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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873.

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Der Schwilow.
Mit der Wasser Steigen steigt auch das
Gefühl ihm seiner Kraft,
Und der Damm, er ist zertrümmert, und durch-
brochen ist die Haft.
"Der Wenersee."

Sieh den Schwan,
Umringt von seiner frohen Brut,
Sich in den rothen Wiederschein
Des Himmels tauchen! Sieh, er schifft,
Zieht rothe Furchen in die Fluth,
Und spannt des Fittigs Segel auf. (Irin.)

Ewald v. Kleist.

Der Schwilow ist eine Havelbucht im großen Stil wie
der Tegler See, der Wann-See, der Plauesche See. Alle-
sammt sind es Flußhaffe, denen man zu Ehre oder Unehre den
Namen "See" gegeben hat. In etwaige Rangstreitigkeiten treten
wir nicht ein; sie mögen unentschieden bleiben wie andere
mehr.

Unter allen Havelbuchten, welchen Namen sie immer führen
mögen, ist der Schwilow die größte und sehr wahrscheinlich auch
die neueste. Vielleicht zählt dies weite Wasserbecken noch keine
tausend Jahre, keinenfalls geht es weit in die Vorgeschichte
zurück. Mannichfachen Anzeichen nach ging in den ersten Jahr-
hunderten unserer Zeitrechnung die südliche Ausbuchtung der
Havel nur etwa eine Meile über Potsdam hinaus und ein Erd-
wall, über dessen Ausdehnung und Beschaffenheit es nutzlos wäre
zu conjecturiren, schob sich etwa in die Höhe des Dorfes Caput
trennend zwischen die höher gelegene Havel im Norden und
ein tiefer gelegenes Moorland im Süden. Da, in einer Sturm-
nacht, stauete ein Südwest die ihm entgegenfließenden Havel-

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Der Schwilow.
Mit der Waſſer Steigen ſteigt auch das
Gefühl ihm ſeiner Kraft,
Und der Damm, er iſt zertrümmert, und durch-
brochen iſt die Haft.
„Der Wenerſee.“

Sieh den Schwan,
Umringt von ſeiner frohen Brut,
Sich in den rothen Wiederſchein
Des Himmels tauchen! Sieh, er ſchifft,
Zieht rothe Furchen in die Fluth,
Und ſpannt des Fittigs Segel auf. (Irin.)

Ewald v. Kleiſt.

Der Schwilow iſt eine Havelbucht im großen Stil wie
der Tegler See, der Wann-See, der Plaueſche See. Alle-
ſammt ſind es Flußhaffe, denen man zu Ehre oder Unehre den
Namen „See“ gegeben hat. In etwaige Rangſtreitigkeiten treten
wir nicht ein; ſie mögen unentſchieden bleiben wie andere
mehr.

Unter allen Havelbuchten, welchen Namen ſie immer führen
mögen, iſt der Schwilow die größte und ſehr wahrſcheinlich auch
die neueſte. Vielleicht zählt dies weite Waſſerbecken noch keine
tauſend Jahre, keinenfalls geht es weit in die Vorgeſchichte
zurück. Mannichfachen Anzeichen nach ging in den erſten Jahr-
hunderten unſerer Zeitrechnung die ſüdliche Ausbuchtung der
Havel nur etwa eine Meile über Potsdam hinaus und ein Erd-
wall, über deſſen Ausdehnung und Beſchaffenheit es nutzlos wäre
zu conjecturiren, ſchob ſich etwa in die Höhe des Dorfes Caput
trennend zwiſchen die höher gelegene Havel im Norden und
ein tiefer gelegenes Moorland im Süden. Da, in einer Sturm-
nacht, ſtauete ein Südweſt die ihm entgegenfließenden Havel-

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[[163]/0181] Der Schwilow. Mit der Waſſer Steigen ſteigt auch das Gefühl ihm ſeiner Kraft, Und der Damm, er iſt zertrümmert, und durch- brochen iſt die Haft. „Der Wenerſee.“ Sieh den Schwan, Umringt von ſeiner frohen Brut, Sich in den rothen Wiederſchein Des Himmels tauchen! Sieh, er ſchifft, Zieht rothe Furchen in die Fluth, Und ſpannt des Fittigs Segel auf. (Irin.) Ewald v. Kleiſt. Der Schwilow iſt eine Havelbucht im großen Stil wie der Tegler See, der Wann-See, der Plaueſche See. Alle- ſammt ſind es Flußhaffe, denen man zu Ehre oder Unehre den Namen „See“ gegeben hat. In etwaige Rangſtreitigkeiten treten wir nicht ein; ſie mögen unentſchieden bleiben wie andere mehr. Unter allen Havelbuchten, welchen Namen ſie immer führen mögen, iſt der Schwilow die größte und ſehr wahrſcheinlich auch die neueſte. Vielleicht zählt dies weite Waſſerbecken noch keine tauſend Jahre, keinenfalls geht es weit in die Vorgeſchichte zurück. Mannichfachen Anzeichen nach ging in den erſten Jahr- hunderten unſerer Zeitrechnung die ſüdliche Ausbuchtung der Havel nur etwa eine Meile über Potsdam hinaus und ein Erd- wall, über deſſen Ausdehnung und Beſchaffenheit es nutzlos wäre zu conjecturiren, ſchob ſich etwa in die Höhe des Dorfes Caput trennend zwiſchen die höher gelegene Havel im Norden und ein tiefer gelegenes Moorland im Süden. Da, in einer Sturm- nacht, ſtauete ein Südweſt die ihm entgegenfließenden Havel- 11*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 3: Ost-Havelland. Berlin, 1873, S. [163]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg03_1873/181>, abgerufen am 27.11.2024.