den Partieen und Promenaden, Eremitagen und "Tempel." Ab- hänge wurden bepflanzt, dichte Waldpartieen gelichtet und gerodet. Sie kaufte den "Poetenberg", bepflanzte ihn mit Kastanien, mit Pappeln und Akazien, und errichtete, wie uns überliefert wird, ein Haus im japanesischen Geschmack, das (man nahm es damals nicht so genau) den Namen "Otahaiti" erhielt.
Bedenklicher erscheint schon folgende Notiz, die wir ebenfalls unserem Gewährsmann, Dr. Heidekker, entnehmen.
"Etwa hundert Schritte von der Papenmühle entfernt, so schreibt er, hat Ihre Majestät die Königin-Wittwe ein Haus auf- führen lassen (mit Saal und verschiedenen Cabineten), das ganz gelb angestrichen ist und oben, gegen das Dach zu, Nischen mit Büsten alter Kaiser und Gelehrten hat, welche abwechselnd von rother und schwarzer Farbe sind. (Wer roth oder schwarz ist, die Kaiser oder die Gelehrten, ist nicht gesagt.) Ihre Majestät die Königin pflegen zu allen diesen äußerst geschmackvollen Anla- gen die Ideen immer selbst anzugeben. Dies eben beschriebene Haus wird das ""gelbe Haus"" genannt."
Wir könnten noch von vielen Verschönerungen der Art er- zählen, deren Verdienstlichkeit es wenig Abbruch thut, daß das Maaß ihrer Schönheit oft ein höchst bescheidenes oder zweifelhaftes war; wir ziehen es aber vor, uns nunmehr jenen Besuchs- und Familientagen von Schloß Freienwalde zuzuwenden, wo die "Kin- der" von Berlin herüberkamen: der König, die Königin und mit ihnen die drei ältesten Enkel: Fritz, Charlotte und Wilhelm. Vieles im Schloß erinnert noch an jene Tage stillen Glücks, und beson-
kerung hat noch jetzt diesen Sinn beinah gar nicht, wovon sich jeder über- zeugen kann, der an hübschgelegenen Orten einer Vergnügungspartie mär- kischer Stadt- und Dorfbewohner beiwohnt. Sie sind ganz bei ihrem Vergnügen, aber gar nicht bei der "Landschaft", der sie in der Regel den Rücken zukehren. Der Berliner "Sommerwohner" ist nicht deshalb so bescheiden in seinen Ansprüchen, weil ihm die märkische Natur nichts bietet, sondern weil es ihm schließlich gar nicht darauf ankommt, ob die Sache so oder so ist.
den Partieen und Promenaden, Eremitagen und „Tempel.“ Ab- hänge wurden bepflanzt, dichte Waldpartieen gelichtet und gerodet. Sie kaufte den „Poetenberg“, bepflanzte ihn mit Kaſtanien, mit Pappeln und Akazien, und errichtete, wie uns überliefert wird, ein Haus im japaneſiſchen Geſchmack, das (man nahm es damals nicht ſo genau) den Namen „Otahaiti“ erhielt.
Bedenklicher erſcheint ſchon folgende Notiz, die wir ebenfalls unſerem Gewährsmann, Dr. Heidekker, entnehmen.
