Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

zogenen Sophas und Ottomanen, dieselben gemalten Papageien
und Fasanen, dieselben Büsten und Bilder. Bilder wohl tau-
send an der Zahl, englische Stiche in Nußbaum- und Eben-
holzumrahmung, wie sie Jeder von uns aus dem Hause der
Großeltern oder aus den Gast- und Logirstuben der Landedel-
leute kennt. Wie diese Gaststuben gemeinhin neben der Rum-
pelkammer liegen, so sind sie auch, in Allem, was Kunst an-
geht, die Vorbereitung, die Etappe zu ihr. Ein junges Mäd-
chen mit Kaninchen spielend, ein junges Mädchen mit einem
Taubenkorb, die Grotte der Egeria, die Kaskaden von Tivoli,
so folgen die Blätter auf einander, abwechselnd in Schwarz-
und in Buntfarbendruck, und alle einer Lordship oder Royal
Highness respectfully devoted.

Tausend Blätter, aber keines von Bedeutung, mit Aus-
nahme eines einzigen, das durch seinen Gegenstand und seine
Schicksale ein gewisses Interesse einflößt. Es ist dieß "die
Zusammenkunft des preußischen Königspaares und des Kaisers
von Rußland in Memel, 1802." Der Stich nach diesem
Bilde ist allgemein bekannt; hier befindet sich das Original,
eine Arbeit Dähling's, in Gouache sauber ausgeführt. Schloß
Paretz ist genau der Punkt, wo dieses Bild seine Stelle finden
mußte, denn die Personen, die es darstellt, sind recht eigentlich
paretzer Personen, Gestalten, die dem Schloß "Still-im-Land"
in der Epoche von 1795--1805 angehörten. Es sind, außer
dem Kaiser auf der einen und dem König und der Königin auf
der andern Seite, die folgenden: Prinz Wilhelm, Prinz Hein-
rich, Feldmarschall v. Kalckreuth, Hofmarschall v. Massow,
Gräfin v. Voß, General v. Köckritz, die Kammerherren v. Schil-
den und v. Buch, die Kammerdame v. Moltke und der Major
v. Jagow. Dieß Gouachebild Dähling's, das auf der Rück-
seite mit drei verschiedenen Zetteln oder Briefen beklebt ist,
denen wir auch diese Notizen entnehmen, war wohl, wenn nicht
direkt im Auftrage des Hofes, so doch wenigstens in der Hoff-
nung angefertigt worden, daß der Hof es erstehen würde; die
Katastrophe von Jena fuhr aber dazwischen und so ging dieß

zogenen Sophas und Ottomanen, dieſelben gemalten Papageien
und Faſanen, dieſelben Büſten und Bilder. Bilder wohl tau-
ſend an der Zahl, engliſche Stiche in Nußbaum- und Eben-
holzumrahmung, wie ſie Jeder von uns aus dem Hauſe der
Großeltern oder aus den Gaſt- und Logirſtuben der Landedel-
leute kennt. Wie dieſe Gaſtſtuben gemeinhin neben der Rum-
pelkammer liegen, ſo ſind ſie auch, in Allem, was Kunſt an-
geht, die Vorbereitung, die Etappe zu ihr. Ein junges Mäd-
chen mit Kaninchen ſpielend, ein junges Mädchen mit einem
Taubenkorb, die Grotte der Egeria, die Kaskaden von Tivoli,
ſo folgen die Blätter auf einander, abwechſelnd in Schwarz-
und in Buntfarbendruck, und alle einer Lordship oder Royal
Highness respectfully devoted.

