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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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Also etwa:

Ganz wie er lebte sind hier Paul Gerhards Züge zu schauen,
Draus nur Glaube allein, Hoffnung und Liebe gestrahlt;
Ja, er lehrte bei uns, ein wiedererstandener Assaph,
Und er erhob im Gesang, güt'ger Erlöser, Dein Lob.
Hoch von den himmlischen Höh'n steigt nieder der heilige Geist uns,
Singen die Lieder wir oft, die er gesungen dem Herrn.*)

Paul Gerhardt, wie schon hervorgehoben, war 6 Jahre lang
Probst an der Mittenwaldner Kirche und es ist höchst wahrschein-
lich (wenn auch nicht mit absoluter Sicherheit zu beweisen), daß
die schönsten Lieder, die wir diesem volksthümlichsten aller Lieder-
dichter verdanken, während seines Mittenwaldner Aufenthal-
tes
, in Leid und Freud' des Hauses und des Amtes gedichtet
wurden.

Begleiten wir ihn auf seinem Ein- und Ausgang.

Paul Gerhardt kam spät in's Amt. Er war bereits 46 Jahr
alt, als die Kirchenvorstände von Mittenwalde, wo der Probst
Goede eben gestorben war, sich an das Ministerium der St. Ni-
kolaikirche zu Berlin wandten mit der Bitte, einen geeigneten
Mann für die Mittenwaldner Probstei-Kirche in Vorschlag zu brin-
gen. Die Kirchenbehörden von St. Nicolai waren schnell entschie-
den; sie kannten Paul Gerhardt, der seit einer Reihe von Jahren
als Lehrer, Freund und Erzieher im Hause des Kammergerichts-
Advokaten Andreas Berthold lebte und durch Lieder und Vorträge
längst die Aufmerksamkeit aller Kirchlichen, auch der Behörden und
Vorstände, auf sich gezogen hatte. Diesen empfahlen sie. Nach

*) Probst Straube (1841 +), ein Amtsnachfolger Paul Gerhardts
an der Mittenwaldner Kirche, hat die lateinischen Distichen in folgenden
Alexandrinern wiederzugeben versucht:
Wie lebend siehst Du hier Paul Gerhardts theures Bild,
Der ganz von Glaube, Lieb und Hoffnung war erfüllt.
In Tönen voller Kraft, gleich Assaphs Harfenklängen,
Erhob er Christi Lob in himmlischen Gesängen.
Sing' seine Lieder oft, o Christ, in seliger Lust,
So dringet Gottes Geist durch sie in Deine Brust.

Alſo etwa:

Ganz wie er lebte ſind hier Paul Gerhards Züge zu ſchauen,
Draus nur Glaube allein, Hoffnung und Liebe geſtrahlt;
Ja, er lehrte bei uns, ein wiedererſtandener Aſſaph,
Und er erhob im Geſang, güt’ger Erlöſer, Dein Lob.
Hoch von den himmliſchen Höh’n ſteigt nieder der heilige Geiſt uns,
Singen die Lieder wir oft, die er geſungen dem Herrn.*)

Paul Gerhardt, wie ſchon hervorgehoben, war 6 Jahre lang
Probſt an der Mittenwaldner Kirche und es iſt höchſt wahrſchein-
lich (wenn auch nicht mit abſoluter Sicherheit zu beweiſen), daß
die ſchönſten Lieder, die wir dieſem volksthümlichſten aller Lieder-
dichter verdanken, während ſeines Mittenwaldner Aufenthal-
tes
, in Leid und Freud’ des Hauſes und des Amtes gedichtet
wurden.

Begleiten wir ihn auf ſeinem Ein- und Ausgang.

