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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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aufgenommen worden. Später hatte er eine Frau mit einigem
Vermögen geheirathet und hielt seitdem eine eigne Schenkwirth-
schaft in der Klostergasse. Anfang der 70er Jahre, vielleicht
schon etwas früher, begann er auszusprengen, daß er die Gabe
der Geisterbeschwörung habe. Sein Anhang wuchs,
darunter Personen von hoher gesellschaftlicher Stellung. Der
Herzog von Kurland, Herzog Ferdinand von Braunschweig, die
Minister Graf Hohenthal und v. Wurmb, der Kammerherr
v. Heynitz, Oberst v. Fröden, der Geh. Kriegsrath v. Hopf-
garten und der Kammerherr v. Bischofswerder pflogen Umgang
mit ihm und besuchten ihn in seiner Wohnung im Hotel de
Pologne. Daß er, mit Hilfe des nach ihm genannten Schre-
pferschen Apparats, wirklich schemenhafte Gestalten erscheinen
ließ, ist gewiß, noch gewisser, daß er in beständigen Geldver-
legenheiten war und die reicheren der vorher genannten Herren
benutzte, um auf ihre Kosten zu leben. Sie mußten Geld
geben, auf daß der Schatz gehoben werden könne.

Vielleicht daß ihr Vertrauen oder ihre Geduld eher erschöpft
worden wäre, wenn er es nicht verstanden hätte, zum Theil
auf gefälschte Empfehlungen hin, mit den hervorragendsten
Häuptern anderer geheimer Gesellschaften sich in Verbindung zu
setzen, was ihm dann, in seiner nächsten Umgebung, immer
auf's Neue einen Nimbus lieh. Aus dieser Ordens-Geheim-
Correspondenz, die er nach den verschiedensten Seiten hin führte,
ist ein Briefwechsel zwischen ihm und dem Professor der Theo-
logie Dr. Stark in Königsberg (später General-Superinten-
dent in einem der thüringischen Staaten) aufbewahrt worden,
der merkwürdige Einblicke gönnt.

Dr. Stark, ein Theologe von gründlichster Bildung, eröff-
nete die Correspondenz und schrieb unterm 30. Juni 1773 aus
Königsberg: "Mein sehr werther Freund und Bruder. Nach
dem Wenigen, was mir von Ihnen bekannt worden ist,
müßte mich mein Geist sehr trügen, und die Siegel, die unser
Orden seinen Geweihten aufgedrückt hat, verwischt sein: oder
ich muß in Ihnen einen Mann finden, der Eines Ursprun-

aufgenommen worden. Später hatte er eine Frau mit einigem
Vermögen geheirathet und hielt ſeitdem eine eigne Schenkwirth-
ſchaft in der Kloſtergaſſe. Anfang der 70er Jahre, vielleicht
ſchon etwas früher, begann er auszuſprengen, daß er die Gabe
der Geiſterbeſchwörung habe. Sein Anhang wuchs,
darunter Perſonen von hoher geſellſchaftlicher Stellung. Der
Herzog von Kurland, Herzog Ferdinand von Braunſchweig, die
Miniſter Graf Hohenthal und v. Wurmb, der Kammerherr
v. Heynitz, Oberſt v. Fröden, der Geh. Kriegsrath v. Hopf-
garten und der Kammerherr v. Biſchofswerder pflogen Umgang
mit ihm und beſuchten ihn in ſeiner Wohnung im Hotel de
Pologne. Daß er, mit Hilfe des nach ihm genannten Schre-
pferſchen Apparats, wirklich ſchemenhafte Geſtalten erſcheinen
ließ, iſt gewiß, noch gewiſſer, daß er in beſtändigen Geldver-
legenheiten war und die reicheren der vorher genannten Herren
benutzte, um auf ihre Koſten zu leben. Sie mußten Geld
geben, auf daß der Schatz gehoben werden könne.

