Ludwig von Würtemberg, ward Wittwe den 23. November 1731, entschlief in dem Herrn den 7. Mai 1782. Dieses Denkmal setzet ihr ihre einzige Tochter Louise Friederike, Herzogin von Mek- lenburg-Schwerin, geborene Herzogin von Würtemberg und Teck."
Schwerlich ahnte die Tochter, als sie in gebotener Pietät die- ses Denkmal aufrichten ließ, daß nach so kurzer Zeit schon diese Marmortafel das einzige Zeichen sein würde, das wenigstens die Stelle angiebt, wo ihre Mutter gelebt.
(Die Zeit des Grafen Schmettau von 1804--1806.) Nach dem Tode Henriette Marie's wurde Schloß Coepenick völlig vernachlässigt und endlich im Jahre 1804 an den Grafen von Schmettau (Friedrich Wilhelm Carl) verkauft. Dieser Graf Schmettau, ein besonderer Liebling Friedrich's II., ist derselbe, der von Seiten des großen Königs zum Adjutanten seines jüngsten Bruders, des Prinzen Ferdinand von Preußen, ernannt wurde und in dieser intimen Stellung zu einer Fülle pikanter Anekdoten und on dit's Veranlassung gab, an denen das preußische Hofleben jener Zeit so reich war. Zu untersuchen, wie viel Wahrheit oder überhaupt ob irgendwelche Wahrheit diesen anekdotischen Ueber- lieferungen zu Grunde liegt, liegt jenseits unserer Aufgabe; wir begnügen uns damit, das zu constatiren, worüber Freunde und Feinde des Grafen (wenn er Feinde hatte) zu jeder Zeit einig waren, seine Gelehrsamkeit und seine weltmännische Bildung, seine militärischen Kenntnisse und seine Tapferkeit. Als der Krieg mit Frankreich mehr und mehr unvermeidlich zu werden drohte, gehörte er zu denen, denen Armee und Volk das meiste Vertrauen ent- gegentrugen. Beim Ausbruch der Feindseligkeiten führte er als Generallieutenant seine Division nach Thüringen und trat unter den Oberbefehl des Herzogs von Braunschweig. Beide theilten we- nige Tage später dasselbe Schicksal.
Bei unserem heutigen Besuche in Schloß Coepenick indeß lernen wir den Grafen Schmettau weder als Cavalier und Weltmann, noch als Kriegsmann und Heerführer kennen; sinnig, ein heitrer Philosoph, ein Freund der Wissenschaft und aller
Ludwig von Würtemberg, ward Wittwe den 23. November 1731, entſchlief in dem Herrn den 7. Mai 1782. Dieſes Denkmal ſetzet ihr ihre einzige Tochter Louiſe Friederike, Herzogin von Mek- lenburg-Schwerin, geborene Herzogin von Würtemberg und Teck.“
Schwerlich ahnte die Tochter, als ſie in gebotener Pietät die- ſes Denkmal aufrichten ließ, daß nach ſo kurzer Zeit ſchon dieſe Marmortafel das einzige Zeichen ſein würde, das wenigſtens die Stelle angiebt, wo ihre Mutter gelebt.
