Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

passiren. Ich werde mich hüten." Aber die Ablehnung selbst
involvirte bereits eine anderweite Zusage und zwei Tage später
hatten zwei Souvenirs von Sanssouci die Sammlung vermehrt.

Diese Küche, wie wir nur wiederholen können, ist einzig
in ihrer Art; es verlohnt (wenn es sich überhaupt ermög-
licht
) in dieser eigenthümlichsten aller barocken Por-
trait-Gallerien zu verweilen.

Aber so unterhaltlich ein Aufenthalt an dieser Stelle ist,
zumal wenn Frau Friedrich sich herabläßt, aus der Fülle ihres
Erinnerungs- und Anekdotenschatzes auszustreuen und die ganze
Stätte zu beleben, der eigentlichste Zauber dieses glücklichen
Fleckchens Erde liegt doch draußen, auf dem schmalen Garten-
streifen zwischen Haus und Fluß. Ulmen und Linden stellen
sich zu natürlichen Lauben zusammen und zwischen Apfelbäumen
und Blumenbeeten hin führt ein schmaler Gang zu einer wein-
umlaubten Wassertreppe. Hier sitzt man, während der Wind
über die Levkojenbeete fährt, und genießt die Stunde des Son-
nenunterganges, dessen reflektirtes Licht eben jetzt die Spitzen
der gegenübergelegenen Kiefern röthet. Das Haveltreiben zieht
beinah geräuschlos an uns vorüber; Dampfschiffe, unter glück-
verheißendem Namen (mindestens eine Fortuna, oft eine Vic-
toria) schießen auf und ab; Segelschiffe schwer und langsam
dazwischen; nun Gondeln mit Musik, und drüben schweigend
der Wald, aus dem die Hirsche treten.

Der Abend kommt, die Nebel steigen, die Kühle mahnt
zur Rückfahrt; unser Boot schiebt sich zwischen das Rohr und
wieder hinaus. Hinter uns, die verschleierte Mondsichel über
den Bäumen, versinkt das Eiland. Mehr eine Feen- als eine
Pfauen-Insel jetzt!


paſſiren. Ich werde mich hüten.“ Aber die Ablehnung ſelbſt
involvirte bereits eine anderweite Zuſage und zwei Tage ſpäter
hatten zwei Souvenirs von Sansſouci die Sammlung vermehrt.

Dieſe Küche, wie wir nur wiederholen können, iſt einzig
in ihrer Art; es verlohnt (wenn es ſich überhaupt ermög-
licht
) in dieſer eigenthümlichſten aller barocken Por-
trait-Gallerien zu verweilen.

Aber ſo unterhaltlich ein Aufenthalt an dieſer Stelle iſt,
zumal wenn Frau Friedrich ſich herabläßt, aus der Fülle ihres
Erinnerungs- und Anekdotenſchatzes auszuſtreuen und die ganze
Stätte zu beleben, der eigentlichſte Zauber dieſes glücklichen
Fleckchens Erde liegt doch draußen, auf dem ſchmalen Garten-
ſtreifen zwiſchen Haus und Fluß. Ulmen und Linden ſtellen
ſich zu natürlichen Lauben zuſammen und zwiſchen Apfelbäumen
und Blumenbeeten hin führt ein ſchmaler Gang zu einer wein-
umlaubten Waſſertreppe. Hier ſitzt man, während der Wind
über die Levkojenbeete fährt, und genießt die Stunde des Son-
nenunterganges, deſſen reflektirtes Licht eben jetzt die Spitzen
der gegenübergelegenen Kiefern röthet. Das Haveltreiben zieht
beinah geräuſchlos an uns vorüber; Dampfſchiffe, unter glück-
verheißendem Namen (mindeſtens eine Fortuna, oft eine Vic-
toria) ſchießen auf und ab; Segelſchiffe ſchwer und langſam
dazwiſchen; nun Gondeln mit Muſik, und drüben ſchweigend
der Wald, aus dem die Hirſche treten.

Der Abend kommt, die Nebel ſteigen, die Kühle mahnt
zur Rückfahrt; unſer Boot ſchiebt ſich zwiſchen das Rohr und
wieder hinaus. Hinter uns, die verſchleierte Mondſichel über
den Bäumen, verſinkt das Eiland. Mehr eine Feen- als eine
Pfauen-Inſel jetzt!


