in ſeiner Antwort ſtolperte er zwiſchen allerhand Locali-
täts-Bezeichnungen wie Burgwall und Nuthebrücke hin und
her, die auf alles Mögliche Rückſicht nahmen, nur nicht auf
den Gegenſtand meiner Sehnſucht. Ich ſah bald, daß der
älteren märkiſch-wendiſchen Heimathskunde hier keine Quelle
floß und war raſch entſchloſſen, durch eine Diverſion jeder wei-
teren Verwirrung vorzubeugen.

„Iſt ſonſt nichts da, das ſich verlohnte?“

„Nichts als der Galgenberg ...., da haben Sie die beſte
Ausſicht; das ganze Nuthethal, links Potsdam, rechts Trebbin;
es ſoll auch ein Schatz …“

„Gut, gut.“ Ich gab dem Kutſcher einen leiſen Schlag
auf die Schulter, grüßte und im nächſten Moment ging es weiter,
vom Straßendamm hinunter, in den mahlenden Sand hinein.

Es war kaum 10 Minuten Wegs. Da ſtieg der Berg
mit dem ominöſen Namen vor uns auf. Wir hielten. Es
war Mittagsſtunde und ein heißer Tag. Die Sonne glühte
am Abhang, den wir hinauf mußten. Vor uns weidete eine
Heerde magerer Schafe; ſie hatte ſich ihrer Magerkeit an die-
ſer
Stelle nicht zu ſchämen; nur halbverbranntes, moosartig
kurzes Gras zog ſich über den Sand hin; nichts grünte als die
Wolfsmilch. Endlich oben.

Es lohnte ſich ſchon. Wie um dem Miſſethäter das Schei-
den doppelt ſchwer zu machen, ſtellte das Mittelalter ſeinen
Dreibaum auf die höchſten und ſchönſten Punkte.

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[368/0386] Schnitt einer alten Landwehrmütze, ſein Rock einen Stehkragen von dunkler Farbe. Eine Art Nachtwächterblau. Mir lagen immer noch die „Nutheburgen“ im Kopf; ich wollte die Suche nach ihnen nicht ſo ohne Weiteres aufgeben. Das iſt dein Mann, dacht’ ich, und ließ halten. „Sind Sie von hier?“ „Ja.“ „Das iſt ſchön. Da kennen Sie gewiß die Nutheburgen?“ Der Ausdruck ſeines Geſichts ließ keinen Zweifel darüber, daß dieſer dunkel-romantiſche Klang zum erſten Male ſein Ohr traf; in ſeiner Antwort ſtolperte er zwiſchen allerhand Locali- täts-Bezeichnungen wie Burgwall und Nuthebrücke hin und her, die auf alles Mögliche Rückſicht nahmen, nur nicht auf den Gegenſtand meiner Sehnſucht. Ich ſah bald, daß der älteren märkiſch-wendiſchen Heimathskunde hier keine Quelle floß und war raſch entſchloſſen, durch eine Diverſion jeder wei- teren Verwirrung vorzubeugen. „Iſt ſonſt nichts da, das ſich verlohnte?“ „Nichts als der Galgenberg ...., da haben Sie die beſte Ausſicht; das ganze Nuthethal, links Potsdam, rechts Trebbin; es ſoll auch ein Schatz …“ „Gut, gut.“ Ich gab dem Kutſcher einen leiſen Schlag auf die Schulter, grüßte und im nächſten Moment ging es weiter, vom Straßendamm hinunter, in den mahlenden Sand hinein. Es war kaum 10 Minuten Wegs. Da ſtieg der Berg mit dem ominöſen Namen vor uns auf. Wir hielten. Es war Mittagsſtunde und ein heißer Tag. Die Sonne glühte am Abhang, den wir hinauf mußten. Vor uns weidete eine Heerde magerer Schafe; ſie hatte ſich ihrer Magerkeit an die- ſer Stelle nicht zu ſchämen; nur halbverbranntes, moosartig kurzes Gras zog ſich über den Sand hin; nichts grünte als die Wolfsmilch. Endlich oben. Es lohnte ſich ſchon. Wie um dem Miſſethäter das Schei- den doppelt ſchwer zu machen, ſtellte das Mittelalter ſeinen Dreibaum auf die höchſten und ſchönſten Punkte.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/386>, abgerufen am 24.11.2024.