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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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3) Portrait des Sohnes des Staatskanzlers, damals etwa
15 Jahr alt. Ein sehr hübsches Bild. (Christian Heinrich
August
Graf von Hardenberg-Reventlow, einziger Sohn des
Fürsten-Staatskanzlers aus seiner ersten Ehe mit Friederike Ju-
liane Christiane Gräfin von Reventlow, wurde am 19. Februar
1775 geboren und starb als dänischer Hofjägermeister und Gehei-
mer Conferenzrath am 16. September 1840. Er war von Jugend
auf in den dänischen Dienst getreten. Im Jahre 1814 führte dies
zu einer eigenthümlichen Begegnung, wie sie die Annalen der Di-
plomatie vielleicht nicht zum zweiten Male aufzuweisen haben. Am
25. August des genannten Jahres wurde zwischen Preußen und
Dänemark (das bekanntlich auf französischer Seite gefochten hatte)
der Friede zu Berlin geschlossen. Die Beauftragten waren Vater
und Sohn: der Staatskanzler Fürst Hardenberg für Preußen,
der Geheime Conferenzrath Graf Hardenberg-Reventlow für Däne-
mark. Der letztere verblieb in dänischem Dienst und ging darin
so weit, daß er sogar auf den Fürstentitel verzichtete, als ihm,
nach dem im November 1822 erfolgten Tode seines Vaters, die
Herrschaft Neu-Hardenberg zugefallen war. Man hat preußischerseits
dies kühle ablehnende Verhalten getadelt, eine Ablehnung, die im
Wesentlichen sagte: "ich zieh' es vor, ein dänischer Graf zu blei-
ben." Aber wenn es diesem Verhalten des Sohnes allerdings an
Verbindlichkeit gegen Preußen gebricht, so geziemt sich doch andrer-
seits die Frage: war der Sohn zu solcher Verbindlichkeit überhaupt
verpflichtet? Man darf wohl antworten: "nein". Der jüngere
Hardenberg war ein geborner Hannoveraner, seine Mutter war eine
Dänin. Als sein Vater (der spätere Fürst) in den preußischen
Staatsdienst trat, gehörte er (der Sohn) bereits mit Leib und
Leben dem dänischen Staate an. Wenn durchaus eine Schuld ge-
funden werden soll, so liegt sie jedenfalls nicht bei dem Sohne,
sondern in häuslichen Verhältnissen, die er am wenigsten ändern
konnte. 1787 oder 88 trennten sich bereits die Eltern und die
begleitenden Umstände, vor allem die bald erfolgende Wiederver-
heirathung des Vaters, ließen es rathsam oder selbst geboten er-

3) Portrait des Sohnes des Staatskanzlers, damals etwa
15 Jahr alt. Ein ſehr hübſches Bild. (Chriſtian Heinrich
Auguſt
Graf von Hardenberg-Reventlow, einziger Sohn des
Fürſten-Staatskanzlers aus ſeiner erſten Ehe mit Friederike Ju-
liane Chriſtiane Gräfin von Reventlow, wurde am 19. Februar
1775 geboren und ſtarb als däniſcher Hofjägermeiſter und Gehei-
mer Conferenzrath am 16. September 1840. Er war von Jugend
auf in den däniſchen Dienſt getreten. Im Jahre 1814 führte dies
zu einer eigenthümlichen Begegnung, wie ſie die Annalen der Di-
plomatie vielleicht nicht zum zweiten Male aufzuweiſen haben. Am
25. Auguſt des genannten Jahres wurde zwiſchen Preußen und
Dänemark (das bekanntlich auf franzöſiſcher Seite gefochten hatte)
der Friede zu Berlin geſchloſſen. Die Beauftragten waren Vater
und Sohn: der Staatskanzler Fürſt Hardenberg für Preußen,
der Geheime Conferenzrath Graf Hardenberg-Reventlow für Däne-
mark. Der letztere verblieb in däniſchem Dienſt und ging darin
ſo weit, daß er ſogar auf den Fürſtentitel verzichtete, als ihm,
