doch nicht wiedergeben, was jahrelange Verbitterung dem Herzen genommen hatte. Gefeiert, aber krank und im Innersten gebrochen (sein Lieblingssohn war kurz zuvor gestorben), zog er in Dresden ein und die Gnadenbezeugungen Friedrich Augusts begleiteten nur noch einen Hinscheidenden. Er erkrankte; Podagra und Steinschmer- zen zehrten an seinem Leben, Carlsbad versagte den Dienst, und am 28. August 1696 schied er, matt und müde, aus dieser Welt der Zeitlichkeit. Seine Leiche ward einbalsamirt und in der Kreuz- kirche zu Dresden ausgestellt, dann aber am 25. November nach der Neumark übergeführt und am 4. December in der Kirche zu Tamsel beigesetzt. Dort ruht er noch jetzt in einem kupfernen Sarg, mit Gold reich verziert, ein Crucifix auf dem Deckel.
Wir versuchen zum Schluß noch eine Schilderung Schönings, sowohl seiner äußern Erscheinung wie seines Charakters. Er war, namentlich dem Brustbilde nach zu schließen, dessen Original sich auf der Festung Königstein und, in Copie, in Händen der Schö- ning'schen Familie befindet, ein schöner Mann, in dessen Zügen sich Soldatisches und Hofmännisches, Strenge und Glätte, viel Selbst- bewußtsein und ein ironisches Lächeln über die Eitelkeiten dieser Welt in interessanter Weise mischten. In andern Porträts (z. B. auf einer Denkmünze, die gleich nach seinem Tode geprägt wurde, so wie ferner auf einem großen Reiterbilde im Tamseler Schloß) tritt das streng Militärische beinahe ausschließlich hervor; doch ist es fraglich, ob letzteren Bildnissen die Bedeutung von Porträts beigemessen werden darf, oder ob sie nicht vielmehr jenen bloßen Ruhmes- und Ehrenbildnissen zuzurechnen sind, die nach dem Tode eines berühmten Mannes auf gut Glück hin angefertigt wurden, viel mehr in der Absicht, ihn durch bildliche Darstellung, gleichviel wie, überhaupt zu feiern, als durch correkte Wiedergabe seiner Züge seinem äußern Menschen gerecht zu werden.
Uns von Schönings Charakter ein Bild zu entwerfen, ist
doch nicht wiedergeben, was jahrelange Verbitterung dem Herzen genommen hatte. Gefeiert, aber krank und im Innerſten gebrochen (ſein Lieblingsſohn war kurz zuvor geſtorben), zog er in Dresden ein und die Gnadenbezeugungen Friedrich Auguſts begleiteten nur noch einen Hinſcheidenden. Er erkrankte; Podagra und Steinſchmer- zen zehrten an ſeinem Leben, Carlsbad verſagte den Dienſt, und am 28. Auguſt 1696 ſchied er, matt und müde, aus dieſer Welt der Zeitlichkeit. Seine Leiche ward einbalſamirt und in der Kreuz- kirche zu Dresden ausgeſtellt, dann aber am 25. November nach der Neumark übergeführt und am 4. December in der Kirche zu Tamſel beigeſetzt. Dort ruht er noch jetzt in einem kupfernen Sarg, mit Gold reich verziert, ein Crucifix auf dem Deckel.
Wir verſuchen zum Schluß noch eine Schilderung Schönings, ſowohl ſeiner äußern Erſcheinung wie ſeines Charakters. Er war, namentlich dem Bruſtbilde nach zu ſchließen, deſſen Original ſich auf der Feſtung Königſtein und, in Copie, in Händen der Schö- ning’ſchen Familie befindet, ein ſchöner Mann, in deſſen Zügen ſich Soldatiſches und Hofmänniſches, Strenge und Glätte, viel Selbſt- bewußtſein und ein ironiſches Lächeln über die Eitelkeiten dieſer Welt in intereſſanter Weiſe miſchten. In andern Porträts (z. B. auf einer Denkmünze, die gleich nach ſeinem Tode geprägt wurde, ſo wie ferner auf einem großen Reiterbilde im Tamſeler Schloß) tritt das ſtreng Militäriſche beinahe ausſchließlich hervor; doch iſt es fraglich, ob letzteren Bildniſſen die Bedeutung von Porträts beigemeſſen werden darf, oder ob ſie nicht vielmehr jenen bloßen Ruhmes- und Ehrenbildniſſen zuzurechnen ſind, die nach dem Tode eines berühmten Mannes auf gut Glück hin angefertigt wurden, viel mehr in der Abſicht, ihn durch bildliche Darſtellung, gleichviel wie, überhaupt zu feiern, als durch correkte Wiedergabe ſeiner Züge ſeinem äußern Menſchen gerecht zu werden.
Uns von Schönings Charakter ein Bild zu entwerfen, iſt
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doch nicht wiedergeben, was jahrelange Verbitterung dem Herzen
genommen hatte. Gefeiert, aber krank und im Innerſten gebrochen
(ſein Lieblingsſohn war kurz zuvor geſtorben), zog er in Dresden
ein und die Gnadenbezeugungen Friedrich Auguſts begleiteten nur
noch einen Hinſcheidenden. Er erkrankte; Podagra und Steinſchmer-
zen zehrten an ſeinem Leben, Carlsbad verſagte den Dienſt, und
am 28. Auguſt 1696 ſchied er, matt und müde, aus dieſer Welt
der Zeitlichkeit. Seine Leiche ward einbalſamirt und in der Kreuz-
kirche zu Dresden ausgeſtellt, dann aber am 25. November nach
der Neumark übergeführt und am 4. December in der Kirche zu
Tamſel beigeſetzt. Dort ruht er noch jetzt in einem kupfernen Sarg,
mit Gold reich verziert, ein Crucifix auf dem Deckel.
Wir verſuchen zum Schluß noch eine Schilderung Schönings,
ſowohl ſeiner äußern Erſcheinung wie ſeines Charakters. Er war,
namentlich dem Bruſtbilde nach zu ſchließen, deſſen Original ſich
auf der Feſtung Königſtein und, in Copie, in Händen der Schö-
ning’ſchen Familie befindet, ein ſchöner Mann, in deſſen Zügen ſich
Soldatiſches und Hofmänniſches, Strenge und Glätte, viel Selbſt-
bewußtſein und ein ironiſches Lächeln über die Eitelkeiten dieſer
Welt in intereſſanter Weiſe miſchten. In andern Porträts (z. B.
auf einer Denkmünze, die gleich nach ſeinem Tode geprägt wurde,
ſo wie ferner auf einem großen Reiterbilde im Tamſeler Schloß)
tritt das ſtreng Militäriſche beinahe ausſchließlich hervor; doch iſt
es fraglich, ob letzteren Bildniſſen die Bedeutung von Porträts
beigemeſſen werden darf, oder ob ſie nicht vielmehr jenen bloßen
Ruhmes- und Ehrenbildniſſen zuzurechnen ſind, die nach dem Tode
eines berühmten Mannes auf gut Glück hin angefertigt wurden,
viel mehr in der Abſicht, ihn durch bildliche Darſtellung, gleichviel
wie, überhaupt zu feiern, als durch correkte Wiedergabe ſeiner
Züge ſeinem äußern Menſchen gerecht zu werden.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der zweite Band "Das Oderland, Barnim, Lebus" 1863 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/51>, abgerufen am 27.11.2024.
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