vortrefflicher Mann von seinem Geschlecht." Unmittelbar vor dem Bilde hängt das alte Banner der Familie, von der Decke herab, das in goldner Schrift die Angaben des Bildes theils bestätigt, theils erweitert: "Der hochedle, gestrenge und hochbenannte Herr Johann von Loeben (Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Bran- denburg, Joachim Friedrich, hochlöbseligsten Gedächtnisses, vorneh- mer Geheimer Rath und Kanzler) auf Blumberg, Dalwitz, Eiche und Falkenberg, ist allhier zu Blumberg selig im Herrn entschlafen, den 26. Juli anno 1636, seines Alters 75 Jahr." Ueber dieser Inschrift, stark nachgedunkelt, aber immer noch deutlich erkennbar, zeigt sich das alte Loeben'sche Wappen: ein Schachbrett mit der Prinzessin aus Mohrenland. Schon 723 war ein Loeben (die Ge- schichte verschweigt seinen weiteren Namen) in die üble Lage gekommen, mit einer Prinzessin aus Mohrenland auf Tod und Leben Schach spielen zu müssen. Glücklicherweise gewann er die Parthie, ein Umstand, den wir nicht hoch genug anschlagen können, weil wir ohne den- selben um die ganze Erzählung gekommen wären; Schachbrett und Prinzessin aber kamen in's Loeben'sche Wappen. Ob die edle Kunst des Schachspiels seitdem in der Familie gehegt und gepflegt wurde, mag dahin gestellt bleiben, nur unser alter Kanzler war jedenfalls seines Ur-Ahnen werth; auch er war ein Meister im Spiel und that gute und sichre Züge auf dem diplomatischen Schachbrett. Dabei liebte er ehrlich Spiel, keine Finten, keine Hinterhalte. Der Kurfürst setzte ein unbegrenztes Vertrauen in seine Klugheit und Redlichkeit, und als er (der Kurfürst) an die Gründung eines permanenten "Geheimen Rathes"*) ging (die nächste Veranlas- sung dazu gab eine längere Anwesenheit des Kurfürsten im Her- zogthum Preußen), war es selbstverständlich, daß Johann von
*) Dieser "Geheime Rath" bestand aus 8 Mitgliedern, darunter 3 Doktoren der Rechte, die auch später noch meist aus bürgerlichem Stande genommen wurden. Die 8 Mitglieder waren: Hironymus Graf v. Schlick, Präsident; Johann von Loeben, Kanzler; von Benkendorf, Vice-Kanzler; Christoph Friedrich von Wallenfels; Hironymus von Dieskau; Friedrich Pruckmann; Simon Ulrich Pistoris; Johann Hübner.
vortrefflicher Mann von ſeinem Geſchlecht.“ Unmittelbar vor dem Bilde hängt das alte Banner der Familie, von der Decke herab, das in goldner Schrift die Angaben des Bildes theils beſtätigt, theils erweitert: „Der hochedle, geſtrenge und hochbenannte Herr Johann von Loeben (Ihrer Churfürſtlichen Durchlaucht zu Bran- denburg, Joachim Friedrich, hochlöbſeligſten Gedächtniſſes, vorneh- mer Geheimer Rath und Kanzler) auf Blumberg, Dalwitz, Eiche und Falkenberg, iſt allhier zu Blumberg ſelig im Herrn entſchlafen, den 26. Juli anno 1636, ſeines Alters 75 Jahr.“ Ueber dieſer Inſchrift, ſtark nachgedunkelt, aber immer noch deutlich erkennbar, zeigt ſich das alte Loeben’ſche Wappen: ein Schachbrett mit der Prinzeſſin aus Mohrenland. Schon 723 war ein Loeben (die Ge- ſchichte verſchweigt ſeinen weiteren Namen) in die üble Lage gekommen, mit einer Prinzeſſin aus Mohrenland auf Tod und Leben Schach ſpielen zu müſſen. Glücklicherweiſe gewann er die Parthie, ein Umſtand, den wir nicht hoch genug anſchlagen können, weil wir ohne den- ſelben um die ganze Erzählung gekommen wären; Schachbrett und Prinzeſſin aber kamen in’s Loeben’ſche Wappen. Ob die edle Kunſt des Schachſpiels ſeitdem in der Familie gehegt und gepflegt wurde, mag dahin geſtellt bleiben, nur unſer alter Kanzler war jedenfalls ſeines Ur-Ahnen werth; auch er war ein Meiſter im Spiel und that gute und ſichre Züge auf dem diplomatiſchen Schachbrett. Dabei liebte er ehrlich Spiel, keine Finten, keine Hinterhalte. Der Kurfürſt ſetzte ein unbegrenztes Vertrauen in ſeine Klugheit und Redlichkeit, und als er (der Kurfürſt) an die Gründung eines permanenten „Geheimen Rathes“*) ging (die nächſte Veranlaſ- ſung dazu gab eine längere Anweſenheit des Kurfürſten im Her- zogthum Preußen), war es ſelbſtverſtändlich, daß Johann von
*) Dieſer „Geheime Rath“ beſtand aus 8 Mitgliedern, darunter 3 Doktoren der Rechte, die auch ſpäter noch meiſt aus bürgerlichem Stande genommen wurden. Die 8 Mitglieder waren: Hironymus Graf v. Schlick, Präſident; Johann von Loeben, Kanzler; von Benkendorf, Vice-Kanzler; Chriſtoph Friedrich von Wallenfels; Hironymus von Dieskau; Friedrich Pruckmann; Simon Ulrich Piſtoris; Johann Hübner.