Tauſend Blätter, aber keines von Bedeutung, mit Aus-
nahme eines einzigen, das durch ſeinen Gegenſtand und ſeine
Schickſale ein gewiſſes Intereſſe einflößt. Es iſt dieß „die
Zuſammenkunft des preußiſchen Königspaares und des Kaiſers
von Rußland in Memel, 1802.“ Der Stich nach dieſem
Bilde iſt allgemein bekannt; hier befindet ſich das Original,
eine Arbeit Dähling’s, in Gouache ſauber ausgeführt. Schloß
Paretz iſt genau der Punkt, wo dieſes Bild ſeine Stelle finden
mußte, denn die Perſonen, die es darſtellt, ſind recht eigentlich
paretzer Perſonen, Geſtalten, die dem Schloß „Still-im-Land“
in der Epoche von 1795—1805 angehörten. Es ſind, außer
dem Kaiſer auf der einen und dem König und der Königin auf
der andern Seite, die folgenden: Prinz Wilhelm, Prinz Hein-
rich, Feldmarſchall v. Kalckreuth, Hofmarſchall v. Maſſow,
Gräfin v. Voß, General v. Köckritz, die Kammerherren v. Schil-
den und v. Buch, die Kammerdame v. Moltke und der Major
v. Jagow. Dieß Gouachebild Dähling’s, das auf der Rück-
ſeite mit drei verſchiedenen Zetteln oder Briefen beklebt iſt,
denen wir auch dieſe Notizen entnehmen, war wohl, wenn nicht
direkt im Auftrage des Hofes, ſo doch wenigſtens in der Hoff-
nung angefertigt worden, daß der Hof es erſtehen würde; die
Kataſtrophe von Jena fuhr aber dazwiſchen und ſo ging dieß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0353" n="335"/>
zogenen Sophas und Ottomanen, die&#x017F;elben gemalten Papageien<lb/>
und Fa&#x017F;anen, die&#x017F;elben Bü&#x017F;ten und Bilder. Bilder wohl tau-<lb/>
&#x017F;end an der Zahl, engli&#x017F;che Stiche in Nußbaum- und Eben-<lb/>
holzumrahmung, wie &#x017F;ie Jeder von uns aus dem Hau&#x017F;e der<lb/>
Großeltern oder aus den Ga&#x017F;t- und Logir&#x017F;tuben der Landedel-<lb/>
leute kennt. Wie die&#x017F;e Ga&#x017F;t&#x017F;tuben gemeinhin neben der Rum-<lb/>
pelkammer liegen, &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie auch, in Allem, was Kun&#x017F;t an-<lb/>
geht, die Vorbereitung, die Etappe zu ihr. Ein junges Mäd-<lb/>
chen mit Kaninchen &#x017F;pielend, ein junges Mädchen mit einem<lb/>
Taubenkorb, die Grotte der Egeria, die Kaskaden von Tivoli,<lb/>
&#x017F;o folgen die Blätter auf einander, abwech&#x017F;elnd in Schwarz-<lb/>
und in Buntfarbendruck, und alle einer <hi rendition="#aq">Lordship</hi> oder <hi rendition="#aq">Royal<lb/>
Highness respectfully devoted</hi>.</p><lb/>
            <p>Tau&#x017F;end Blätter, aber keines von Bedeutung, mit Aus-<lb/>
nahme eines einzigen, das durch &#x017F;einen Gegen&#x017F;tand und &#x017F;eine<lb/>
Schick&#x017F;ale ein gewi&#x017F;&#x017F;es Intere&#x017F;&#x017F;e einflößt. Es i&#x017F;t dieß &#x201E;die<lb/>
Zu&#x017F;ammenkunft des preußi&#x017F;chen Königspaares und des Kai&#x017F;ers<lb/>
von Rußland in Memel, 1802.&#x201C; Der Stich nach die&#x017F;em<lb/>
Bilde i&#x017F;t allgemein bekannt; <hi rendition="#g">hier</hi> befindet &#x017F;ich das Original,<lb/>
eine Arbeit Dähling&#x2019;s, in Gouache &#x017F;auber ausgeführt. Schloß<lb/>
Paretz i&#x017F;t genau der Punkt, wo die&#x017F;es Bild &#x017F;eine Stelle finden<lb/>
mußte, denn die Per&#x017F;onen, die es dar&#x017F;tellt, &#x017F;ind recht eigentlich<lb/>
