Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.kleinen Halskrause daran. Die schwarze Schnebbe der Witwenhaube geht 10) Frau von Wreich (drittes Porträt). Brustbild, lebensgroß. 11) Generalfeldmarschall Graf Kurt von Schwerin (der Dies Bild, das sich früher im Besitz des Generals Kurt von Schoe- General Kurt von Schoening, bei seinen gelegentlichen Besuchen in *) An dieser Stelle sei übrigens noch der Frau Karschin, der bekannten Dichterin,
erwähnt, die jahrelang zu Frau v. Wreech in freundschaftlichen Beziehungen stand. Die Karschin war längere Zeit in Tamsel zu Besuch. Im Tamsler Archiv befinden sich ver- schiedne Gedichte der Karschin, an Frau v. Wreech gerichtet, und Briefe (gewöhnlich in Versen), die beide Damen wechselten. Leider bot sich mir nur Gelegenheit, diese Papiere zu lesen, nicht sie zu benutzen; -- sie geben ein vortreffliches Zeitbild. kleinen Halskrauſe daran. Die ſchwarze Schnebbe der Witwenhaube geht 10) Frau von Wreich (drittes Porträt). Bruſtbild, lebensgroß. 11) Generalfeldmarſchall Graf Kurt von Schwerin (der Dies Bild, das ſich früher im Beſitz des Generals Kurt von Schoe- General Kurt von Schoening, bei ſeinen gelegentlichen Beſuchen in *) An dieſer Stelle ſei übrigens noch der Frau Karſchin, der bekannten Dichterin,
erwähnt, die jahrelang zu Frau v. Wreech in freundſchaftlichen Beziehungen ſtand. Die Karſchin war längere Zeit in Tamſel zu Beſuch. Im Tamſler Archiv befinden ſich ver- ſchiedne Gedichte der Karſchin, an Frau v. Wreech gerichtet, und Briefe (gewöhnlich in Verſen), die beide Damen wechſelten. Leider bot ſich mir nur Gelegenheit, dieſe Papiere zu leſen, nicht ſie zu benutzen; — ſie geben ein vortreffliches Zeitbild. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0523" n="511"/> kleinen Halskrauſe daran. Die ſchwarze Schnebbe der Witwenhaube geht<lb/> bis tief in die Stirn; an der Haube hängt der ſchwarze Witwenſchleier.</p><lb/> <p>10) <hi rendition="#g">Frau von Wreich</hi> (drittes Porträt). Bruſtbild, lebensgroß.<lb/> Sie iſt auf dieſem Bilde etwa 40 bis 41 Jahr alt, und ſcheint daſſelbe<lb/> um die Zeit gemalt zu ſein, wo ſie die Witwentrauer ablegte. Sie trägt<lb/> ein ausgeſchnittenes, weißes Atlaskleid, kurze Aermel, breite Fall-Unter-<lb/> ärmel, eine Halskrauſe (trotz des tief ausgeſchnittnen Kleides) und eine<lb/> ſchwarze Sammetjacke, mit buntem Futter, über die eine Schulter geworfen.<lb/> In der Hand hält ſie eine Tabati<hi rendition="#aq">è</hi>re. Dies Bild macht einen ſehr ange-<lb/> nehmen Eindruck: eine vornehme, zugleich anſpruchslos-hausmütterliche<lb/> Dame, noch hübſch, aber ohne beſondere Schönheit. — An Kunſtwerth iſt<lb/> ihr zweites Porträt (im Witwenkleid) das beſte; auch tritt ſie einem auf<lb/> eben dieſem Bilde am meiſten als „ſchöne Frau“ entgegen.<note place="foot" n="*)">An dieſer Stelle ſei übrigens noch der Frau <hi rendition="#g">Karſchin</hi>, der bekannten Dichterin,<lb/> erwähnt, die jahrelang zu Frau v. Wreech in freundſchaftlichen Beziehungen ſtand. Die<lb/> Karſchin war längere Zeit in Tamſel zu Beſuch. Im Tamſler Archiv befinden ſich ver-<lb/> ſchiedne Gedichte der Karſchin, an Frau v. Wreech gerichtet, und Briefe (gewöhnlich in<lb/> Verſen), die beide Damen wechſelten. Leider bot ſich mir nur Gelegenheit, dieſe Papiere<lb/> zu leſen, nicht ſie zu benutzen; — ſie geben ein vortreffliches Zeitbild.</note></p><lb/> <p>11) <hi rendition="#g">Generalfeldmarſchall Graf Kurt von Schwerin</hi> (der<lb/> bei Prag fiel). Knieſtück. Sehr gutes Bild, lebensvoll; der Geſichtsaus-<lb/> druck freundlich, klug, feſt und ſchlicht. Er iſt in volle Rüſtung gekleidet<lb/> (mehr Ritter als Küraſſier) und trägt über der linken Schulter als bloße<lb/> Drapirung einen Purpur-Sammet-Ueberwurf, auf dem der ſchwarze Adler-<lb/> orden ſichtbar iſt.</p><lb/> <p>Dies Bild, das ſich früher im Beſitz des Generals <hi rendition="#g">Kurt von Schoe-<lb/> ning</hi> (in Potsdam) befand, kam auf folgende Weiſe nach Tamſel.