Paul Gerhardt kam ſpät in’s Amt. Er war bereits 46 Jahr
alt, als die Kirchenvorſtände von Mittenwalde, wo der Probſt
Goede eben geſtorben war, ſich an das Miniſterium der St. Ni-
kolaikirche zu Berlin wandten mit der Bitte, einen geeigneten
Mann für die Mittenwaldner Probſtei-Kirche in Vorſchlag zu brin-
gen. Die Kirchenbehörden von St. Nicolai waren ſchnell entſchie-
den; ſie kannten Paul Gerhardt, der ſeit einer Reihe von Jahren
als Lehrer, Freund und Erzieher im Hauſe des Kammergerichts-
Advokaten Andreas Berthold lebte und durch Lieder und Vorträge
längſt die Aufmerkſamkeit aller Kirchlichen, auch der Behörden und
Vorſtände, auf ſich gezogen hatte. Dieſen empfahlen ſie. Nach

*) Probſt Straube (1841 †), ein Amtsnachfolger Paul Gerhardts
an der Mittenwaldner Kirche, hat die lateiniſchen Diſtichen in folgenden
Alexandrinern wiederzugeben verſucht:
Wie lebend ſiehſt Du hier Paul Gerhardts theures Bild,
Der ganz von Glaube, Lieb und Hoffnung war erfüllt.
In Tönen voller Kraft, gleich Aſſaphs Harfenklängen,
Erhob er Chriſti Lob in himmliſchen Geſängen.
Sing’ ſeine Lieder oft, o Chriſt, in ſeliger Luſt,
So dringet Gottes Geiſt durch ſie in Deine Bruſt.
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[148/0160] Alſo etwa: Ganz wie er lebte ſind hier Paul Gerhards Züge zu ſchauen, Draus nur Glaube allein, Hoffnung und Liebe geſtrahlt; Ja, er lehrte bei uns, ein wiedererſtandener Aſſaph, Und er erhob im Geſang, güt’ger Erlöſer, Dein Lob. Hoch von den himmliſchen Höh’n ſteigt nieder der heilige Geiſt uns, Singen die Lieder wir oft, die er geſungen dem Herrn. *) Paul Gerhardt, wie ſchon hervorgehoben, war 6 Jahre lang Probſt an der Mittenwaldner Kirche und es iſt höchſt wahrſchein- lich (wenn auch nicht mit abſoluter Sicherheit zu beweiſen), daß die ſchönſten Lieder, die wir dieſem volksthümlichſten aller Lieder- dichter verdanken, während ſeines Mittenwaldner Aufenthal- tes, in Leid und Freud’ des Hauſes und des Amtes gedichtet wurden. Begleiten wir ihn auf ſeinem Ein- und Ausgang. Paul Gerhardt kam ſpät in’s Amt. Er war bereits 46 Jahr alt, als die Kirchenvorſtände von Mittenwalde, wo der Probſt Goede eben geſtorben war, ſich an das Miniſterium der St. Ni- kolaikirche zu Berlin wandten mit der Bitte, einen geeigneten Mann für die Mittenwaldner Probſtei-Kirche in Vorſchlag zu brin- gen. Die Kirchenbehörden von St. Nicolai waren ſchnell entſchie- den; ſie kannten Paul Gerhardt, der ſeit einer Reihe von Jahren als Lehrer, Freund und Erzieher im Hauſe des Kammergerichts- Advokaten Andreas Berthold lebte und durch Lieder und Vorträge längſt die Aufmerkſamkeit aller Kirchlichen, auch der Behörden und Vorſtände, auf ſich gezogen hatte. Dieſen empfahlen ſie. Nach *) Probſt Straube (1841 †), ein Amtsnachfolger Paul Gerhardts an der Mittenwaldner Kirche, hat die lateiniſchen Diſtichen in folgenden Alexandrinern wiederzugeben verſucht: Wie lebend ſiehſt Du hier Paul Gerhardts theures Bild, Der ganz von Glaube, Lieb und Hoffnung war erfüllt. In Tönen voller Kraft, gleich Aſſaphs Harfenklängen, Erhob er Chriſti Lob in himmliſchen Geſängen. Sing’ ſeine Lieder oft, o Chriſt, in ſeliger Luſt, So dringet Gottes Geiſt durch ſie in Deine Bruſt.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/160>, abgerufen am 05.05.2024.