paretzer Per&#x017F;onen, Ge&#x017F;talten, die dem Schloß &#x201E;Still-im-Land&#x201C;<lb/>
in der Epoche von 1795&#x2014;1805 angehörten. Es &#x017F;ind, außer<lb/>
dem Kai&#x017F;er auf der einen und dem König und der Königin auf<lb/>
der andern Seite, die folgenden: Prinz Wilhelm, Prinz Hein-<lb/>
rich, Feldmar&#x017F;chall v. Kalckreuth, Hofmar&#x017F;chall v. Ma&#x017F;&#x017F;ow,<lb/>
Gräfin v. Voß, General v. Köckritz, die Kammerherren v. Schil-<lb/>
den und v. Buch, die Kammerdame v. Moltke und der Major<lb/>
v. Jagow. Dieß Gouachebild Dähling&#x2019;s, das auf der Rück-<lb/>
&#x017F;eite mit drei ver&#x017F;chiedenen Zetteln oder Briefen beklebt i&#x017F;t,<lb/>
denen wir auch die&#x017F;e Notizen entnehmen, war wohl, wenn nicht<lb/>
direkt im Auftrage des Hofes, &#x017F;o doch wenig&#x017F;tens in der Hoff-<lb/>
nung angefertigt worden, daß der Hof es er&#x017F;tehen würde; die<lb/>
Kata&#x017F;trophe von Jena fuhr aber dazwi&#x017F;chen und &#x017F;o ging dieß<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[335/0353] zogenen Sophas und Ottomanen, dieſelben gemalten Papageien und Faſanen, dieſelben Büſten und Bilder. Bilder wohl tau- ſend an der Zahl, engliſche Stiche in Nußbaum- und Eben- holzumrahmung, wie ſie Jeder von uns aus dem Hauſe der Großeltern oder aus den Gaſt- und Logirſtuben der Landedel- leute kennt. Wie dieſe Gaſtſtuben gemeinhin neben der Rum- pelkammer liegen, ſo ſind ſie auch, in Allem, was Kunſt an- geht, die Vorbereitung, die Etappe zu ihr. Ein junges Mäd- chen mit Kaninchen ſpielend, ein junges Mädchen mit einem Taubenkorb, die Grotte der Egeria, die Kaskaden von Tivoli, ſo folgen die Blätter auf einander, abwechſelnd in Schwarz- und in Buntfarbendruck, und alle einer Lordship oder Royal Highness respectfully devoted. Tauſend Blätter, aber keines von Bedeutung, mit Aus- nahme eines einzigen, das durch ſeinen Gegenſtand und ſeine Schickſale ein gewiſſes Intereſſe einflößt. Es iſt dieß „die Zuſammenkunft des preußiſchen Königspaares und des Kaiſers von Rußland in Memel, 1802.“ Der Stich nach dieſem Bilde iſt allgemein bekannt; hier befindet ſich das Original, eine Arbeit Dähling’s, in Gouache ſauber ausgeführt. Schloß Paretz iſt genau der Punkt, wo dieſes Bild ſeine Stelle finden mußte, denn die Perſonen, die es darſtellt, ſind recht eigentlich paretzer Perſonen, Geſtalten, die dem Schloß „Still-im-Land“ in der Epoche von 1795—1805 angehörten. Es ſind, außer dem Kaiſer auf der einen und dem König und der Königin auf der andern Seite, die folgenden: Prinz Wilhelm, Prinz Hein- rich, Feldmarſchall v. Kalckreuth, Hofmarſchall v. Maſſow, Gräfin v. Voß, General v. Köckritz, die Kammerherren v. Schil- den und v. Buch, die Kammerdame v. Moltke und der Major v. Jagow. Dieß Gouachebild Dähling’s, das auf der Rück- ſeite mit drei verſchiedenen Zetteln oder Briefen beklebt iſt, denen wir auch dieſe Notizen entnehmen, war wohl, wenn nicht direkt im Auftrage des Hofes, ſo doch wenigſtens in der Hoff- nung angefertigt worden, daß der Hof es erſtehen würde; die Kataſtrophe von Jena fuhr aber dazwiſchen und ſo ging dieß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/353
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/353>, abgerufen am 28.12.2024.