Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.Versuch der Auflehnung, ein passiver Widerstand, wurde geübt. So verläuft der Widerstreit fast in Gemüthlichkeit, bis im *) Eine Urkunde vom 8. Dezember 1542 hat uns die Namen von
zehn Klosterbrüdern aufbewahrt, die mit Geld und Kleidung ("mehr als wir verhofft") ausgerüstet, Lehnin verließen und in die Welt gingen. Es waren: Caspar Welle, Christoph Brun, Martin Uchten- hagen, Joachim Kersten, Joachim Sandmann, Gregorius Kock, Wipertus Schulte, Heinrich Forten, Maternus Meier, Valentin Vissow. Dazu kamen später: Steffen Lindstedt und Johannes Nagel, beide aus Stendal, ferner Gerhard Berch- Verſuch der Auflehnung, ein paſſiver Widerſtand, wurde geübt. So verläuft der Widerſtreit faſt in Gemüthlichkeit, bis im *) Eine Urkunde vom 8. Dezember 1542 hat uns die Namen von
zehn Kloſterbrüdern aufbewahrt, die mit Geld und Kleidung („mehr als wir verhofft“) ausgerüſtet, Lehnin verließen und in die Welt gingen. Es waren: Caspar Welle, Chriſtoph Brun, Martin Uchten- hagen, Joachim Kerſten, Joachim Sandmann, Gregorius Kock, Wipertus Schulte, Heinrich Forten, Maternus Meier, Valentin Viſſow. Dazu kamen ſpäter: Steffen Lindſtedt und Johannes Nagel, beide aus Stendal, ferner Gerhard Berch- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0120" n="102"/> Verſuch der Auflehnung, ein paſſiver Widerſtand, wurde geübt.<lb/> Als es ſich darum handelte, einem der Kloſterdörfer einen neuen<lb/> Geiſtlichen zu geben, wurde der alte Abt <hi rendition="#g">Valentin</hi> aufgefor-<lb/> dert, die übliche Präſentation, die Einführung des Geiſtlichen<lb/> in die Gemeinde zu übernehmen. Abt <hi rendition="#g">Valentin</hi> lehnte dies<lb/> ab, weil er es verſchmähte, der Beauftragte, der Abgeſandte<lb/> proteſtantiſcher Kirchenviſitatoren zu ſein; aber bei dieſen bloßen<lb/> Anfängen eines Widerſtandes hatte es ſein Bewenden. Der<lb/> alte Abt, zu hofmänniſch geſchult, um dem Sohn und Nach-<lb/> folger ſeines heimgegangenen Kurfürſten eine ernſte Gegnerſchaft<lb/> zu bereiten, zu ſchwach für den Kampf ſelbſt, wenn er ihn hätte<lb/> kämpfen wollen, beugte ſich ergebungsvoll unter das neue Regi-<lb/> ment, und ſchon zu Neujahr 1542 bittet er den Kurfürſten<lb/> nicht nur: „ihm und ſeinem Kloſter auch bei <hi rendition="#g">veränderten</hi><lb/> Zeitläuften allezeit ein gnädigſter Herre zu ſein,“ ſondern fügt<lb/> auch den Wunſch bei, „daß ſeine kurfürſtliche Durchlaucht ihm<lb/> und ſeinen Fratribus, wie bisher, <hi rendition="#g">etzliches Wildpret</hi> ver-<lb/> ehren möge.“</p><lb/> <p>So verläuft der Widerſtreit faſt in Gemüthlichkeit, bis im<lb/> Laufe deſſelben Jahres der alte Abt das Zeitliche ſegnet. Sein<lb/> Tod macht den Strich unter die Rechnung des Kloſters; keine<lb/> Rückſichten auf den „alten Gevatter des Vaters“ hemmen län-<lb/> ger die Aktion des Sohnes, und der Befehl ergeht an die<lb/> Mönche: <hi rendition="#g">keinen neuen Abt</hi> zu wählen. Den Mönchen<lb/> ſelber wird freigeſtellt, ob ſie „bleiben oder wandern“ wollen,<lb/> und die Mehrzahl, alles was jung, geſcheidt oder thatkräftig iſt,<lb/> wählt das letztere und wandert aus.