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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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denn die Zeilen verhalten sich zu dem Schwung einer wirklichen
Ode etwa wie sich Kotzebues "armer Poet" zum Goetheschen Tasso
verhält. Der Prinz erklärt, daß er Frau von Wreech liebe und ver-
ehre; daß es freilich Menschen gäbe, die da meinten, Liebe sei
eine Schwäche, daß er für sein Theil aber die schwachen Herzen
angenehmer fände, als die Herzen von Stein. In der Mitte der
sogenannten Ode, bei deren Uebertragung ich übrigens, wie auch
bei den folgenden Stücken, die im Ausdrucke prosaischsten Stellen we-
sentlich gemildert habe, heißt es in leidlich wohlgesetzten Alexandrinern:

Hab' ich zu viel gesagt und ging mein Lied zu weit,
So wiss', in Bangen nur übt' ich Verwegenheit,
So denke, daß ich schwieg, als ich zuletzt Dich sah,
Ich schwieg, denn Göttin-gleich, wortraubend standst Du da.
Gebiet'rin, die Du bist, gestatte mir noch oft
Geständniß all' des Glücks, drauf meine Seele hofft,
Geständniß dessen all', was ich bisher bezwungen,
Darbringungen im Lied all' meiner Huldigungen.

Ein Zufall und -- so wenig dichterischen Werth diese Dinge
haben mögen, -- doch muß ich sagen ein glücklicher Zufall hat
uns die Reimzeilen aufbewahrt, mit denen Frau von Wreech die
poetische Adresse des Kronprinzen beantwortete. Diese Antworts-
zeilen sind nämlich als Brouillon, als Entwurf auf die Rückseite
des Kronprinzlichen Briefes geschrieben und lauten wie folgt:

Welch' Wunder trug sich zu? Was ist's, das sich begab?
Es steigt ein Königssohn, ein Prinz zu mir herab,
Besingt in Liedern mich und fordert mich zum Streit;
Antworten seinem Lied wär' wie Verwegenheit,
Ich kann es nicht, nein, nein, verwirrt in jedem Sinn
Fährt, über was ich schrieb, die Feder wieder hin.
Wohl hab' ich oft gehört, an diesem, jenem Ort,
Wer nur im Herzen fühlt, dem giebt sich auch das Wort,
Doch trät ich keck zum Kampf mit Dir, Erhabner, ein,
Müßt' ich an Witz und Wort zuvor Dein Echo sein.
Solch' Echo bin ich nicht; all' meiner Seele Schwung
Entspringt aus Einem nur, aus der Bewunderung
Womit ich vor Dir steh'; Dein Thun, das in mir lebt,
Dein Schicksal ist's allein, das mich zu Dir erhebt.

4*

denn die Zeilen verhalten ſich zu dem Schwung einer wirklichen
Ode etwa wie ſich Kotzebues „armer Poet“ zum Goetheſchen Taſſo
verhält. Der Prinz erklärt, daß er Frau von Wreech liebe und ver-
ehre; daß es freilich Menſchen gäbe, die da meinten, Liebe ſei
eine Schwäche, daß er für ſein Theil aber die ſchwachen Herzen
angenehmer fände, als die Herzen von Stein. In der Mitte der
ſogenannten Ode, bei deren Uebertragung ich übrigens, wie auch
bei den folgenden Stücken, die im Ausdrucke proſaiſchſten Stellen we-
ſentlich gemildert habe, heißt es in leidlich wohlgeſetzten Alexandrinern:

Hab’ ich zu viel geſagt und ging mein Lied zu weit,
So wiſſ’, in Bangen nur übt’ ich Verwegenheit,
So denke, daß ich ſchwieg, als ich zuletzt Dich ſah,
Ich ſchwieg, denn Göttin-gleich, wortraubend ſtandſt Du da.
Gebiet’rin, die Du biſt, geſtatte mir noch oft
Geſtändniß all’ des Glücks, drauf meine Seele hofft,
Geſtändniß deſſen all’, was ich bisher bezwungen,
Darbringungen im Lied all’ meiner Huldigungen.