</p><lb/> <p>General Kurt von Schoening, bei ſeinen gelegentlichen Beſuchen in<lb/> Tamſel, hatte nie verſäumt, ſeines Ahnherrn <hi rendition="#g">Hans Adam von Schoe-<lb/> nings</hi> Bild (den Reiter mit den blutrothen Gamaſchen) mit lebhaftem<lb/> Intereſſe zu betrachten, und Graf Herrmann Schwerin nahm deshalb Ver-<lb/> anlaſſung, eine Copie des großen Bildes anfertigen zu laſſen und dieſe<lb/> dem General von Schoening zum Geſchenk zu machen. Ein <hi rendition="#g">Schwerin</hi><lb/> alſo hatte einem <hi rendition="#g">Schoening</hi> das Bildniß des berühmteſten Schoening’ſchen<lb/> Ahnherrn überreicht. Jahre vergingen; General von Schoening ſtarb. Bei<lb/> Oeffnung ſeines Teſtaments fand man in demſelben folgendes: „§. 12. Das<lb/> Bild vom Generalfeldmarſchall Grafen Schwerin erhält der liebenswürdige,<lb/> edle Herr Graf <hi rendition="#g">Schwerin</hi> auf Tamſel. Nur wenn derſelbe eher als ich<lb/> das Zeitliche ſegnen ſollte, erhält es das <hi rendition="#g">Schloß</hi> von Tamſel, in Aner-<lb/> kennung der treu-bewahrten Alt-Schoening’ſchen Erinnerungen über und<lb/> unter der Erde.“ So kam das Bild nach Tamſel. Ein <hi rendition="#g">Schoening</hi> hatte<lb/> nunmehr einem <hi rendition="#g">Schwerin</hi> das Bildniß des berühmteſten Schwerin’ſchen<lb/> Ahnherrn, als <hi rendition="#g">Gegengeſchenk überreicht</hi>.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [511/0523]
kleinen Halskrauſe daran. Die ſchwarze Schnebbe der Witwenhaube geht
bis tief in die Stirn; an der Haube hängt der ſchwarze Witwenſchleier.
10) Frau von Wreich (drittes Porträt). Bruſtbild, lebensgroß.
Sie iſt auf dieſem Bilde etwa 40 bis 41 Jahr alt, und ſcheint daſſelbe
um die Zeit gemalt zu ſein, wo ſie die Witwentrauer ablegte. Sie trägt
ein ausgeſchnittenes, weißes Atlaskleid, kurze Aermel, breite Fall-Unter-
ärmel, eine Halskrauſe (trotz des tief ausgeſchnittnen Kleides) und eine
ſchwarze Sammetjacke, mit buntem Futter, über die eine Schulter geworfen.
In der Hand hält ſie eine Tabatière. Dies Bild macht einen ſehr ange-
nehmen Eindruck: eine vornehme, zugleich anſpruchslos-hausmütterliche
Dame, noch hübſch, aber ohne beſondere Schönheit. — An Kunſtwerth iſt
ihr zweites Porträt (im Witwenkleid) das beſte; auch tritt ſie einem auf
eben dieſem Bilde am meiſten als „ſchöne Frau“ entgegen. *)
11) Generalfeldmarſchall Graf Kurt von Schwerin (der
bei Prag fiel). Knieſtück. Sehr gutes Bild, lebensvoll; der Geſichtsaus-
druck freundlich, klug, feſt und ſchlicht. Er iſt in volle Rüſtung gekleidet
(mehr Ritter als Küraſſier) und trägt über der linken Schulter als bloße
Drapirung einen Purpur-Sammet-Ueberwurf, auf dem der ſchwarze Adler-
orden ſichtbar iſt.
Dies Bild, das ſich früher im Beſitz des Generals Kurt von Schoe-
ning (in Potsdam) befand, kam auf folgende Weiſe nach Tamſel.
General Kurt von Schoening, bei ſeinen gelegentlichen Beſuchen in
Tamſel, hatte nie verſäumt, ſeines Ahnherrn Hans Adam von Schoe-
nings Bild (den Reiter mit den blutrothen Gamaſchen) mit lebhaftem
Intereſſe zu betrachten, und Graf Herrmann Schwerin nahm deshalb Ver-
anlaſſung, eine Copie des großen Bildes anfertigen zu laſſen und dieſe
dem General von Schoening zum Geſchenk zu machen. Ein Schwerin
alſo hatte einem Schoening das Bildniß des berühmteſten Schoening’ſchen
Ahnherrn überreicht. Jahre vergingen; General von Schoening ſtarb. Bei
Oeffnung ſeines Teſtaments fand man in demſelben folgendes: „§. 12. Das
Bild vom Generalfeldmarſchall Grafen Schwerin erhält der liebenswürdige,
edle Herr Graf Schwerin auf Tamſel. Nur wenn derſelbe eher als ich
das Zeitliche ſegnen ſollte, erhält es das Schloß von Tamſel, in Aner-
kennung der treu-bewahrten Alt-Schoening’ſchen Erinnerungen über und
unter der Erde.“ So kam das Bild nach Tamſel. Ein Schoening hatte
nunmehr einem Schwerin das Bildniß des berühmteſten Schwerin’ſchen
Ahnherrn, als Gegengeſchenk überreicht.
*) An dieſer Stelle ſei übrigens noch der Frau Karſchin, der bekannten Dichterin,
erwähnt, die jahrelang zu Frau v. Wreech in freundſchaftlichen Beziehungen ſtand. Die
Karſchin war längere Zeit in Tamſel zu Beſuch. Im Tamſler Archiv befinden ſich ver-
ſchiedne Gedichte der Karſchin, an Frau v. Wreech gerichtet, und Briefe (gewöhnlich in
Verſen), die beide Damen wechſelten. Leider bot ſich mir nur Gelegenheit, dieſe Papiere
zu leſen, nicht ſie zu benutzen; — ſie geben ein vortreffliches Zeitbild.
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