<note xml:id="note-0120" next="#note-0121" place="foot" n="*)">Eine Urkunde vom 8. Dezember 1542 hat uns die Namen von<lb/> zehn Kloſterbrüdern aufbewahrt, die mit Geld und Kleidung („mehr als<lb/> wir verhofft“) ausgerüſtet, Lehnin verließen und in die Welt gingen.<lb/> Es waren: <hi rendition="#g">Caspar Welle, Chriſtoph Brun, Martin Uchten-<lb/> hagen, Joachim Kerſten, Joachim Sandmann, Gregorius<lb/> Kock, Wipertus Schulte, Heinrich Forten, Maternus Meier,<lb/> Valentin Viſſow</hi>. Dazu kamen ſpäter: <hi rendition="#g">Steffen Lindſtedt</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Johannes Nagel,</hi> beide aus Stendal, ferner <hi rendition="#g">Gerhard Berch-</hi></note></p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [102/0120]
Verſuch der Auflehnung, ein paſſiver Widerſtand, wurde geübt.
Als es ſich darum handelte, einem der Kloſterdörfer einen neuen
Geiſtlichen zu geben, wurde der alte Abt Valentin aufgefor-
dert, die übliche Präſentation, die Einführung des Geiſtlichen
in die Gemeinde zu übernehmen. Abt Valentin lehnte dies
ab, weil er es verſchmähte, der Beauftragte, der Abgeſandte
proteſtantiſcher Kirchenviſitatoren zu ſein; aber bei dieſen bloßen
Anfängen eines Widerſtandes hatte es ſein Bewenden. Der
alte Abt, zu hofmänniſch geſchult, um dem Sohn und Nach-
folger ſeines heimgegangenen Kurfürſten eine ernſte Gegnerſchaft
zu bereiten, zu ſchwach für den Kampf ſelbſt, wenn er ihn hätte
kämpfen wollen, beugte ſich ergebungsvoll unter das neue Regi-
ment, und ſchon zu Neujahr 1542 bittet er den Kurfürſten
nicht nur: „ihm und ſeinem Kloſter auch bei veränderten
Zeitläuften allezeit ein gnädigſter Herre zu ſein,“ ſondern fügt
auch den Wunſch bei, „daß ſeine kurfürſtliche Durchlaucht ihm
und ſeinen Fratribus, wie bisher, etzliches Wildpret ver-
ehren möge.“
So verläuft der Widerſtreit faſt in Gemüthlichkeit, bis im
Laufe deſſelben Jahres der alte Abt das Zeitliche ſegnet. Sein
Tod macht den Strich unter die Rechnung des Kloſters; keine
Rückſichten auf den „alten Gevatter des Vaters“ hemmen län-
ger die Aktion des Sohnes, und der Befehl ergeht an die
Mönche: keinen neuen Abt zu wählen. Den Mönchen
ſelber wird freigeſtellt, ob ſie „bleiben oder wandern“ wollen,
und die Mehrzahl, alles was jung, geſcheidt oder thatkräftig iſt,
wählt das letztere und wandert aus. *)
*) Eine Urkunde vom 8. Dezember 1542 hat uns die Namen von
zehn Kloſterbrüdern aufbewahrt, die mit Geld und Kleidung („mehr als
wir verhofft“) ausgerüſtet, Lehnin verließen und in die Welt gingen.
Es waren: Caspar Welle, Chriſtoph Brun, Martin Uchten-
hagen, Joachim Kerſten, Joachim Sandmann, Gregorius
Kock, Wipertus Schulte, Heinrich Forten, Maternus Meier,
Valentin Viſſow. Dazu kamen ſpäter: Steffen Lindſtedt und
Johannes Nagel, beide aus Stendal, ferner Gerhard Berch-
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