Vielleicht daß ihr Vertrauen oder ihre Geduld eher erſchöpft
worden wäre, wenn er es nicht verſtanden hätte, zum Theil
auf gefälſchte Empfehlungen hin, mit den hervorragendſten
Häuptern anderer geheimer Geſellſchaften ſich in Verbindung zu
ſetzen, was ihm dann, in ſeiner nächſten Umgebung, immer
auf’s Neue einen Nimbus lieh. Aus dieſer Ordens-Geheim-
Correſpondenz, die er nach den verſchiedenſten Seiten hin führte,
iſt ein Briefwechſel zwiſchen ihm und dem Profeſſor der Theo-
logie Dr. Stark in Königsberg (ſpäter General-Superinten-
dent in einem der thüringiſchen Staaten) aufbewahrt worden,
der merkwürdige Einblicke gönnt.

Dr. Stark, ein Theologe von gründlichſter Bildung, eröff-
nete die Correſpondenz und ſchrieb unterm 30. Juni 1773 aus
Königsberg: „Mein ſehr werther Freund und Bruder. Nach
dem Wenigen, was mir von Ihnen bekannt worden iſt,
müßte mich mein Geiſt ſehr trügen, und die Siegel, die unſer
Orden ſeinen Geweihten aufgedrückt hat, verwiſcht ſein: oder
ich muß in Ihnen einen Mann finden, der Eines Urſprun-

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[301/0319] aufgenommen worden. Später hatte er eine Frau mit einigem Vermögen geheirathet und hielt ſeitdem eine eigne Schenkwirth- ſchaft in der Kloſtergaſſe. Anfang der 70er Jahre, vielleicht ſchon etwas früher, begann er auszuſprengen, daß er die Gabe der Geiſterbeſchwörung habe. Sein Anhang wuchs, darunter Perſonen von hoher geſellſchaftlicher Stellung. Der Herzog von Kurland, Herzog Ferdinand von Braunſchweig, die Miniſter Graf Hohenthal und v. Wurmb, der Kammerherr v. Heynitz, Oberſt v. Fröden, der Geh. Kriegsrath v. Hopf- garten und der Kammerherr v. Biſchofswerder pflogen Umgang mit ihm und beſuchten ihn in ſeiner Wohnung im Hotel de Pologne. Daß er, mit Hilfe des nach ihm genannten Schre- pferſchen Apparats, wirklich ſchemenhafte Geſtalten erſcheinen ließ, iſt gewiß, noch gewiſſer, daß er in beſtändigen Geldver- legenheiten war und die reicheren der vorher genannten Herren benutzte, um auf ihre Koſten zu leben. Sie mußten Geld geben, auf daß der Schatz gehoben werden könne. Vielleicht daß ihr Vertrauen oder ihre Geduld eher erſchöpft worden wäre, wenn er es nicht verſtanden hätte, zum Theil auf gefälſchte Empfehlungen hin, mit den hervorragendſten Häuptern anderer geheimer Geſellſchaften ſich in Verbindung zu ſetzen, was ihm dann, in ſeiner nächſten Umgebung, immer auf’s Neue einen Nimbus lieh. Aus dieſer Ordens-Geheim- Correſpondenz, die er nach den verſchiedenſten Seiten hin führte, iſt ein Briefwechſel zwiſchen ihm und dem Profeſſor der Theo- logie Dr. Stark in Königsberg (ſpäter General-Superinten- dent in einem der thüringiſchen Staaten) aufbewahrt worden, der merkwürdige Einblicke gönnt. Dr. Stark, ein Theologe von gründlichſter Bildung, eröff- nete die Correſpondenz und ſchrieb unterm 30. Juni 1773 aus Königsberg: „Mein ſehr werther Freund und Bruder. Nach dem Wenigen, was mir von Ihnen bekannt worden iſt, müßte mich mein Geiſt ſehr trügen, und die Siegel, die unſer Orden ſeinen Geweihten aufgedrückt hat, verwiſcht ſein: oder ich muß in Ihnen einen Mann finden, der Eines Urſprun-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/319>, abgerufen am 24.11.2024.