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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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walk, Lentzen, Wittstock, Kyritz und Nauen in Garnison gelegen
und nach seinem frühern Chef den Namen des von der Goltz'-
schen Regiments geführt hatte, wurde jetzt, zu größerer Bequem-
lichkeit für den Kronprinzen, oder behufs beßrer Controle, in zwei
Garnisonen, Ruppin und Nauen, concentrirt. Das Regiment
selbst erhielt den Namen "Regiment Kronprinz," später von 1744
an "Prinz Ferdinand," unter welchem Namen es die Schlachten
des siebenjährigen Krieges, den Zug in die Champagne und end-
lich die Katastrophe von Jena mit durchmachte. (Bratring, in seiner
Geschichte Ruppins, schreibt, daß im Jahre 1732 das zweite Ba-
taillon des Prinz v. Preußen Infanterie-Regiments nach Ruppin
verlegt worden sei. Dies ist ersichtlich falsch. Es gab damals gar
kein Prinz v. Preußen Infanterie-Regiment und konnte keins
geben, denn es gab noch keinen Prinzen von Preußen. Erst 1744
wurde Prinz August Wilhelm zum Prinzen von Preußen ernannt
und seinem Regiment der entsprechende Name "Prinz von Preußen
Infanterie-Regiment" gegeben. Sein Regiment hieß bis dahin
das Prinz Wilhelm'sche Regiment. Dies stand allerdings
bis
1732 zu Neu-Ruppin in Garnison und daher muthmaßlich
der Fehler, den Bratring macht. Es wurde aber in genanntem
Jahre von Neu-Ruppin nach Spandow verlegt, um dem einrücken-
den Regiment Kronprinz [bis dahin von der Goltz] Platz zu
machen.)

Wenn wir, wie im Nachstehenden geschehen soll, die Entschlüsse
und Erlasse des Königlichen Vaters zusammenstellen, die jener Zeit
der Wiederversöhnung angehören und die sich sämmtlich und ganz
ersichtlich damit beschäftigen, dem wieder angenommenen Sohne
sein Entree und sein Leben in Neu-Ruppin möglichst angenehm
zu machen, so wird man von der Vorsorglichkeit und einer gewissen
Zärtlichkeit des Vaterherzens (eines Vaters, der 18 Monate früher
mit dem Tode gedroht hatte) nicht wenig überrascht. So scheint
es ihm zu Ohren gekommen zu sein, daß Ruppin eine rußige alte
Stadt sei und auf einem seiner Plätze, auf dem noch jetzt existi-
renden Neuen Markte, einen alten Militair-Galgen für die Deser-

walk, Lentzen, Wittſtock, Kyritz und Nauen in Garniſon gelegen
und nach ſeinem frühern Chef den Namen des von der Goltz’-
ſchen Regiments geführt hatte, wurde jetzt, zu größerer Bequem-
lichkeit für den Kronprinzen, oder behufs beßrer Controle, in zwei
Garniſonen, Ruppin und Nauen, concentrirt. Das Regiment
ſelbſt erhielt den Namen „Regiment Kronprinz,“ ſpäter von 1744
an „Prinz Ferdinand,“ unter welchem Namen es die Schlachten
des ſiebenjährigen Krieges, den Zug in die Champagne und end-
lich die Kataſtrophe von Jena mit durchmachte. (Bratring, in ſeiner
Geſchichte Ruppins, ſchreibt, daß im Jahre 1732 das zweite Ba-
taillon des Prinz v. Preußen Infanterie-Regiments nach Ruppin
verlegt worden ſei. Dies iſt erſichtlich falſch. Es gab damals gar
kein Prinz v. Preußen Infanterie-Regiment und konnte keins
geben, denn es gab noch keinen Prinzen von Preußen. Erſt 1744
wurde Prinz Auguſt Wilhelm zum Prinzen von Preußen ernannt
und ſeinem Regiment der entſprechende Name „Prinz von Preußen
Infanterie-Regiment“ gegeben. Sein Regiment hieß bis dahin
das Prinz Wilhelm’ſche Regiment. Dies ſtand allerdings
bis
1732 zu Neu-Ruppin in Garniſon und daher muthmaßlich
der Fehler, den Bratring macht. Es wurde aber in genanntem
Jahre von Neu-Ruppin nach Spandow verlegt, um dem einrücken-
den Regiment Kronprinz [bis dahin von der Goltz] Platz zu
machen.)