Ein Zufall und — ſo wenig dichteriſchen Werth dieſe Dinge
haben mögen, — doch muß ich ſagen ein glücklicher Zufall hat
uns die Reimzeilen aufbewahrt, mit denen Frau von Wreech die
poetiſche Adreſſe des Kronprinzen beantwortete. Dieſe Antworts-
zeilen ſind nämlich als Brouillon, als Entwurf auf die Rückſeite
des Kronprinzlichen Briefes geſchrieben und lauten wie folgt:

Welch’ Wunder trug ſich zu? Was iſt’s, das ſich begab?
Es ſteigt ein Königsſohn, ein Prinz zu mir herab,
Beſingt in Liedern mich und fordert mich zum Streit;
Antworten ſeinem Lied wär’ wie Verwegenheit,
Ich kann es nicht, nein, nein, verwirrt in jedem Sinn
Fährt, über was ich ſchrieb, die Feder wieder hin.
Wohl hab’ ich oft gehört, an dieſem, jenem Ort,
Wer nur im Herzen fühlt, dem giebt ſich auch das Wort,
Doch trät ich keck zum Kampf mit Dir, Erhabner, ein,
Müßt’ ich an Witz und Wort zuvor Dein Echo ſein.
Solch’ Echo bin ich nicht; all’ meiner Seele Schwung
Entſpringt aus Einem nur, aus der Bewunderung
Womit ich vor Dir ſteh’; Dein Thun, das in mir lebt,
Dein Schickſal iſt’s allein, das mich zu Dir erhebt.

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[51/0063] denn die Zeilen verhalten ſich zu dem Schwung einer wirklichen Ode etwa wie ſich Kotzebues „armer Poet“ zum Goetheſchen Taſſo verhält. Der Prinz erklärt, daß er Frau von Wreech liebe und ver- ehre; daß es freilich Menſchen gäbe, die da meinten, Liebe ſei eine Schwäche, daß er für ſein Theil aber die ſchwachen Herzen angenehmer fände, als die Herzen von Stein. In der Mitte der ſogenannten Ode, bei deren Uebertragung ich übrigens, wie auch bei den folgenden Stücken, die im Ausdrucke proſaiſchſten Stellen we- ſentlich gemildert habe, heißt es in leidlich wohlgeſetzten Alexandrinern: Hab’ ich zu viel geſagt und ging mein Lied zu weit, So wiſſ’, in Bangen nur übt’ ich Verwegenheit, So denke, daß ich ſchwieg, als ich zuletzt Dich ſah, Ich ſchwieg, denn Göttin-gleich, wortraubend ſtandſt Du da. Gebiet’rin, die Du biſt, geſtatte mir noch oft Geſtändniß all’ des Glücks, drauf meine Seele hofft, Geſtändniß deſſen all’, was ich bisher bezwungen, Darbringungen im Lied all’ meiner Huldigungen. Ein Zufall und — ſo wenig dichteriſchen Werth dieſe Dinge haben mögen, — doch muß ich ſagen ein glücklicher Zufall hat uns die Reimzeilen aufbewahrt, mit denen Frau von Wreech die poetiſche Adreſſe des Kronprinzen beantwortete. Dieſe Antworts- zeilen ſind nämlich als Brouillon, als Entwurf auf die Rückſeite des Kronprinzlichen Briefes geſchrieben und lauten wie folgt: Welch’ Wunder trug ſich zu? Was iſt’s, das ſich begab? Es ſteigt ein Königsſohn, ein Prinz zu mir herab, Beſingt in Liedern mich und fordert mich zum Streit; Antworten ſeinem Lied wär’ wie Verwegenheit, Ich kann es nicht, nein, nein, verwirrt in jedem Sinn Fährt, über was ich ſchrieb, die Feder wieder hin. Wohl hab’ ich oft gehört, an dieſem, jenem Ort, Wer nur im Herzen fühlt, dem giebt ſich auch das Wort, Doch trät ich keck zum Kampf mit Dir, Erhabner, ein, Müßt’ ich an Witz und Wort zuvor Dein Echo ſein. Solch’ Echo bin ich nicht; all’ meiner Seele Schwung Entſpringt aus Einem nur, aus der Bewunderung Womit ich vor Dir ſteh’; Dein Thun, das in mir lebt, Dein Schickſal iſt’s allein, das mich zu Dir erhebt. 4*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/63>, abgerufen am 28.11.2024.