Das Leben auf der Pfarre war ein ziemlich bewegliches. Mit einigen Predigern in der Nachbarschaft war er von früher her bekannt; diese besuchte er, wenn er auf geistige Anknüpfungspunkte rechnen konnte, sonst schwerlich. Unter den befreundeten Amtsbrü- dern befand sich auch der Probst Gloerfeld in dem benachbarten Bernau. Dieser würdige und allgemein hochgeachtete Geistliche hatte einen schönen Tod. Er war ein großer Gartenfreund, wie die meisten Geistlichen in jener geldarmen Zeit (zwischen 1806 und 13) und empfing dann und wann Besuche von Personen, die seinen schönen Garten sehen wollten. Einmal erschien auch eine junge, durchreisende Dame und als er sich bückte, um ihr eine Rose zu pflücken, sank er todt zwischen die Blumenbeete nieder.
Schmidt's Gedichte geben über den Kreis seiner Bekanntschaft die beste Auskunft; es lag in der Natur seiner Muse, die einen durch- aus häuslichen Charakter hatte und das Leben mehr erheitern als auf seine Höhen treiben wollte, daß er Dinge (also z. B. Einla- dungen) in Versen abmachte, die sich in Prosa eben so gut hätten sagen lassen. So lernen wir denn beim Lesen seiner Gedichte auch die Freunde und Bekannte aus Näh' und Ferne kennen: Pastor Schultz aus Döbritz (im Havelland), Amtsactuarius Bernhard aus Loehme (unser alter Freund aus dem Gamen-Grund her), Prediger Dapp in Klein-Schöneberg, Rudolf Agrikola, Frau Oberst von Valentini, Maler Heusinger und Andere mehr; meist Personen, die mit mehr oder minder Dringlichkeit aufgefordert werden, der Werneuchner Pfarre, "die, im Grunde genommen, viel hübscher sei als die Berliner Paläste", ihren Besuch zu machen. Besonders nah stand ihm der Pastor Ahrendts in dem nur eine Meile ent- fernten Beyersdorf. Mit diesem hatte er zusammen studirt, beide waren Prediger (in unmittelbarer Aufeinanderfolge) im Berliner Invalidenhause gewesen, beide hatten zu Ende des vorigen Jahr- hunderts ihre benachbarten Landpfarren erhalten und waren auf denselben bis zu ihrem Tode verblieben, nachdem beide ihr 50jäh- riges Jubiläum gefeiert hatten, Schmidt 1837, Ahrendts 1838.
Unter den gelegentlich Einsprechenden waren auch einzelne
Das Leben auf der Pfarre war ein ziemlich bewegliches. Mit einigen Predigern in der Nachbarſchaft war er von früher her bekannt; dieſe beſuchte er, wenn er auf geiſtige Anknüpfungspunkte rechnen konnte, ſonſt ſchwerlich. Unter den befreundeten Amtsbrü- dern befand ſich auch der Probſt Gloerfeld in dem benachbarten Bernau. Dieſer würdige und allgemein hochgeachtete Geiſtliche hatte einen ſchönen Tod. Er war ein großer Gartenfreund, wie die meiſten Geiſtlichen in jener geldarmen Zeit (zwiſchen 1806 und 13) und empfing dann und wann Beſuche von Perſonen, die ſeinen ſchönen Garten ſehen wollten. Einmal erſchien auch eine junge, durchreiſende Dame und als er ſich bückte, um ihr eine Roſe zu pflücken, ſank er todt zwiſchen die Blumenbeete nieder.
