Spruch in der Jahnsfelder Kirche gedenkt sein. Dieser Spruch (wie verschiedne andre in der eben genannten Kirche, von Friedrich La Motte Fouque herrührend) lautet:
Italien hat und Niederland Den edlen Kämpfer oft geschaut. In vieler wilden Schlachten Brand Hat er das Feld mit seinem Blut bethaut. Als letzter Kranz ward ruhmvoll ihm bescheert Zu sterben, vorbewußt, im Sturm auf Kaiserswerth.
Dieses "vorbewußt" bezieht sich auf folgenden Vorfall, der als Tradition in der Familie fortlebt. Am Tage vor der Schlacht (Sturm auf Kaiserswerth) will von Pfuel in sein Zelt treten. Die vor dem Zelt stehende Schildwacht salutirt nicht, erblaßt aber sichtlich und zeigt nur auf das Innere des Zelts; von Pfuel tritt jetzt ein und sieht sich selber, schreibend, am Tisch sitzen. Er tritt hinter die Gestalt, blickt dem ruhig Weiterschreibenden über die Schulter und liest sein Testament. Dann verschwindet die Gestalt. von Pfuel wußte jetzt, daß er andren Tages sterben werde. Er setzte sich auf den Feldstuhl, auf dem eben sein Doppelgänger ge- sessen, schrieb an seine Frau und nahm Abschied von ihr. Andren Tages fiel er an der Spitze seiner Sturmkolonne.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Geschichte Chamisso'n zu seinem schönen Gedichte "die Erscheinung" Veranlassung gab. We- nigstens die Situation ist dieselbe. Chamisso war mit Fouque be- freundet und Fouque seinerseits kannte die Familientradition des ihm verwandten Pfuel'schen Hauses.
6. Jahnsfelde.
Jahnsfelde ist seit 1449 in der Pfuel'schen Familie, also noch elf Jahre länger als Gielsdorf. Die hübsche Inschrift über der Thür des Herrenhauses nimmt Bezug darauf und lautet:
Glück herein, Unglück heraus, Dies ist der Pfuel ritterlich Haus Seit vierhundert Jahren, -- Gott wolle bewahren Geschlecht und Haus.
Spruch in der Jahnsfelder Kirche gedenkt ſein. Dieſer Spruch (wie verſchiedne andre in der eben genannten Kirche, von Friedrich La Motte Fouqué herrührend) lautet:
Italien hat und Niederland Den edlen Kämpfer oft geſchaut. In vieler wilden Schlachten Brand Hat er das Feld mit ſeinem Blut bethaut. Als letzter Kranz ward ruhmvoll ihm beſcheert Zu ſterben, vorbewußt, im Sturm auf Kaiſerswerth.
Dieſes „vorbewußt“ bezieht ſich auf folgenden Vorfall, der als Tradition in der Familie fortlebt. Am Tage vor der Schlacht (Sturm auf Kaiſerswerth) will von Pfuel in ſein Zelt treten. Die vor dem Zelt ſtehende Schildwacht ſalutirt nicht, erblaßt aber ſichtlich und zeigt nur auf das Innere des Zelts; von Pfuel tritt jetzt ein und ſieht ſich ſelber, ſchreibend, am Tiſch ſitzen. Er tritt hinter die Geſtalt, blickt dem ruhig Weiterſchreibenden über die Schulter und lieſt ſein Teſtament. Dann verſchwindet die Geſtalt. von Pfuel wußte jetzt, daß er andren Tages ſterben werde. Er ſetzte ſich auf den Feldſtuhl, auf dem eben ſein Doppelgänger ge- ſeſſen, ſchrieb an ſeine Frau und nahm Abſchied von ihr. Andren Tages fiel er an der Spitze ſeiner Sturmkolonne.
Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß dieſe Geſchichte Chamiſſo’n zu ſeinem ſchönen Gedichte „die Erſcheinung“ Veranlaſſung gab. We- nigſtens die Situation iſt dieſelbe. Chamiſſo war mit Fouqué be- freundet und Fouqué ſeinerſeits kannte die Familientradition des ihm verwandten Pfuel’ſchen Hauſes.