Wenn wir, wie im Nachſtehenden geſchehen ſoll, die Entſchlüſſe
und Erlaſſe des Königlichen Vaters zuſammenſtellen, die jener Zeit
der Wiederverſöhnung angehören und die ſich ſämmtlich und ganz
erſichtlich damit beſchäftigen, dem wieder angenommenen Sohne
ſein Entrée und ſein Leben in Neu-Ruppin möglichſt angenehm
zu machen, ſo wird man von der Vorſorglichkeit und einer gewiſſen
Zärtlichkeit des Vaterherzens (eines Vaters, der 18 Monate früher
mit dem Tode gedroht hatte) nicht wenig überraſcht. So ſcheint
es ihm zu Ohren gekommen zu ſein, daß Ruppin eine rußige alte
Stadt ſei und auf einem ſeiner Plätze, auf dem noch jetzt exiſti-
renden Neuen Markte, einen alten Militair-Galgen für die Deſer-

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[40/0058] walk, Lentzen, Wittſtock, Kyritz und Nauen in Garniſon gelegen und nach ſeinem frühern Chef den Namen des von der Goltz’- ſchen Regiments geführt hatte, wurde jetzt, zu größerer Bequem- lichkeit für den Kronprinzen, oder behufs beßrer Controle, in zwei Garniſonen, Ruppin und Nauen, concentrirt. Das Regiment ſelbſt erhielt den Namen „Regiment Kronprinz,“ ſpäter von 1744 an „Prinz Ferdinand,“ unter welchem Namen es die Schlachten des ſiebenjährigen Krieges, den Zug in die Champagne und end- lich die Kataſtrophe von Jena mit durchmachte. (Bratring, in ſeiner Geſchichte Ruppins, ſchreibt, daß im Jahre 1732 das zweite Ba- taillon des Prinz v. Preußen Infanterie-Regiments nach Ruppin verlegt worden ſei. Dies iſt erſichtlich falſch. Es gab damals gar kein Prinz v. Preußen Infanterie-Regiment und konnte keins geben, denn es gab noch keinen Prinzen von Preußen. Erſt 1744 wurde Prinz Auguſt Wilhelm zum Prinzen von Preußen ernannt und ſeinem Regiment der entſprechende Name „Prinz von Preußen Infanterie-Regiment“ gegeben. Sein Regiment hieß bis dahin das Prinz Wilhelm’ſche Regiment. Dies ſtand allerdings bis 1732 zu Neu-Ruppin in Garniſon und daher muthmaßlich der Fehler, den Bratring macht. Es wurde aber in genanntem Jahre von Neu-Ruppin nach Spandow verlegt, um dem einrücken- den Regiment Kronprinz [bis dahin von der Goltz] Platz zu machen.) Wenn wir, wie im Nachſtehenden geſchehen ſoll, die Entſchlüſſe und Erlaſſe des Königlichen Vaters zuſammenſtellen, die jener Zeit der Wiederverſöhnung angehören und die ſich ſämmtlich und ganz erſichtlich damit beſchäftigen, dem wieder angenommenen Sohne ſein Entrée und ſein Leben in Neu-Ruppin möglichſt angenehm zu machen, ſo wird man von der Vorſorglichkeit und einer gewiſſen Zärtlichkeit des Vaterherzens (eines Vaters, der 18 Monate früher mit dem Tode gedroht hatte) nicht wenig überraſcht. So ſcheint es ihm zu Ohren gekommen zu ſein, daß Ruppin eine rußige alte Stadt ſei und auf einem ſeiner Plätze, auf dem noch jetzt exiſti- renden Neuen Markte, einen alten Militair-Galgen für die Deſer-

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/58>, abgerufen am 21.11.2024.