Schmidt’s Gedichte geben über den Kreis ſeiner Bekanntſchaft die beſte Auskunft; es lag in der Natur ſeiner Muſe, die einen durch- aus häuslichen Charakter hatte und das Leben mehr erheitern als auf ſeine Höhen treiben wollte, daß er Dinge (alſo z. B. Einla- dungen) in Verſen abmachte, die ſich in Proſa eben ſo gut hätten ſagen laſſen. So lernen wir denn beim Leſen ſeiner Gedichte auch die Freunde und Bekannte aus Näh’ und Ferne kennen: Paſtor Schultz aus Döbritz (im Havelland), Amtsactuarius Bernhard aus Loehme (unſer alter Freund aus dem Gamen-Grund her), Prediger Dapp in Klein-Schöneberg, Rudolf Agrikola, Frau Oberſt von Valentini, Maler Heuſinger und Andere mehr; meiſt Perſonen, die mit mehr oder minder Dringlichkeit aufgefordert werden, der Werneuchner Pfarre, „die, im Grunde genommen, viel hübſcher ſei als die Berliner Paläſte“, ihren Beſuch zu machen. Beſonders nah ſtand ihm der Paſtor Ahrendts in dem nur eine Meile ent- fernten Beyersdorf. Mit dieſem hatte er zuſammen ſtudirt, beide waren Prediger (in unmittelbarer Aufeinanderfolge) im Berliner Invalidenhauſe geweſen, beide hatten zu Ende des vorigen Jahr- hunderts ihre benachbarten Landpfarren erhalten und waren auf denſelben bis zu ihrem Tode verblieben, nachdem beide ihr 50jäh- riges Jubiläum gefeiert hatten, Schmidt 1837, Ahrendts 1838.
Unter den gelegentlich Einſprechenden waren auch einzelne
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Das Leben auf der Pfarre war ein ziemlich bewegliches. Mit
einigen Predigern in der Nachbarſchaft war er von früher her
bekannt; dieſe beſuchte er, wenn er auf geiſtige Anknüpfungspunkte
rechnen konnte, ſonſt ſchwerlich. Unter den befreundeten Amtsbrü-
dern befand ſich auch der Probſt Gloerfeld in dem benachbarten
Bernau. Dieſer würdige und allgemein hochgeachtete Geiſtliche
hatte einen ſchönen Tod. Er war ein großer Gartenfreund, wie die
meiſten Geiſtlichen in jener geldarmen Zeit (zwiſchen 1806 und 13)
und empfing dann und wann Beſuche von Perſonen, die ſeinen
ſchönen Garten ſehen wollten. Einmal erſchien auch eine junge,
durchreiſende Dame und als er ſich bückte, um ihr eine Roſe zu
pflücken, ſank er todt zwiſchen die Blumenbeete nieder.
Schmidt’s Gedichte geben über den Kreis ſeiner Bekanntſchaft die
beſte Auskunft; es lag in der Natur ſeiner Muſe, die einen durch-
aus häuslichen Charakter hatte und das Leben mehr erheitern als
auf ſeine Höhen treiben wollte, daß er Dinge (alſo z. B. Einla-
dungen) in Verſen abmachte, die ſich in Proſa eben ſo gut hätten
ſagen laſſen. So lernen wir denn beim Leſen ſeiner Gedichte auch
die Freunde und Bekannte aus Näh’ und Ferne kennen: Paſtor
Schultz aus Döbritz (im Havelland), Amtsactuarius Bernhard aus
Loehme (unſer alter Freund aus dem Gamen-Grund her), Prediger
Dapp in Klein-Schöneberg, Rudolf Agrikola, Frau Oberſt von
Valentini, Maler Heuſinger und Andere mehr; meiſt Perſonen, die
mit mehr oder minder Dringlichkeit aufgefordert werden, der
Werneuchner Pfarre, „die, im Grunde genommen, viel hübſcher
ſei als die Berliner Paläſte“, ihren Beſuch zu machen. Beſonders
nah ſtand ihm der Paſtor Ahrendts in dem nur eine Meile ent-
fernten Beyersdorf. Mit dieſem hatte er zuſammen ſtudirt, beide
waren Prediger (in unmittelbarer Aufeinanderfolge) im Berliner
Invalidenhauſe geweſen, beide hatten zu Ende des vorigen Jahr-
hunderts ihre benachbarten Landpfarren erhalten und waren auf
denſelben bis zu ihrem Tode verblieben, nachdem beide ihr 50jäh-
riges Jubiläum gefeiert hatten, Schmidt 1837, Ahrendts 1838.
Unter den gelegentlich Einſprechenden waren auch einzelne
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/305>, abgerufen am 23.11.2024.
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