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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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2.
Lebensweise. Sitten. Tracht.
Sie spinnen,
Haben Linnen,
Sie regeln
Den Fluß und das Wehr,
Und mit Schiffen und Segeln
Sind sie zu Hause auf offnem Meer.

Die Frage ist oft aufgeworfen worden, ob die Wenden wirk-
lich auf einer viel niedrigeren Stufe als die vordringenden
Deutschen gestanden hätten, und diese Frage ist nicht immer
mit einem bestimmten "Ja" beantwortet worden. Sehr wahr-
scheinlich war die Superiorität der Deutschen, die man schließ-
lich wird zugeben müssen, weniger groß, als deutscherseits
vielfach behauptet worden ist.

Die Wenden, um mit ihrer Wohnung zu beginnen, hausten
keineswegs (wie ein mir vorliegender Stich sie darstellt) in ver-
pallisadirten Erdhöhlen, um sich gleichzeitig gegen Wetter und
Wölfe zu schützen; sie hatten Bauten mannigfacher Art, die
mehr oder weniger wirklichen Häusern entsprachen. Daß von
ihren Gebäuden, öffentlichen und privaten, kein einziges bestimmt
nachweisbar auf uns gekommen ist, könnte dafür sprechen, daß
diese Bauten von einer inferioren Beschaffenheit gewesen wären;
wir dürfen aber nicht vergessen, daß die siegreichen Deutschen
natürlich alle hervorragenden Gebäude (die sämmtlich Tempel
oder Vesten waren), sei es aus Rache oder sei es zu eigner
Sicherheit, zerstörten, während die schlichten Häuser und Hütten

2.
Lebensweiſe. Sitten. Tracht.
Sie ſpinnen,
Haben Linnen,
Sie regeln
Den Fluß und das Wehr,
Und mit Schiffen und Segeln
Sind ſie zu Hauſe auf offnem Meer.

Die Frage iſt oft aufgeworfen worden, ob die Wenden wirk-
lich auf einer viel niedrigeren Stufe als die vordringenden
Deutſchen geſtanden hätten, und dieſe Frage iſt nicht immer
mit einem beſtimmten „Ja“ beantwortet worden. Sehr wahr-
ſcheinlich war die Superiorität der Deutſchen, die man ſchließ-
lich wird zugeben müſſen, weniger groß, als deutſcherſeits
vielfach behauptet worden iſt.

Die Wenden, um mit ihrer Wohnung zu beginnen, hauſten
keineswegs (wie ein mir vorliegender Stich ſie darſtellt) in ver-
palliſadirten Erdhöhlen, um ſich gleichzeitig gegen Wetter und
Wölfe zu ſchützen; ſie hatten Bauten mannigfacher Art, die
mehr oder weniger wirklichen Häuſern entſprachen. Daß von
ihren Gebäuden, öffentlichen und privaten, kein einziges beſtimmt
nachweisbar auf uns gekommen iſt, könnte dafür ſprechen, daß
dieſe Bauten von einer inferioren Beſchaffenheit geweſen wären;
wir dürfen aber nicht vergeſſen, daß die ſiegreichen Deutſchen
natürlich alle hervorragenden Gebäude (die ſämmtlich Tempel
oder Veſten waren), ſei es aus Rache oder ſei es zu eigner
Sicherheit, zerſtörten, während die ſchlichten Häuſer und Hütten

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[[13]/0031] 2. Lebensweiſe. Sitten. Tracht. Sie ſpinnen, Haben Linnen, Sie regeln Den Fluß und das Wehr, Und mit Schiffen und Segeln Sind ſie zu Hauſe auf offnem Meer. Die Frage iſt oft aufgeworfen worden, ob die Wenden wirk- lich auf einer viel niedrigeren Stufe als die vordringenden Deutſchen geſtanden hätten, und dieſe Frage iſt nicht immer mit einem beſtimmten „Ja“ beantwortet worden. Sehr wahr- ſcheinlich war die Superiorität der Deutſchen, die man ſchließ- lich wird zugeben müſſen, weniger groß, als deutſcherſeits vielfach behauptet worden iſt. Die Wenden, um mit ihrer Wohnung zu beginnen, hauſten keineswegs (wie ein mir vorliegender Stich ſie darſtellt) in ver- palliſadirten Erdhöhlen, um ſich gleichzeitig gegen Wetter und Wölfe zu ſchützen; ſie hatten Bauten mannigfacher Art, die mehr oder weniger wirklichen Häuſern entſprachen. Daß von ihren Gebäuden, öffentlichen und privaten, kein einziges beſtimmt nachweisbar auf uns gekommen iſt, könnte dafür ſprechen, daß dieſe Bauten von einer inferioren Beſchaffenheit geweſen wären; wir dürfen aber nicht vergeſſen, daß die ſiegreichen Deutſchen natürlich alle hervorragenden Gebäude (die ſämmtlich Tempel oder Veſten waren), ſei es aus Rache oder ſei es zu eigner Sicherheit, zerſtörten, während die ſchlichten Häuſer und Hütten

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. [13]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/31>, abgerufen am 27.11.2024.