Mumienbild, wenn dieser Ausdruck gestattet ist, bei Restau- rirung des Steinbildes benutzt.
Kirche und Gruft enthalten übrigens der Epitaphien und Särge mehr, beispielsweise einer Frau v. Ribbeck, geb. Brand v. Lindau, einer Frau v. Lattorff, geb. v. Grävenitz, die alle dem vorigen Jahrhundert angehören, aber weder künstlerisch noch historisch eine besondere Aufmerksamkeit verdienen.
Ein Interesse erweckt nur noch das Altarbild, richtiger die Pedrelle desselben, die, wie so oft, ein Abendmahl darstellt. Christus in der Mitte, Johannes neben ihm; neben diesem aber, statt des Petrus, der große Kurfürst. Er trägt Allongen- perrücke, dunkles, enganschließendes Sammtkleid, Spitzenman- schetten und Feldbinde. Die wunderlichste Art von Huldigung, die mir der Art vorgekommen ist. Was wollen die anbetenden Donatoren auf den Madonnenbildern des Mittelalters daneben sagen! Sie knieen doch immer zu Füßen der Madonna, oder verdrängen wenigstens Niemand; hier wird Petrus, wie eine Schildwacht, einfach abgelöst, und der große Kurfürst zieht statt Seiner auf.
Mumienbild, wenn dieſer Ausdruck geſtattet iſt, bei Reſtau- rirung des Steinbildes benutzt.
Kirche und Gruft enthalten übrigens der Epitaphien und Särge mehr, beiſpielsweiſe einer Frau v. Ribbeck, geb. Brand v. Lindau, einer Frau v. Lattorff, geb. v. Grävenitz, die alle dem vorigen Jahrhundert angehören, aber weder künſtleriſch noch hiſtoriſch eine beſondere Aufmerkſamkeit verdienen.
Ein Intereſſe erweckt nur noch das Altarbild, richtiger die Pedrelle deſſelben, die, wie ſo oft, ein Abendmahl darſtellt. Chriſtus in der Mitte, Johannes neben ihm; neben dieſem aber, ſtatt des Petrus, der große Kurfürſt. Er trägt Allongen- perrücke, dunkles, enganſchließendes Sammtkleid, Spitzenman- ſchetten und Feldbinde. Die wunderlichſte Art von Huldigung, die mir der Art vorgekommen iſt. Was wollen die anbetenden Donatoren auf den Madonnenbildern des Mittelalters daneben ſagen! Sie knieen doch immer zu Füßen der Madonna, oder verdrängen wenigſtens Niemand; hier wird Petrus, wie eine Schildwacht, einfach abgelöſt, und der große Kurfürſt zieht ſtatt Seiner auf.
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Mumienbild, wenn dieſer Ausdruck geſtattet iſt, bei Reſtau-
rirung des Steinbildes benutzt.
Kirche und Gruft enthalten übrigens der Epitaphien und
Särge mehr, beiſpielsweiſe einer Frau v. Ribbeck, geb. Brand
v. Lindau, einer Frau v. Lattorff, geb. v. Grävenitz, die alle
dem vorigen Jahrhundert angehören, aber weder künſtleriſch noch
hiſtoriſch eine beſondere Aufmerkſamkeit verdienen.
Ein Intereſſe erweckt nur noch das Altarbild, richtiger die
Pedrelle deſſelben, die, wie ſo oft, ein Abendmahl darſtellt.
Chriſtus in der Mitte, Johannes neben ihm; neben dieſem aber,
ſtatt des Petrus, der große Kurfürſt. Er trägt Allongen-
perrücke, dunkles, enganſchließendes Sammtkleid, Spitzenman-
ſchetten und Feldbinde. Die wunderlichſte Art von Huldigung,
die mir der Art vorgekommen iſt. Was wollen die anbetenden
Donatoren auf den Madonnenbildern des Mittelalters daneben
ſagen! Sie knieen doch immer zu Füßen der Madonna, oder
verdrängen wenigſtens Niemand; hier wird Petrus,
wie eine Schildwacht, einfach abgelöſt, und der große Kurfürſt
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/180>, abgerufen am 21.11.2024.
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