6. Jahnsfelde.
Jahnsfelde iſt ſeit 1449 in der Pfuel’ſchen Familie, alſo noch elf Jahre länger als Gielsdorf. Die hübſche Inſchrift über der Thür des Herrenhauſes nimmt Bezug darauf und lautet:
Glück herein, Unglück heraus, Dies iſt der Pfuel ritterlich Haus Seit vierhundert Jahren, — Gott wolle bewahren Geſchlecht und Haus.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0499"n="487"/>
Spruch in der Jahnsfelder Kirche gedenkt ſein. Dieſer Spruch (wie<lb/>
verſchiedne andre in der eben genannten Kirche, von Friedrich La<lb/>
Motte Fouqué herrührend) lautet:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Italien hat und Niederland</l><lb/><l>Den edlen Kämpfer oft geſchaut.</l><lb/><l>In vieler wilden Schlachten Brand</l><lb/><l>Hat er das Feld mit ſeinem Blut bethaut.</l><lb/><l>Als letzter Kranz ward ruhmvoll ihm beſcheert</l><lb/><l>Zu ſterben, <hirendition="#g">vorbewußt</hi>, im Sturm auf Kaiſerswerth.</l></lg><lb/><p>Dieſes „vorbewußt“ bezieht ſich auf folgenden Vorfall, der<lb/>
als Tradition in der Familie fortlebt. Am Tage vor der Schlacht<lb/>
(Sturm auf Kaiſerswerth) will von Pfuel in ſein Zelt treten.<lb/>
Die vor dem Zelt ſtehende Schildwacht ſalutirt nicht, erblaßt aber<lb/>ſichtlich und zeigt nur auf das Innere des Zelts; von Pfuel tritt<lb/>
jetzt ein und ſieht ſich ſelber, ſchreibend, am Tiſch ſitzen. Er tritt<lb/>
hinter die Geſtalt, blickt dem ruhig Weiterſchreibenden über die<lb/>
Schulter und lieſt ſein Teſtament. Dann verſchwindet die Geſtalt.<lb/>
von Pfuel wußte jetzt, daß er andren Tages ſterben werde. Er<lb/>ſetzte ſich auf den Feldſtuhl, auf dem eben ſein Doppelgänger ge-<lb/>ſeſſen, ſchrieb an ſeine Frau und nahm Abſchied von ihr. Andren<lb/>
Tages fiel er an der Spitze ſeiner Sturmkolonne.</p><lb/><p>Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß dieſe Geſchichte Chamiſſo’n zu<lb/>ſeinem ſchönen Gedichte „die Erſcheinung“ Veranlaſſung gab. We-<lb/>
nigſtens die Situation iſt dieſelbe. Chamiſſo war mit Fouqué be-<lb/>
freundet und Fouqué ſeinerſeits kannte die Familientradition des<lb/>
ihm verwandten Pfuel’ſchen Hauſes.</p></div><lb/><divn="2"><head>6. <hirendition="#g">Jahnsfelde</hi>.</head><lb/><p>Jahnsfelde iſt ſeit 1449 in der Pfuel’ſchen Familie, alſo<lb/>
noch elf Jahre länger als Gielsdorf. Die hübſche Inſchrift über<lb/>
der Thür des Herrenhauſes nimmt Bezug darauf und lautet:</p><lb/><lgtype="poem"><l>Glück herein, Unglück heraus,</l><lb/><l>Dies iſt der Pfuel ritterlich Haus</l><lb/><l>Seit vierhundert Jahren, —</l><lb/><l>Gott wolle bewahren</l><lb/><l>Geſchlecht und Haus.</l></lg><lb/></div></div></body></text></TEI>
[487/0499]
Spruch in der Jahnsfelder Kirche gedenkt ſein. Dieſer Spruch (wie
verſchiedne andre in der eben genannten Kirche, von Friedrich La
Motte Fouqué herrührend) lautet:
Italien hat und Niederland
Den edlen Kämpfer oft geſchaut.
In vieler wilden Schlachten Brand
Hat er das Feld mit ſeinem Blut bethaut.
Als letzter Kranz ward ruhmvoll ihm beſcheert
Zu ſterben, vorbewußt, im Sturm auf Kaiſerswerth.
Dieſes „vorbewußt“ bezieht ſich auf folgenden Vorfall, der
als Tradition in der Familie fortlebt. Am Tage vor der Schlacht
(Sturm auf Kaiſerswerth) will von Pfuel in ſein Zelt treten.
Die vor dem Zelt ſtehende Schildwacht ſalutirt nicht, erblaßt aber
ſichtlich und zeigt nur auf das Innere des Zelts; von Pfuel tritt
jetzt ein und ſieht ſich ſelber, ſchreibend, am Tiſch ſitzen. Er tritt
hinter die Geſtalt, blickt dem ruhig Weiterſchreibenden über die
Schulter und lieſt ſein Teſtament. Dann verſchwindet die Geſtalt.
von Pfuel wußte jetzt, daß er andren Tages ſterben werde. Er
ſetzte ſich auf den Feldſtuhl, auf dem eben ſein Doppelgänger ge-
ſeſſen, ſchrieb an ſeine Frau und nahm Abſchied von ihr. Andren
Tages fiel er an der Spitze ſeiner Sturmkolonne.
Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß dieſe Geſchichte Chamiſſo’n zu
ſeinem ſchönen Gedichte „die Erſcheinung“ Veranlaſſung gab. We-
nigſtens die Situation iſt dieſelbe. Chamiſſo war mit Fouqué be-
freundet und Fouqué ſeinerſeits kannte die Familientradition des
ihm verwandten Pfuel’ſchen Hauſes.
6. Jahnsfelde.
Jahnsfelde iſt ſeit 1449 in der Pfuel’ſchen Familie, alſo
noch elf Jahre länger als Gielsdorf. Die hübſche Inſchrift über
der Thür des Herrenhauſes nimmt Bezug darauf und lautet:
Glück herein, Unglück heraus,
Dies iſt der Pfuel ritterlich Haus
Seit vierhundert Jahren, —
Gott wolle bewahren
Geſchlecht und Haus.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/499>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.