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0177" n="159"/>
pa&#x017F;&#x017F;iren. Ich werde mich hüten.&#x201C; Aber die Ablehnung &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
involvirte bereits eine anderweite Zu&#x017F;age und zwei Tage &#x017F;päter<lb/>
hatten zwei Souvenirs von Sans&#x017F;ouci die Sammlung vermehrt.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Küche, wie wir nur wiederholen können, i&#x017F;t einzig<lb/>
in ihrer Art; es verlohnt (wenn es &#x017F;ich überhaupt <hi rendition="#g">ermög-<lb/>
licht</hi>) in die&#x017F;er <hi rendition="#g">eigenthümlich&#x017F;ten aller</hi> barocken Por-<lb/>
trait-Gallerien zu verweilen.</p><lb/>
          <p>Aber &#x017F;o unterhaltlich ein Aufenthalt an die&#x017F;er Stelle i&#x017F;t,<lb/>
zumal wenn Frau Friedrich &#x017F;ich herabläßt, aus der Fülle ihres<lb/>
Erinnerungs- und Anekdoten&#x017F;chatzes auszu&#x017F;treuen und die ganze<lb/>
Stätte zu beleben, der <hi rendition="#g">eigentlich&#x017F;te</hi> Zauber die&#x017F;es glücklichen<lb/>
Fleckchens Erde liegt doch <hi rendition="#g">draußen</hi>, auf dem &#x017F;chmalen Garten-<lb/>
&#x017F;treifen zwi&#x017F;chen Haus und Fluß. Ulmen und Linden &#x017F;tellen<lb/>
&#x017F;ich zu natürlichen Lauben zu&#x017F;ammen und zwi&#x017F;chen Apfelbäumen<lb/>
und Blumenbeeten hin führt ein &#x017F;chmaler Gang zu einer wein-<lb/>
umlaubten Wa&#x017F;&#x017F;ertreppe. Hier &#x017F;itzt man, während der Wind<lb/>
über die Levkojenbeete fährt, und genießt die Stunde des Son-<lb/>
nenunterganges, de&#x017F;&#x017F;en reflektirtes Licht eben jetzt die Spitzen<lb/>
der gegenübergelegenen Kiefern röthet. Das Haveltreiben zieht<lb/>
beinah geräu&#x017F;chlos an uns vorüber; Dampf&#x017F;chiffe, unter glück-<lb/>
verheißendem Namen (minde&#x017F;tens eine Fortuna, oft eine Vic-<lb/>
toria) &#x017F;chießen auf und ab; Segel&#x017F;chiffe &#x017F;chwer und lang&#x017F;am<lb/>
dazwi&#x017F;chen; nun Gondeln mit Mu&#x017F;ik, und drüben &#x017F;chweigend<lb/>
der Wald, aus dem die Hir&#x017F;che treten.</p><lb/>
          <p>Der Abend kommt, die Nebel &#x017F;teigen, die Kühle mahnt<lb/>
zur Rückfahrt; un&#x017F;er Boot &#x017F;chiebt &#x017F;ich zwi&#x017F;chen das Rohr und<lb/>
wieder hinaus. Hinter uns, die ver&#x017F;chleierte Mond&#x017F;ichel über<lb/>
den Bäumen, ver&#x017F;inkt das Eiland. Mehr eine Feen- als eine<lb/>
Pfauen-In&#x017F;el jetzt!</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[159/0177] paſſiren. Ich werde mich hüten.“ Aber die Ablehnung ſelbſt involvirte bereits eine anderweite Zuſage und zwei Tage ſpäter hatten zwei Souvenirs von Sansſouci die Sammlung vermehrt. Dieſe Küche, wie wir nur wiederholen können, iſt einzig in ihrer Art; es verlohnt (wenn es ſich überhaupt ermög- licht) in dieſer eigenthümlichſten aller barocken Por- trait-Gallerien zu verweilen. Aber ſo unterhaltlich ein Aufenthalt an dieſer Stelle iſt, zumal wenn Frau Friedrich ſich herabläßt, aus der Fülle ihres Erinnerungs- und Anekdotenſchatzes auszuſtreuen und die ganze Stätte zu beleben, der eigentlichſte Zauber dieſes glücklichen Fleckchens Erde liegt doch draußen, auf dem ſchmalen Garten- ſtreifen zwiſchen Haus und Fluß. Ulmen und Linden ſtellen ſich zu natürlichen Lauben zuſammen und zwiſchen Apfelbäumen und Blumenbeeten hin führt ein ſchmaler Gang zu einer wein- umlaubten Waſſertreppe. Hier ſitzt man, während der Wind über die Levkojenbeete fährt, und genießt die Stunde des Son- nenunterganges, deſſen reflektirtes Licht eben jetzt die Spitzen der gegenübergelegenen Kiefern röthet. Das Haveltreiben zieht beinah geräuſchlos an uns vorüber; Dampfſchiffe, unter glück- verheißendem Namen (mindeſtens eine Fortuna, oft eine Vic- toria) ſchießen auf und ab; Segelſchiffe ſchwer und langſam dazwiſchen; nun Gondeln mit Muſik, und drüben ſchweigend der Wald, aus dem die Hirſche treten. Der Abend kommt, die Nebel ſteigen, die Kühle mahnt zur Rückfahrt; unſer Boot ſchiebt ſich zwiſchen das Rohr und wieder hinaus. Hinter uns, die verſchleierte Mondſichel über den Bäumen, verſinkt das Eiland. Mehr eine Feen- als eine Pfauen-Inſel jetzt!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/177
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/177>, abgerufen am 03.12.2024.