„Etwa hundert Schritte von der Papenmühle entfernt, ſo ſchreibt er, hat Ihre Majeſtät die Königin-Wittwe ein Haus auf- führen laſſen (mit Saal und verſchiedenen Cabineten), das ganz gelb angeſtrichen iſt und oben, gegen das Dach zu, Niſchen mit Büſten alter Kaiſer und Gelehrten hat, welche abwechſelnd von rother und ſchwarzer Farbe ſind. (Wer roth oder ſchwarz iſt, die Kaiſer oder die Gelehrten, iſt nicht geſagt.) Ihre Majeſtät die Königin pflegen zu allen dieſen äußerſt geſchmackvollen Anla- gen die Ideen immer ſelbſt anzugeben. Dies eben beſchriebene Haus wird das „„gelbe Haus““ genannt.“
Wir könnten noch von vielen Verſchönerungen der Art er- zählen, deren Verdienſtlichkeit es wenig Abbruch thut, daß das Maaß ihrer Schönheit oft ein höchſt beſcheidenes oder zweifelhaftes war; wir ziehen es aber vor, uns nunmehr jenen Beſuchs- und Familientagen von Schloß Freienwalde zuzuwenden, wo die „Kin- der“ von Berlin herüberkamen: der König, die Königin und mit ihnen die drei älteſten Enkel: Fritz, Charlotte und Wilhelm. Vieles im Schloß erinnert noch an jene Tage ſtillen Glücks, und beſon-
kerung hat noch jetzt dieſen Sinn beinah gar nicht, wovon ſich jeder über- zeugen kann, der an hübſchgelegenen Orten einer Vergnügungspartie mär- kiſcher Stadt- und Dorfbewohner beiwohnt. Sie ſind ganz bei ihrem Vergnügen, aber gar nicht bei der „Landſchaft“, der ſie in der Regel den Rücken zukehren. Der Berliner „Sommerwohner“ iſt nicht deshalb ſo beſcheiden in ſeinen Anſprüchen, weil ihm die märkiſche Natur nichts bietet, ſondern weil es ihm ſchließlich gar nicht darauf ankommt, ob die Sache ſo oder ſo iſt.
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den Partieen und Promenaden, Eremitagen und „Tempel.“ Ab-
hänge wurden bepflanzt, dichte Waldpartieen gelichtet und gerodet.
Sie kaufte den „Poetenberg“, bepflanzte ihn mit Kaſtanien, mit
Pappeln und Akazien, und errichtete, wie uns überliefert wird, ein
Haus im japaneſiſchen Geſchmack, das (man nahm es damals
nicht ſo genau) den Namen „Otahaiti“ erhielt.
Bedenklicher erſcheint ſchon folgende Notiz, die wir ebenfalls
unſerem Gewährsmann, Dr. Heidekker, entnehmen.
„Etwa hundert Schritte von der Papenmühle entfernt, ſo
ſchreibt er, hat Ihre Majeſtät die Königin-Wittwe ein Haus auf-
führen laſſen (mit Saal und verſchiedenen Cabineten), das ganz
gelb angeſtrichen iſt und oben, gegen das Dach zu, Niſchen mit
Büſten alter Kaiſer und Gelehrten hat, welche abwechſelnd
von rother und ſchwarzer Farbe ſind. (Wer roth oder ſchwarz iſt,
die Kaiſer oder die Gelehrten, iſt nicht geſagt.) Ihre Majeſtät die
Königin pflegen zu allen dieſen äußerſt geſchmackvollen Anla-
gen die Ideen immer ſelbſt anzugeben. Dies eben beſchriebene Haus
wird das „„gelbe Haus““ genannt.“
Wir könnten noch von vielen Verſchönerungen der Art er-
zählen, deren Verdienſtlichkeit es wenig Abbruch thut, daß das
Maaß ihrer Schönheit oft ein höchſt beſcheidenes oder zweifelhaftes
war; wir ziehen es aber vor, uns nunmehr jenen Beſuchs- und
Familientagen von Schloß Freienwalde zuzuwenden, wo die „Kin-
der“ von Berlin herüberkamen: der König, die Königin und mit
ihnen die drei älteſten Enkel: Fritz, Charlotte und Wilhelm. Vieles
im Schloß erinnert noch an jene Tage ſtillen Glücks, und beſon-
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*) kerung hat noch jetzt dieſen Sinn beinah gar nicht, wovon ſich jeder über-
zeugen kann, der an hübſchgelegenen Orten einer Vergnügungspartie mär-
kiſcher Stadt- und Dorfbewohner beiwohnt. Sie ſind ganz bei ihrem
Vergnügen, aber gar nicht bei der „Landſchaft“, der ſie in der Regel
den Rücken zukehren. Der Berliner „Sommerwohner“ iſt nicht deshalb
ſo beſcheiden in ſeinen Anſprüchen, weil ihm die märkiſche Natur nichts
bietet, ſondern weil es ihm ſchließlich gar nicht darauf ankommt, ob die
Sache ſo oder ſo iſt.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/288>, abgerufen am 23.07.2024.
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