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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863.

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türkische Heer, 70,000 Mann stark, unter Führung des Groß-
veziers, das die Aufgabe hatte, die hart bedrängte Festung zu
entsetzen. Es kam zur Schlacht Angesichts der Belagerten, und
das türkische Heer wurde geschlagen. Von diesem Augenblick an
war die Einnahme der Festung nur noch eine Frage der Zeit. Am
2. September schritten die Christen zum Sturme. Achttausend
Mann, zur Hälfte Kaiserliche, zur Hälfte Brandenburger, jene vom
Herzog von Croy, diese vom General von Barfus geführt, bilde-
ten die Sturmkolonne und drangen unwiderstehlich vor. Nachdem
die Pallisaden erklettert waren, drang man in die Straßen der
Stadt ein. Nur Türken und Juden hausten darin und alles
wurde niedergemacht, leider auch Weiber und Kinder. Die Türken
steckten weiße Fahnen aus, zum Zeichen, daß sie bereit seien sich
zu ergeben, aber die Stürmenden rissen die Fahnen nieder und
ließen alles über die Klinge springen. Vergebens mühte sich der
Herzog von Lothringen, dem Gemetzel ein Ende zu machen; neun-
tausend wurden erschlagen; ein Rest von Janitscharen, der sich in
das feste Schloß gerettet hatte, capitulirte am andern Tage. Unter
diesen (da sein Tod nicht gemeldet wird) befand sich muthmaßlich
auch Abdurrhaman selbst, ein geborner Schweizer mit Namen
Coigny. Schon während der Belagerung, war er von einem in die
Stadt geschickten Parlamentäroffizier Namens Wattenwyl, als
Landsmann erkannt worden.

Auch die brandenburgischen Oberoffiziere waren, wie der
Herzog von Lothringen, bemüht gewesen, dem Blutvergießen Ein-
halt zu thun und hatten durch ihr Dazwischentreten gerettet, wo
noch zu retten war. Aber nur in einzelnen Fällen war es ihnen
geglückt. General von Barfus rief zwei Türken Pardon zu, welche
wie Verzweifelte sich wehrten, und brachte sie dem Kurfürsten als
die Tapfersten nach Berlin. Schöning dagegen hatte das Glück,
zwei schöne Türkinnen, noch Kinder, den Händen der alles nieder-
machenden Soldaten zu entreißen. Was aus dem älteren Mädchen
geworden, entzieht sich unserer Kenntniß; die jüngere aber wurde,
unter Beibehaltung ihres türkischen Namens, Fatime getauft

türkiſche Heer, 70,000 Mann ſtark, unter Führung des Groß-
veziers, das die Aufgabe hatte, die hart bedrängte Feſtung zu
entſetzen. Es kam zur Schlacht Angeſichts der Belagerten, und
das türkiſche Heer wurde geſchlagen. Von dieſem Augenblick an
war die Einnahme der Feſtung nur noch eine Frage der Zeit. Am
2. September ſchritten die Chriſten zum Sturme. Achttauſend
Mann, zur Hälfte Kaiſerliche, zur Hälfte Brandenburger, jene vom
Herzog von Croy, dieſe vom General von Barfus geführt, bilde-
ten die Sturmkolonne und drangen unwiderſtehlich vor. Nachdem
die Palliſaden erklettert waren, drang man in die Straßen der
Stadt ein. Nur Türken und Juden hausten darin und alles
wurde niedergemacht, leider auch Weiber und Kinder. Die Türken
ſteckten weiße Fahnen aus, zum Zeichen, daß ſie bereit ſeien ſich
zu ergeben, aber die Stürmenden riſſen die Fahnen nieder und
ließen alles über die Klinge ſpringen. Vergebens mühte ſich der
Herzog von Lothringen, dem Gemetzel ein Ende zu machen; neun-
tauſend wurden erſchlagen; ein Reſt von Janitſcharen, der ſich in
das feſte Schloß gerettet hatte, capitulirte am andern Tage. Unter
dieſen (da ſein Tod nicht gemeldet wird) befand ſich muthmaßlich
auch Abdurrhaman ſelbſt, ein geborner Schweizer mit Namen
Coigny. Schon während der Belagerung, war er von einem in die
Stadt geſchickten Parlamentäroffizier Namens Wattenwyl, als
Landsmann erkannt worden.

