Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.waren, eine Brücke zu bauen und für die Schuld bei der Gnade *) Daß die Majorität des Klosters und dadurch das Kloster selbst
entschieden bairisch war, ergiebt sich unter anderm daraus, daß Papst Clemens in seiner Bannbulle vom 14. Mai 1350 eigens Veranlassung nahm, dem Kloster seine Hinneigung zur Sache des bairi- schen Hauses vorzuwerfen. Auch das Erscheinen des Klage führen- waren, eine Brücke zu bauen und für die Schuld bei der Gnade *) Daß die Majorität des Kloſters und dadurch das Kloſter ſelbſt
entſchieden bairiſch war, ergiebt ſich unter anderm daraus, daß Papſt Clemens in ſeiner Bannbulle vom 14. Mai 1350 eigens Veranlaſſung nahm, dem Kloſter ſeine Hinneigung zur Sache des bairi- ſchen Hauſes vorzuwerfen. Auch das Erſcheinen des Klage führen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0108" n="90"/> waren, eine Brücke zu bauen und für die Schuld bei der Gnade<lb/> zu plaidiren. Solche entſchuldigenden Umſtände waren denn wohl<lb/> auch wirklich da und lagen, wie wir mehr oder weniger aus<lb/> der Anklage ſelbſt entnehmen können, in dem Parteihaß, der<lb/> eben damals (mehr denn je vorher oder nachher) die Mark in<lb/> zwei Theile theilte. Es war die <hi rendition="#g">baieriſche Zeit</hi>; dies ſagt<lb/> alles. Es waren die Tage, wo die Berliner den Propſt von<lb/> Bernau erſchlugen und die Frankfurter (mit gutem Grund) den<lb/> Biſchof von Lebus verjagten; es waren die Tage des Bannes<lb/> und des Interdikts, Tage, die <hi rendition="#g">dreißig Jahre</hi> währten, und<lb/> in denen ſich das Volk der Kirche ſo entfremdete, daß es ver-<lb/> wundert aufhorchte, als zum erſten Male wieder die Glocken<lb/> durch’s Land klangen. Der alte Kampfesruf „hie Welf, hie<lb/> Waibling!“ ſchallte wieder aller Orten, und „bairiſch oder<lb/> päpſtlich“ klang es vor allem auch in der Mark Brandenburg.<lb/> Lehnin, gehegt und gepflegt vom Kaiſer und ſeiner Partei, war<lb/><hi rendition="#g">bairiſch</hi>, der märkiſche Adel (vielfach zurückgeſetzt) war <hi rendition="#g">anti-<lb/> bairiſch</hi>. Aus dieſem Zuſtande ergaben ſich Conflikte zwiſchen<lb/> dem Kloſter und dem benachbarten Adel faſt wie von ſelbſt, und<lb/> die Ermordung <hi rendition="#g">Falco’s</hi>, die nach den Ausſagen <hi rendition="#g">Dietrichs</hi><lb/> von Ruppin einfach wie ein brutaler Bruch der Gaſtfreundſchaft<lb/> erſcheint, war möglicherweiſe nur blutige Abwehr, nur ein<lb/> Rache-nehmen an einem Eindringling, der ſich ſtark genug<lb/> geglaubt hatte, den Kloſterfrieden brechen zu dürfen. Ritter<lb/><hi rendition="#g">Falco</hi> und die Seinen, wenn ſie wirklich Gäſte des Kloſters<lb/> waren, waren vielleicht ſehr <hi rendition="#g">ungebetene Gäſte, Gäſte</hi>,<lb/> die ſich nach eigenem Dafürhalten im Kloſter einquartiert hatten,<lb/> vielleicht im Complott mit der <hi rendition="#g">Minorität</hi>, die höchſt wahr-<lb/> ſcheinlich (im Gegenſatz zur Loburgſchen Partei) zum Papſte<lb/> hielt. <note xml:id="note-0108" next="#note-0109" place="foot" n="*)">Daß die Majorität des Kloſters und dadurch das Kloſter ſelbſt<lb/> entſchieden bairiſch war, ergiebt ſich unter anderm daraus, daß Papſt<lb/><hi rendition="#g">Clemens</hi> in ſeiner Bannbulle vom 14. Mai 1350 eigens Veranlaſſung<lb/> nahm, dem <hi rendition="#g">Kloſter ſeine Hinneigung zur Sache des bairi-<lb/> ſchen Hauſes vorzuwerfen</hi>. Auch das Erſcheinen des Klage führen-</note></p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0108]
waren, eine Brücke zu bauen und für die Schuld bei der Gnade
zu plaidiren. Solche entſchuldigenden Umſtände waren denn wohl
auch wirklich da und lagen, wie wir mehr oder weniger aus
der Anklage ſelbſt entnehmen können, in dem Parteihaß, der
eben damals (mehr denn je vorher oder nachher) die Mark in
zwei Theile theilte. Es war die baieriſche Zeit; dies ſagt
alles. Es waren die Tage, wo die Berliner den Propſt von
Bernau erſchlugen und die Frankfurter (mit gutem Grund) den
Biſchof von Lebus verjagten; es waren die Tage des Bannes
und des Interdikts, Tage, die dreißig Jahre währten, und
in denen ſich das Volk der Kirche ſo entfremdete, daß es ver-
wundert aufhorchte, als zum erſten Male wieder die Glocken
durch’s Land klangen. Der alte Kampfesruf „hie Welf, hie
Waibling!“ ſchallte wieder aller Orten, und „bairiſch oder
päpſtlich“ klang es vor allem auch in der Mark Brandenburg.
Lehnin, gehegt und gepflegt vom Kaiſer und ſeiner Partei, war
bairiſch, der märkiſche Adel (vielfach zurückgeſetzt) war anti-
bairiſch. Aus dieſem Zuſtande ergaben ſich Conflikte zwiſchen
dem Kloſter und dem benachbarten Adel faſt wie von ſelbſt, und
die Ermordung Falco’s, die nach den Ausſagen Dietrichs
von Ruppin einfach wie ein brutaler Bruch der Gaſtfreundſchaft
erſcheint, war möglicherweiſe nur blutige Abwehr, nur ein
Rache-nehmen an einem Eindringling, der ſich ſtark genug
geglaubt hatte, den Kloſterfrieden brechen zu dürfen. Ritter
Falco und die Seinen, wenn ſie wirklich Gäſte des Kloſters
waren, waren vielleicht ſehr ungebetene Gäſte, Gäſte,
die ſich nach eigenem Dafürhalten im Kloſter einquartiert hatten,
vielleicht im Complott mit der Minorität, die höchſt wahr-
ſcheinlich (im Gegenſatz zur Loburgſchen Partei) zum Papſte
hielt. *)
*) Daß die Majorität des Kloſters und dadurch das Kloſter ſelbſt
entſchieden bairiſch war, ergiebt ſich unter anderm daraus, daß Papſt
Clemens in ſeiner Bannbulle vom 14. Mai 1350 eigens Veranlaſſung
nahm, dem Kloſter ſeine Hinneigung zur Sache des bairi-
ſchen Hauſes vorzuwerfen. Auch das Erſcheinen des Klage führen-
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