Kaisers Paul, wie er vorher ein Freund des Rheinberger Prinzen Heinrich gewesen war. Der Herzog lebte monatelang als Moegliner Gast, und diese Weide am Teich war sein bevorzugter Aufenthalt, wo er zu sitzen und zu sinnen liebte. Es durfte wohl so sein. Die Zweige des Baumes hingen in den Teich nieder, das blaugraue Laub war doppelt schön auf einem Hintergrund dunkler Erlen, und der an der Wurzel 7 Fuß dicke Stamm theilte sich höher hinauf in zwei Stämme. Zwischen diesen hatte der Herzog seinen Platz. Beim Abschied schrieb er, in dankbarer Erinnerung an die hier verträumten Stunden:
Gedenkt auch ihr an dieser Stelle Des Freundes, der hier oftmals saß, Und bei dem stillen Spiel der Welle Die weite Welt um sich vergaß.
Es wird sein Geist euch hier umschweben, Sein Dank an eurer Seite sein; Hier erst erfaßt' er wahres Leben Und lernte, schaffend, glücklich sein.
Das Wohngebäude, reich an Erinnerungsstücken aller Art, an Bildern und Büsten, ist fast eben so sehr ein Thaer-Mu- seum, als ein Wohnhaus. Auf Namhaftmachung dieser Erinne- rungsstücke (meist Darbringungen von nah und fern) leisten wir hier Verzicht; ebenso auf eine Schilderung des Akademie-Gebäu- des, der Lehr- und Wohnzimmer, der Bibliothek und der natur- wissenschaftlichen Sammlungen, die sich darin vorfinden.
Wir verweilen nicht bei diesen Dingen, die, trotz ihrer sach- lichen Bescheidenheit, an die ersten glänzenden Jahre der Akademie erinnern, wir treten lieber aus den öden Zimmern wieder in's Freie, wo ein zierlicher in Front des Gebäudes aufsteigender Obelisk an ein schönes Fest (vielleicht das schönste) mahnt, das hier gefeiert wurde; freilich zugleich auch an das Erlöschen der Flamme, die hier einst brannte. Die Inschrift des Obelisken be- zeichnet die Art des Festes. Sie lautet: "Zur Erinnerung an das
Kaiſers Paul, wie er vorher ein Freund des Rheinberger Prinzen Heinrich geweſen war. Der Herzog lebte monatelang als Moegliner Gaſt, und dieſe Weide am Teich war ſein bevorzugter Aufenthalt, wo er zu ſitzen und zu ſinnen liebte. Es durfte wohl ſo ſein. Die Zweige des Baumes hingen in den Teich nieder, das blaugraue Laub war doppelt ſchön auf einem Hintergrund dunkler Erlen, und der an der Wurzel 7 Fuß dicke Stamm theilte ſich höher hinauf in zwei Stämme. Zwiſchen dieſen hatte der Herzog ſeinen Platz. Beim Abſchied ſchrieb er, in dankbarer Erinnerung an die hier verträumten Stunden:
Gedenkt auch ihr an dieſer Stelle Des Freundes, der hier oftmals ſaß, Und bei dem ſtillen Spiel der Welle Die weite Welt um ſich vergaß.
Es wird ſein Geiſt euch hier umſchweben, Sein Dank an eurer Seite ſein; Hier erſt erfaßt’ er wahres Leben Und lernte, ſchaffend, glücklich ſein.
Das Wohngebäude, reich an Erinnerungsſtücken aller Art, an Bildern und Büſten, iſt faſt eben ſo ſehr ein Thaer-Mu- ſeum, als ein Wohnhaus. Auf Namhaftmachung dieſer Erinne- rungsſtücke (meiſt Darbringungen von nah und fern) leiſten wir hier Verzicht; ebenſo auf eine Schilderung des Akademie-Gebäu- des, der Lehr- und Wohnzimmer, der Bibliothek und der natur- wiſſenſchaftlichen Sammlungen, die ſich darin vorfinden.
Wir verweilen nicht bei dieſen Dingen, die, trotz ihrer ſach- lichen Beſcheidenheit, an die erſten glänzenden Jahre der Akademie erinnern, wir treten lieber aus den öden Zimmern wieder in’s Freie, wo ein zierlicher in Front des Gebäudes aufſteigender Obelisk an ein ſchönes Feſt (vielleicht das ſchönſte) mahnt, das hier gefeiert wurde; freilich zugleich auch an das Erlöſchen der Flamme, die hier einſt brannte. Die Inſchrift des Obelisken be- zeichnet die Art des Feſtes. Sie lautet: „Zur Erinnerung an das
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Kaiſers Paul, wie er vorher ein Freund des Rheinberger Prinzen
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Gaſt, und dieſe Weide am Teich war ſein bevorzugter Aufenthalt, wo
er zu ſitzen und zu ſinnen liebte. Es durfte wohl ſo ſein. Die
Zweige des Baumes hingen in den Teich nieder, das blaugraue
Laub war doppelt ſchön auf einem Hintergrund dunkler Erlen,
und der an der Wurzel 7 Fuß dicke Stamm theilte ſich höher
hinauf in zwei Stämme. Zwiſchen dieſen hatte der Herzog ſeinen
Platz. Beim Abſchied ſchrieb er, in dankbarer Erinnerung an die
hier verträumten Stunden:
Gedenkt auch ihr an dieſer Stelle
Des Freundes, der hier oftmals ſaß,
Und bei dem ſtillen Spiel der Welle
Die weite Welt um ſich vergaß.
Es wird ſein Geiſt euch hier umſchweben,
Sein Dank an eurer Seite ſein;
Hier erſt erfaßt’ er wahres Leben
Und lernte, ſchaffend, glücklich ſein.
Das Wohngebäude, reich an Erinnerungsſtücken aller Art,
an Bildern und Büſten, iſt faſt eben ſo ſehr ein Thaer-Mu-
ſeum, als ein Wohnhaus. Auf Namhaftmachung dieſer Erinne-
rungsſtücke (meiſt Darbringungen von nah und fern) leiſten wir
hier Verzicht; ebenſo auf eine Schilderung des Akademie-Gebäu-
des, der Lehr- und Wohnzimmer, der Bibliothek und der natur-
wiſſenſchaftlichen Sammlungen, die ſich darin vorfinden.
Wir verweilen nicht bei dieſen Dingen, die, trotz ihrer ſach-
lichen Beſcheidenheit, an die erſten glänzenden Jahre der Akademie
erinnern, wir treten lieber aus den öden Zimmern wieder in’s
Freie, wo ein zierlicher in Front des Gebäudes aufſteigender
Obelisk an ein ſchönes Feſt (vielleicht das ſchönſte) mahnt, das
hier gefeiert wurde; freilich zugleich auch an das Erlöſchen der
Flamme, die hier einſt brannte. Die Inſchrift des Obelisken be-
zeichnet die Art des Feſtes. Sie lautet: „Zur Erinnerung an das
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/262>, abgerufen am 22.11.2024.
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