zahn, Johann Cicero und JoachimI. Dieser stand nur ein einzig Jahr in der Gruft (von 1535--36), dann wurde sein Sarg wie der Sarg seines Vaters und Großoheims nach Berlin hin übergeführt, wo ihnen im Dom eine Stätte bereitet war. Jener Tag der Ueberführung der drei Särge von Lehnin nach dem Dom in Cöln an der Spree war recht eigentlich der Todestag Lehnin's. Die Güter wurden eingezogen (wie ich das im vorigen Kapitel erzählt), und innerhalb zwan- zig Jahren war die Umwandlung vollzogen -- der Klosterhof war ein Amtshof geworden. Der Krieg kam und begann sein Werk der Zerstörung, aber schlimmer als die Hand der Schwe- den und Kaiserlichen, die hier abwechselnd ihr Kriegswesen trie- ben, griffen in Zeiten tiefsten Friedens die Hände derer ein, die am ehsten die Pflicht gehabt hätten, diese alte Stätte zu schützen und zu wahren -- die Um- und Anwohner selbst. Freilich waren diese Um- und Anwohner zumeist nur solche, die weder selbst, noch auch ihre Väter und Vorväter, das alte Lehnin gekannt hatten. 1691 waren Landleute aus der Schweiz nach Amt Lehnin berufen worden, um bessere Viehzucht daselbst einzuführen. Kloster Lehnin ward nun ein Steinbruch für Büdner und Kossäthen, und Haue und Pickaxt schlugen Wände und Pfeiler nieder. Die Regierungen selbst (namentlich unter Friedrich WilhelmI.) nahmen an diesem Vandalismus Theil; man wußte nicht was man that, und weil die ganze Zeit diese Pietät nicht kannte, geziemt es sich auch nicht, dem Einzelnen einen Vorwurf daraus zu machen, daß er die An- schauungsweise theilte, die damals die gültige war. Kloster Lehnin, wär es nach dem guten Willen seiner Schädiger gegan- gen, würde nur noch eine Trümmerstätte sein, aber das alte Mauerwerk erwies sich als fester und ausdauernder als alle Zerstörungslust, und so hat sich ein Theil des Baues durch seine eigene Macht und Widerstandskraft bis in unsere Tage hinein gerettet.
Werfen wir einen Blick auf das, was noch vorhanden ist, von der Kirche sowohl wie von der ganzen Kloster-Anlage
zahn, Johann Cicero und JoachimI. Dieſer ſtand nur ein einzig Jahr in der Gruft (von 1535—36), dann wurde ſein Sarg wie der Sarg ſeines Vaters und Großoheims nach Berlin hin übergeführt, wo ihnen im Dom eine Stätte bereitet war. Jener Tag der Ueberführung der drei Särge von Lehnin nach dem Dom in Cöln an der Spree war recht eigentlich der Todestag Lehnin’s. Die Güter wurden eingezogen (wie ich das im vorigen Kapitel erzählt), und innerhalb zwan- zig Jahren war die Umwandlung vollzogen — der Kloſterhof war ein Amtshof geworden. Der Krieg kam und begann ſein Werk der Zerſtörung, aber ſchlimmer als die Hand der Schwe- den und Kaiſerlichen, die hier abwechſelnd ihr Kriegsweſen trie- ben, griffen in Zeiten tiefſten Friedens die Hände derer ein, die am ehſten die Pflicht gehabt hätten, dieſe alte Stätte zu ſchützen und zu wahren — die Um- und Anwohner ſelbſt. Freilich waren dieſe Um- und Anwohner zumeiſt nur ſolche, die weder ſelbſt, noch auch ihre Väter und Vorväter, das alte Lehnin gekannt hatten. 1691 waren Landleute aus der Schweiz nach Amt Lehnin berufen worden, um beſſere Viehzucht daſelbſt einzuführen. Kloſter Lehnin ward nun ein Steinbruch für Büdner und Koſſäthen, und Haue und Pickaxt ſchlugen Wände und Pfeiler nieder. Die Regierungen ſelbſt (namentlich unter Friedrich WilhelmI.) nahmen an dieſem Vandalismus Theil; man wußte nicht was man that, und weil die ganze Zeit dieſe Pietät nicht kannte, geziemt es ſich auch nicht, dem Einzelnen einen Vorwurf daraus zu machen, daß er die An- ſchauungsweiſe theilte, die damals die gültige war. Kloſter Lehnin, wär es nach dem guten Willen ſeiner Schädiger gegan- gen, würde nur noch eine Trümmerſtätte ſein, aber das alte Mauerwerk erwies ſich als feſter und ausdauernder als alle Zerſtörungsluſt, und ſo hat ſich ein Theil des Baues durch ſeine eigene Macht und Widerſtandskraft bis in unſere Tage hinein gerettet.
Werfen wir einen Blick auf das, was noch vorhanden iſt, von der Kirche ſowohl wie von der ganzen Kloſter-Anlage
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zahn, Johann Cicero und Joachim I. Dieſer ſtand nur
ein einzig Jahr in der Gruft (von 1535—36), dann wurde
ſein Sarg wie der Sarg ſeines Vaters und Großoheims nach
Berlin hin übergeführt, wo ihnen im Dom eine Stätte bereitet
war. Jener Tag der Ueberführung der drei Särge von Lehnin
nach dem Dom in Cöln an der Spree war recht eigentlich
der Todestag Lehnin’s. Die Güter wurden eingezogen (wie
ich das im vorigen Kapitel erzählt), und innerhalb zwan-
zig Jahren war die Umwandlung vollzogen — der Kloſterhof
war ein Amtshof geworden. Der Krieg kam und begann ſein
Werk der Zerſtörung, aber ſchlimmer als die Hand der Schwe-
den und Kaiſerlichen, die hier abwechſelnd ihr Kriegsweſen trie-
ben, griffen in Zeiten tiefſten Friedens die Hände derer ein,
die am ehſten die Pflicht gehabt hätten, dieſe alte Stätte zu
ſchützen und zu wahren — die Um- und Anwohner ſelbſt.
Freilich waren dieſe Um- und Anwohner zumeiſt nur ſolche,
die weder ſelbſt, noch auch ihre Väter und Vorväter, das alte
Lehnin gekannt hatten. 1691 waren Landleute aus der Schweiz
nach Amt Lehnin berufen worden, um beſſere Viehzucht daſelbſt
einzuführen. Kloſter Lehnin ward nun ein Steinbruch für
Büdner und Koſſäthen, und Haue und Pickaxt ſchlugen Wände
und Pfeiler nieder. Die Regierungen ſelbſt (namentlich unter
Friedrich Wilhelm I.) nahmen an dieſem Vandalismus
Theil; man wußte nicht was man that, und weil die ganze
Zeit dieſe Pietät nicht kannte, geziemt es ſich auch nicht, dem
Einzelnen einen Vorwurf daraus zu machen, daß er die An-
ſchauungsweiſe theilte, die damals die gültige war. Kloſter
Lehnin, wär es nach dem guten Willen ſeiner Schädiger gegan-
gen, würde nur noch eine Trümmerſtätte ſein, aber das alte
Mauerwerk erwies ſich als feſter und ausdauernder als alle
Zerſtörungsluſt, und ſo hat ſich ein Theil des Baues durch
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der dritte Band "Ost-Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg" 1873 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/124>, abgerufen am 23.11.2024.
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