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vortrefflicher Mann von ſeinem Geſchlecht.“ Unmittelbar vor dem
Bilde hängt das alte Banner der Familie, von der Decke herab,
das in goldner Schrift die Angaben des Bildes theils beſtätigt,
theils erweitert: „Der hochedle, geſtrenge und hochbenannte Herr
Johann von Loeben (Ihrer Churfürſtlichen Durchlaucht zu Bran-
denburg, Joachim Friedrich, hochlöbſeligſten Gedächtniſſes, vorneh-
mer Geheimer Rath und Kanzler) auf Blumberg, Dalwitz, Eiche
und Falkenberg, iſt allhier zu Blumberg ſelig im Herrn entſchlafen,
den 26. Juli anno 1636, ſeines Alters 75 Jahr.“ Ueber dieſer
Inſchrift, ſtark nachgedunkelt, aber immer noch deutlich erkennbar,
zeigt ſich das alte Loeben’ſche Wappen: ein Schachbrett mit der
Prinzeſſin aus Mohrenland. Schon 723 war ein Loeben (die Ge-
ſchichte verſchweigt ſeinen weiteren Namen) in die üble Lage gekommen,
mit einer Prinzeſſin aus Mohrenland auf Tod und Leben Schach
ſpielen zu müſſen. Glücklicherweiſe gewann er die Parthie, ein Umſtand,
den wir nicht hoch genug anſchlagen können, weil wir ohne den-
ſelben um die ganze Erzählung gekommen wären; Schachbrett und
Prinzeſſin aber kamen in’s Loeben’ſche Wappen. Ob die edle Kunſt
des Schachſpiels ſeitdem in der Familie gehegt und gepflegt wurde,
mag dahin geſtellt bleiben, nur unſer alter Kanzler war jedenfalls
ſeines Ur-Ahnen werth; auch er war ein Meiſter im Spiel und
that gute und ſichre Züge auf dem diplomatiſchen Schachbrett.
Dabei liebte er ehrlich Spiel, keine Finten, keine Hinterhalte. Der
Kurfürſt ſetzte ein unbegrenztes Vertrauen in ſeine Klugheit und
Redlichkeit, und als er (der Kurfürſt) an die Gründung eines
permanenten „Geheimen Rathes“ *) ging (die nächſte Veranlaſ-
ſung dazu gab eine längere Anweſenheit des Kurfürſten im Her-
zogthum Preußen), war es ſelbſtverſtändlich, daß Johann von
*) Dieſer „Geheime Rath“ beſtand aus 8 Mitgliedern, darunter
3 Doktoren der Rechte, die auch ſpäter noch meiſt aus bürgerlichem Stande
genommen wurden. Die 8 Mitglieder waren: Hironymus Graf v. Schlick,
Präſident; Johann von Loeben, Kanzler; von Benkendorf, Vice-Kanzler;
Chriſtoph Friedrich von Wallenfels; Hironymus von Dieskau; Friedrich
Pruckmann; Simon Ulrich Piſtoris; Johann Hübner.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/273>, abgerufen am 16.02.2025.
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