Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.den Partieen und Promenaden, Eremitagen und "Tempel." Ab- Bedenklicher erscheint schon folgende Notiz, die wir ebenfalls "Etwa hundert Schritte von der Papenmühle entfernt, so Wir könnten noch von vielen Verschönerungen der Art er- kerung hat noch jetzt diesen Sinn beinah gar nicht, wovon sich jeder über-
zeugen kann, der an hübschgelegenen Orten einer Vergnügungspartie mär- kischer Stadt- und Dorfbewohner beiwohnt. Sie sind ganz bei ihrem Vergnügen, aber gar nicht bei der "Landschaft", der sie in der Regel den Rücken zukehren. Der Berliner "Sommerwohner" ist nicht deshalb so bescheiden in seinen Ansprüchen, weil ihm die märkische Natur nichts bietet, sondern weil es ihm schließlich gar nicht darauf ankommt, ob die Sache so oder so ist. den Partieen und Promenaden, Eremitagen und „Tempel.“ Ab- Bedenklicher erſcheint ſchon folgende Notiz, die wir ebenfalls „Etwa hundert Schritte von der Papenmühle entfernt, ſo Wir könnten noch von vielen Verſchönerungen der Art er- kerung hat noch jetzt dieſen Sinn beinah gar nicht, wovon ſich jeder über-
zeugen kann, der an hübſchgelegenen Orten einer Vergnügungspartie mär- kiſcher Stadt- und Dorfbewohner beiwohnt. Sie ſind ganz bei ihrem Vergnügen, aber gar nicht bei der „Landſchaft“, der ſie in der Regel den Rücken zukehren. Der Berliner „Sommerwohner“ iſt nicht deshalb ſo beſcheiden in ſeinen Anſprüchen, weil ihm die märkiſche Natur nichts bietet, ſondern weil es ihm ſchließlich gar nicht darauf ankommt, ob die Sache ſo oder ſo iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0288" n="276"/> den Partieen und Promenaden, Eremitagen und „Tempel.“ Ab-<lb/> hänge wurden bepflanzt, dichte Waldpartieen gelichtet und gerodet.<lb/> Sie kaufte den „Poetenberg“, bepflanzte ihn mit Kaſtanien, mit<lb/> Pappeln und Akazien, und errichtete, wie uns überliefert wird, ein<lb/> Haus im <hi rendition="#g">japaneſiſchen</hi> Geſchmack, das (man nahm es damals<lb/> nicht ſo genau) den Namen „Otahaiti“ erhielt.</p><lb/> <p>Bedenklicher erſcheint ſchon folgende Notiz, die wir ebenfalls<lb/> unſerem Gewährsmann, <hi rendition="#aq">Dr.</hi> Heidekker, entnehmen.</p><lb/> <p>„Etwa hundert Schritte von der Papenmühle entfernt, ſo<lb/> ſchreibt er, hat Ihre Majeſtät die Königin-Wittwe ein Haus auf-<lb/> führen laſſen (mit Saal und verſchiedenen Cabineten), das ganz<lb/><hi rendition="#g">gelb</hi> angeſtrichen iſt und oben, gegen das Dach zu, <hi rendition="#g">Niſchen</hi> mit<lb/><hi rendition="#g">Büſten alter Kaiſer</hi> und <hi rendition="#g">Gelehrten</hi> hat, welche abwechſelnd<lb/> von rother und ſchwarzer Farbe ſind. (Wer roth oder ſchwarz iſt,<lb/> die Kaiſer oder die Gelehrten, iſt nicht geſagt.) Ihre Majeſtät die<lb/> Königin pflegen zu allen dieſen <hi rendition="#g">äußerſt geſchmackvollen</hi> Anla-<lb/> gen die Ideen immer ſelbſt anzugeben. Dies eben beſchriebene Haus<lb/> wird das „„gelbe Haus““ genannt.