das Deckengemälde (eine "Geburt der Venus" darstellend), alles erinnert an jene reizvolle, aus prosaischen und poetischen Elementen wunderlich gemischte Zeit, die ihr Kleid in den Schlössern der Ludwige, ihren Gehalt aber in den Schlössern der Friedriche empfing. Und dort ist er selbst, der seinem Jahrhundert den Namen gab. Aus der Nische hervor leuchtet sein Auge und um ihn her, an den Wandpfeilern entlang, schließt sich ein bunter Kreis von Zeitgenossen: Prinz Heinrich und Voltaire, Zieten und Lessing, Gluck und Kant.
Unsre Gläser klingen zusammen. "Es lebe die alte Zeit, nicht sie selbst, aber das, was sie groß gemacht."
Wir brachen auf und traten in den Garten. Die Nachtigallen schlugen auf dem "Wall." Es klang wie ein Protest gegen die "alte Zeit" und wie ein Loblied auf Leben und Liebe.
4*
das Deckengemälde (eine „Geburt der Venus“ darſtellend), alles erinnert an jene reizvolle, aus proſaiſchen und poëtiſchen Elementen wunderlich gemiſchte Zeit, die ihr Kleid in den Schlöſſern der Ludwige, ihren Gehalt aber in den Schlöſſern der Friedriche empfing. Und dort iſt er ſelbſt, der ſeinem Jahrhundert den Namen gab. Aus der Niſche hervor leuchtet ſein Auge und um ihn her, an den Wandpfeilern entlang, ſchließt ſich ein bunter Kreis von Zeitgenoſſen: Prinz Heinrich und Voltaire, Zieten und Leſſing, Gluck und Kant.
Unſre Gläſer klingen zuſammen. „Es lebe die alte Zeit, nicht ſie ſelbſt, aber das, was ſie groß gemacht.“
Wir brachen auf und traten in den Garten. Die Nachtigallen ſchlugen auf dem „Wall.“ Es klang wie ein Proteſt gegen die „alte Zeit“ und wie ein Loblied auf Leben und Liebe.
4*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0069"n="51"/>
das Deckengemälde (eine „Geburt der Venus“ darſtellend), alles<lb/>
erinnert an jene reizvolle, aus proſaiſchen und po<hirendition="#aq">ë</hi>tiſchen Elementen<lb/>
wunderlich gemiſchte Zeit, die ihr Kleid in den Schlöſſern der<lb/>
Ludwige, ihren Gehalt aber in den Schlöſſern der Friedriche<lb/>
empfing. Und dort iſt er ſelbſt, der ſeinem Jahrhundert den Namen<lb/>
gab. Aus der Niſche hervor leuchtet ſein Auge und um ihn her,<lb/>
an den Wandpfeilern entlang, ſchließt ſich ein bunter Kreis von<lb/>
Zeitgenoſſen: Prinz Heinrich und Voltaire, Zieten und Leſſing,<lb/>
Gluck und Kant.</p><lb/><p>Unſre Gläſer klingen zuſammen. „Es lebe die alte Zeit, nicht<lb/>ſie ſelbſt, aber das, was ſie groß gemacht.“</p><lb/><p>Wir brachen auf und traten in den Garten. Die Nachtigallen<lb/>ſchlugen auf dem „Wall.“ Es klang wie ein Proteſt gegen die<lb/>„alte Zeit“ und wie ein Loblied auf Leben und Liebe.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><fwtype="sig"place="bottom">4*</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[51/0069]
das Deckengemälde (eine „Geburt der Venus“ darſtellend), alles
erinnert an jene reizvolle, aus proſaiſchen und poëtiſchen Elementen
wunderlich gemiſchte Zeit, die ihr Kleid in den Schlöſſern der
Ludwige, ihren Gehalt aber in den Schlöſſern der Friedriche
empfing. Und dort iſt er ſelbſt, der ſeinem Jahrhundert den Namen
gab. Aus der Niſche hervor leuchtet ſein Auge und um ihn her,
an den Wandpfeilern entlang, ſchließt ſich ein bunter Kreis von
Zeitgenoſſen: Prinz Heinrich und Voltaire, Zieten und Leſſing,
Gluck und Kant.
Unſre Gläſer klingen zuſammen. „Es lebe die alte Zeit, nicht
ſie ſelbſt, aber das, was ſie groß gemacht.“
Wir brachen auf und traten in den Garten. Die Nachtigallen
ſchlugen auf dem „Wall.“ Es klang wie ein Proteſt gegen die
„alte Zeit“ und wie ein Loblied auf Leben und Liebe.
4*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/69>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.