Auch die brandenburgiſchen Oberoffiziere waren, wie der
Herzog von Lothringen, bemüht geweſen, dem Blutvergießen Ein-
halt zu thun und hatten durch ihr Dazwiſchentreten gerettet, wo
noch zu retten war. Aber nur in einzelnen Fällen war es ihnen
geglückt. General von Barfus rief zwei Türken Pardon zu, welche
wie Verzweifelte ſich wehrten, und brachte ſie dem Kurfürſten als
die Tapferſten nach Berlin. Schöning dagegen hatte das Glück,
zwei ſchöne Türkinnen, noch Kinder, den Händen der alles nieder-
machenden Soldaten zu entreißen. Was aus dem älteren Mädchen
geworden, entzieht ſich unſerer Kenntniß; die jüngere aber wurde,
unter Beibehaltung ihres türkiſchen Namens, Fatime getauft

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[29/0041] türkiſche Heer, 70,000 Mann ſtark, unter Führung des Groß- veziers, das die Aufgabe hatte, die hart bedrängte Feſtung zu entſetzen. Es kam zur Schlacht Angeſichts der Belagerten, und das türkiſche Heer wurde geſchlagen. Von dieſem Augenblick an war die Einnahme der Feſtung nur noch eine Frage der Zeit. Am 2. September ſchritten die Chriſten zum Sturme. Achttauſend Mann, zur Hälfte Kaiſerliche, zur Hälfte Brandenburger, jene vom Herzog von Croy, dieſe vom General von Barfus geführt, bilde- ten die Sturmkolonne und drangen unwiderſtehlich vor. Nachdem die Palliſaden erklettert waren, drang man in die Straßen der Stadt ein. Nur Türken und Juden hausten darin und alles wurde niedergemacht, leider auch Weiber und Kinder. Die Türken ſteckten weiße Fahnen aus, zum Zeichen, daß ſie bereit ſeien ſich zu ergeben, aber die Stürmenden riſſen die Fahnen nieder und ließen alles über die Klinge ſpringen. Vergebens mühte ſich der Herzog von Lothringen, dem Gemetzel ein Ende zu machen; neun- tauſend wurden erſchlagen; ein Reſt von Janitſcharen, der ſich in das feſte Schloß gerettet hatte, capitulirte am andern Tage. Unter dieſen (da ſein Tod nicht gemeldet wird) befand ſich muthmaßlich auch Abdurrhaman ſelbſt, ein geborner Schweizer mit Namen Coigny. Schon während der Belagerung, war er von einem in die Stadt geſchickten Parlamentäroffizier Namens Wattenwyl, als Landsmann erkannt worden. Auch die brandenburgiſchen Oberoffiziere waren, wie der Herzog von Lothringen, bemüht geweſen, dem Blutvergießen Ein- halt zu thun und hatten durch ihr Dazwiſchentreten gerettet, wo noch zu retten war. Aber nur in einzelnen Fällen war es ihnen geglückt. General von Barfus rief zwei Türken Pardon zu, welche wie Verzweifelte ſich wehrten, und brachte ſie dem Kurfürſten als die Tapferſten nach Berlin. Schöning dagegen hatte das Glück, zwei ſchöne Türkinnen, noch Kinder, den Händen der alles nieder- machenden Soldaten zu entreißen. Was aus dem älteren Mädchen geworden, entzieht ſich unſerer Kenntniß; die jüngere aber wurde, unter Beibehaltung ihres türkiſchen Namens, Fatime getauft

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 2: Das Oderland. Berlin, 1863, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg02_1863/41>, abgerufen am 26.11.2024.