“</p><lb/> <p>Wir könnten noch von vielen Verſchönerungen der Art er-<lb/> zählen, deren Verdienſtlichkeit es wenig Abbruch thut, daß das<lb/> Maaß ihrer Schönheit oft ein höchſt beſcheidenes oder zweifelhaftes<lb/> war; wir ziehen es aber vor, uns nunmehr jenen Beſuchs- und<lb/> Familientagen von Schloß Freienwalde zuzuwenden, wo die „Kin-<lb/> der“ von Berlin herüberkamen: der König, die Königin und mit<lb/> ihnen die drei älteſten Enkel: Fritz, Charlotte und Wilhelm. Vieles<lb/> im Schloß erinnert noch an jene Tage ſtillen Glücks, und beſon-<lb/><note xml:id="note-0288" prev="#note-0287" place="foot" n="*)">kerung hat noch jetzt dieſen Sinn beinah gar nicht, wovon ſich jeder über-<lb/> zeugen kann, der an hübſchgelegenen Orten einer Vergnügungspartie mär-<lb/> kiſcher Stadt- und Dorfbewohner beiwohnt. Sie ſind ganz bei ihrem<lb/><hi rendition="#g">Vergnügen</hi>, aber gar nicht bei der „Landſchaft“, der ſie in der Regel<lb/> den Rücken zukehren. Der Berliner „Sommerwohner“ iſt nicht deshalb<lb/> ſo beſcheiden in ſeinen Anſprüchen, weil ihm die märkiſche Natur nichts<lb/> bietet, ſondern weil es ihm ſchließlich gar nicht darauf ankommt, ob die<lb/> Sache ſo oder ſo iſt.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [276/0288]
den Partieen und Promenaden, Eremitagen und „Tempel.“ Ab-
hänge wurden bepflanzt, dichte Waldpartieen gelichtet und gerodet.
Sie kaufte den „Poetenberg“, bepflanzte ihn mit Kaſtanien, mit
Pappeln und Akazien, und errichtete, wie uns überliefert wird, ein
Haus im japaneſiſchen Geſchmack, das (man nahm es damals
nicht ſo genau) den Namen „Otahaiti“ erhielt.
Bedenklicher erſcheint ſchon folgende Notiz, die wir ebenfalls
unſerem Gewährsmann, Dr. Heidekker, entnehmen.
„Etwa hundert Schritte von der Papenmühle entfernt, ſo
ſchreibt er, hat Ihre Majeſtät die Königin-Wittwe ein Haus auf-
führen laſſen (mit Saal und verſchiedenen Cabineten), das ganz
gelb angeſtrichen iſt und oben, gegen das Dach zu, Niſchen mit
Büſten alter Kaiſer und Gelehrten hat, welche abwechſelnd
von rother und ſchwarzer Farbe ſind. (Wer roth oder ſchwarz iſt,
die Kaiſer oder die Gelehrten, iſt nicht geſagt.) Ihre Majeſtät die
Königin pflegen zu allen dieſen äußerſt geſchmackvollen Anla-
gen die Ideen immer ſelbſt anzugeben. Dies eben beſchriebene Haus
wird das „„gelbe Haus““ genannt.“
Wir könnten noch von vielen Verſchönerungen der Art er-
zählen, deren Verdienſtlichkeit es wenig Abbruch thut, daß das
Maaß ihrer Schönheit oft ein höchſt beſcheidenes oder zweifelhaftes
war; wir ziehen es aber vor, uns nunmehr jenen Beſuchs- und
Familientagen von Schloß Freienwalde zuzuwenden, wo die „Kin-
der“ von Berlin herüberkamen: der König, die Königin und mit
ihnen die drei älteſten Enkel: Fritz, Charlotte und Wilhelm. Vieles
im Schloß erinnert noch an jene Tage ſtillen Glücks, und beſon-
*)
*) kerung hat noch jetzt dieſen Sinn beinah gar nicht, wovon ſich jeder über-
zeugen kann, der an hübſchgelegenen Orten einer Vergnügungspartie mär-
kiſcher Stadt- und Dorfbewohner beiwohnt. Sie ſind ganz bei ihrem
Vergnügen, aber gar nicht bei der „Landſchaft“, der ſie in der Regel
den Rücken zukehren. Der Berliner „Sommerwohner“ iſt nicht deshalb
ſo beſcheiden in ſeinen Anſprüchen, weil ihm die märkiſche Natur nichts
bietet, ſondern weil es ihm ſchließlich gar nicht darauf ankommt, ob die
Sache ſo oder ſo iſt.
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