(Die Zeit des Grafen Schmettau von 1804—1806.) Nach dem Tode Henriette Marie’s wurde Schloß Coepenick völlig vernachläſſigt und endlich im Jahre 1804 an den Grafen von Schmettau (Friedrich Wilhelm Carl) verkauft. Dieſer Graf Schmettau, ein beſonderer Liebling Friedrich’s II., iſt derſelbe, der von Seiten des großen Königs zum Adjutanten ſeines jüngſten Bruders, des Prinzen Ferdinand von Preußen, ernannt wurde und in dieſer intimen Stellung zu einer Fülle pikanter Anekdoten und on dit’s Veranlaſſung gab, an denen das preußiſche Hofleben jener Zeit ſo reich war. Zu unterſuchen, wie viel Wahrheit oder überhaupt ob irgendwelche Wahrheit dieſen anekdotiſchen Ueber- lieferungen zu Grunde liegt, liegt jenſeits unſerer Aufgabe; wir begnügen uns damit, das zu conſtatiren, worüber Freunde und Feinde des Grafen (wenn er Feinde hatte) zu jeder Zeit einig waren, ſeine Gelehrſamkeit und ſeine weltmänniſche Bildung, ſeine militäriſchen Kenntniſſe und ſeine Tapferkeit. Als der Krieg mit Frankreich mehr und mehr unvermeidlich zu werden drohte, gehörte er zu denen, denen Armee und Volk das meiſte Vertrauen ent- gegentrugen. Beim Ausbruch der Feindſeligkeiten führte er als Generallieutenant ſeine Diviſion nach Thüringen und trat unter den Oberbefehl des Herzogs von Braunſchweig. Beide theilten we- nige Tage ſpäter daſſelbe Schickſal.
Bei unſerem heutigen Beſuche in Schloß Coepenick indeß lernen wir den Grafen Schmettau weder als Cavalier und Weltmann, noch als Kriegsmann und Heerführer kennen; ſinnig, ein heitrer Philoſoph, ein Freund der Wiſſenſchaft und aller
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Ludwig von Würtemberg, ward Wittwe den 23. November 1731,
entſchlief in dem Herrn den 7. Mai 1782. Dieſes Denkmal ſetzet
ihr ihre einzige Tochter Louiſe Friederike, Herzogin von Mek-
lenburg-Schwerin, geborene Herzogin von Würtemberg und Teck.“
Schwerlich ahnte die Tochter, als ſie in gebotener Pietät die-
ſes Denkmal aufrichten ließ, daß nach ſo kurzer Zeit ſchon dieſe
Marmortafel das einzige Zeichen ſein würde, das wenigſtens die
Stelle angiebt, wo ihre Mutter gelebt.
(Die Zeit des Grafen Schmettau von 1804—1806.)
Nach dem Tode Henriette Marie’s wurde Schloß Coepenick völlig
vernachläſſigt und endlich im Jahre 1804 an den Grafen von
Schmettau (Friedrich Wilhelm Carl) verkauft. Dieſer Graf
Schmettau, ein beſonderer Liebling Friedrich’s II., iſt derſelbe,
der von Seiten des großen Königs zum Adjutanten ſeines jüngſten
Bruders, des Prinzen Ferdinand von Preußen, ernannt wurde
und in dieſer intimen Stellung zu einer Fülle pikanter Anekdoten
und on dit’s Veranlaſſung gab, an denen das preußiſche Hofleben
jener Zeit ſo reich war. Zu unterſuchen, wie viel Wahrheit oder
überhaupt ob irgendwelche Wahrheit dieſen anekdotiſchen Ueber-
lieferungen zu Grunde liegt, liegt jenſeits unſerer Aufgabe; wir
begnügen uns damit, das zu conſtatiren, worüber Freunde und
Feinde des Grafen (wenn er Feinde hatte) zu jeder Zeit einig
waren, ſeine Gelehrſamkeit und ſeine weltmänniſche Bildung, ſeine
militäriſchen Kenntniſſe und ſeine Tapferkeit. Als der Krieg mit
Frankreich mehr und mehr unvermeidlich zu werden drohte, gehörte
er zu denen, denen Armee und Volk das meiſte Vertrauen ent-
gegentrugen. Beim Ausbruch der Feindſeligkeiten führte er als
Generallieutenant ſeine Diviſion nach Thüringen und trat unter
den Oberbefehl des Herzogs von Braunſchweig. Beide theilten we-
nige Tage ſpäter daſſelbe Schickſal.
Bei unſerem heutigen Beſuche in Schloß Coepenick indeß
lernen wir den Grafen Schmettau weder als Cavalier und
Weltmann, noch als Kriegsmann und Heerführer kennen; ſinnig,
ein heitrer Philoſoph, ein Freund der Wiſſenſchaft und aller
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/376>, abgerufen am 25.11.2024.
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