nach dem im November 1822 erfolgten Tode ſeines Vaters, die
Herrſchaft Neu-Hardenberg zugefallen war. Man hat preußiſcherſeits
dies kühle ablehnende Verhalten getadelt, eine Ablehnung, die im
Weſentlichen ſagte: „ich zieh’ es vor, ein däniſcher Graf zu blei-
ben.“ Aber wenn es dieſem Verhalten des Sohnes allerdings an
Verbindlichkeit gegen Preußen gebricht, ſo geziemt ſich doch andrer-
ſeits die Frage: war der Sohn zu ſolcher Verbindlichkeit überhaupt
verpflichtet? Man darf wohl antworten: „nein“. Der jüngere
Hardenberg war ein geborner Hannoveraner, ſeine Mutter war eine
Dänin. Als ſein Vater (der ſpätere Fürſt) in den preußiſchen
Staatsdienſt trat, gehörte er (der Sohn) bereits mit Leib und
Leben dem däniſchen Staate an. Wenn durchaus eine Schuld ge-
funden werden ſoll, ſo liegt ſie jedenfalls nicht bei dem Sohne,
ſondern in häuslichen Verhältniſſen, die er am wenigſten ändern
konnte. 1787 oder 88 trennten ſich bereits die Eltern und die
begleitenden Umſtände, vor allem die bald erfolgende Wiederver-
heirathung des Vaters, ließen es rathſam oder ſelbſt geboten er-

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[430/0442] 3) Portrait des Sohnes des Staatskanzlers, damals etwa 15 Jahr alt. Ein ſehr hübſches Bild. (Chriſtian Heinrich Auguſt Graf von Hardenberg-Reventlow, einziger Sohn des Fürſten-Staatskanzlers aus ſeiner erſten Ehe mit Friederike Ju- liane Chriſtiane Gräfin von Reventlow, wurde am 19. Februar 1775 geboren und ſtarb als däniſcher Hofjägermeiſter und Gehei- mer Conferenzrath am 16. September 1840. Er war von Jugend auf in den däniſchen Dienſt getreten. Im Jahre 1814 führte dies zu einer eigenthümlichen Begegnung, wie ſie die Annalen der Di- plomatie vielleicht nicht zum zweiten Male aufzuweiſen haben. Am 25. Auguſt des genannten Jahres wurde zwiſchen Preußen und Dänemark (das bekanntlich auf franzöſiſcher Seite gefochten hatte) der Friede zu Berlin geſchloſſen. Die Beauftragten waren Vater und Sohn: der Staatskanzler Fürſt Hardenberg für Preußen, der Geheime Conferenzrath Graf Hardenberg-Reventlow für Däne- mark. Der letztere verblieb in däniſchem Dienſt und ging darin ſo weit, daß er ſogar auf den Fürſtentitel verzichtete, als ihm, nach dem im November 1822 erfolgten Tode ſeines Vaters, die Herrſchaft Neu-Hardenberg zugefallen war. Man hat preußiſcherſeits dies kühle ablehnende Verhalten getadelt, eine Ablehnung, die im Weſentlichen ſagte: „ich zieh’ es vor, ein däniſcher Graf zu blei- ben.“ Aber wenn es dieſem Verhalten des Sohnes allerdings an Verbindlichkeit gegen Preußen gebricht, ſo geziemt ſich doch andrer- ſeits die Frage: war der Sohn zu ſolcher Verbindlichkeit überhaupt verpflichtet? Man darf wohl antworten: „nein“. Der jüngere Hardenberg war ein geborner Hannoveraner, ſeine Mutter war eine Dänin. Als ſein Vater (der ſpätere Fürſt) in den preußiſchen Staatsdienſt trat, gehörte er (der Sohn) bereits mit Leib und Leben dem däniſchen Staate an. Wenn durchaus eine Schuld ge- funden werden ſoll, ſo liegt ſie jedenfalls nicht bei dem Sohne, ſondern in häuslichen Verhältniſſen, die er am wenigſten ändern konnte. 1787 oder 88 trennten ſich bereits die Eltern und die begleitenden Umſtände, vor allem die bald erfolgende Wiederver- heirathung des Vaters, ließen es rathſam oder ſelbſt geboten er-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/442>, abgerufen am 22.11.2024.