Füßen des Bildes gibt andeutungsweise Aufschluß.*) Wir treten von dem Bilde hinweg und in den Park hinaus. Die eine der dunkeln Alleen führt uns an einen abgelegenen Platz, stiller, dunkler noch als der Park überhaupt. Edeltannen umschreiben ein Oval und scheiden es ab von dem Rest des Parks. Inmitten dieses dunkeln Eilands, das die Tannen bilden, erhebt sich ein Monu- ment, dessen eine Seite ein sinniges Reliefbild trägt: der Engel des Todes hüllt eine Sterbende in sein Gewand; ihr Antlitz lächelt, während ein Kranz von Rosen ihrer Hand entsinkt. "Soror optima, amica patriae," so lautet die Inschrift. Aber der Name der geliebten Schwester fehlt.
*) Es existiren noch mehrere Bilder von der schönen Gräfin. Ein Oelporträt, das im Ingenheimschen Schlosse zu Seeburg (im Mansfelder Seekreise) aufbewahrt wird, habe ich nicht gesehn, wohl aber ein lebens- volles Pastellbild, das sich im Besitz der Frau v. Haeseler (Behrenstraße 70) befindet. Es hat Aehnlichkeit mit dem in Buch befindlichen Porträt, ist aber lieblicher und von gewinnenderem Ausdruck. Augen und Teint sehr schön. Die Gräfin trägt ein Morgenkostüm, eine Art Tüllspenser mit vie- len krausgetollten Kragen. Durch die Fülle gelbgepuderten, krausen Haares zieht sich ein schwarzes Sammtband. Das Porträt rührt von Frau v. Sydow, einer Freundin der Gräfin Ingenheim, her.
Füßen des Bildes gibt andeutungsweiſe Aufſchluß.*) Wir treten von dem Bilde hinweg und in den Park hinaus. Die eine der dunkeln Alleen führt uns an einen abgelegenen Platz, ſtiller, dunkler noch als der Park überhaupt. Edeltannen umſchreiben ein Oval und ſcheiden es ab von dem Reſt des Parks. Inmitten dieſes dunkeln Eilands, das die Tannen bilden, erhebt ſich ein Monu- ment, deſſen eine Seite ein ſinniges Reliefbild trägt: der Engel des Todes hüllt eine Sterbende in ſein Gewand; ihr Antlitz lächelt, während ein Kranz von Roſen ihrer Hand entſinkt. „Soror optima, amica patriae,“ ſo lautet die Inſchrift. Aber der Name der geliebten Schweſter fehlt.
*) Es exiſtiren noch mehrere Bilder von der ſchönen Gräfin. Ein Oelporträt, das im Ingenheimſchen Schloſſe zu Seeburg (im Mansfelder Seekreiſe) aufbewahrt wird, habe ich nicht geſehn, wohl aber ein lebens- volles Paſtellbild, das ſich im Beſitz der Frau v. Haeſeler (Behrenſtraße 70) befindet. Es hat Aehnlichkeit mit dem in Buch befindlichen Porträt, iſt aber lieblicher und von gewinnenderem Ausdruck. Augen und Teint ſehr ſchön. Die Gräfin trägt ein Morgenkoſtüm, eine Art Tüllſpenſer mit vie- len krausgetollten Kragen. Durch die Fülle gelbgepuderten, krauſen Haares zieht ſich ein ſchwarzes Sammtband. Das Porträt rührt von Frau v. Sydow, einer Freundin der Gräfin Ingenheim, her.
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Füßen des Bildes gibt andeutungsweiſe Aufſchluß. *) Wir treten
von dem Bilde hinweg und in den Park hinaus. Die eine der
dunkeln Alleen führt uns an einen abgelegenen Platz, ſtiller, dunkler
noch als der Park überhaupt. Edeltannen umſchreiben ein Oval
und ſcheiden es ab von dem Reſt des Parks. Inmitten dieſes
dunkeln Eilands, das die Tannen bilden, erhebt ſich ein Monu-
ment, deſſen eine Seite ein ſinniges Reliefbild trägt: der Engel
des Todes hüllt eine Sterbende in ſein Gewand; ihr Antlitz
lächelt, während ein Kranz von Roſen ihrer Hand entſinkt. „Soror
optima, amica patriae,“ ſo lautet die Inſchrift. Aber der Name
der geliebten Schweſter fehlt.
*) Es exiſtiren noch mehrere Bilder von der ſchönen Gräfin. Ein
Oelporträt, das im Ingenheimſchen Schloſſe zu Seeburg (im Mansfelder
Seekreiſe) aufbewahrt wird, habe ich nicht geſehn, wohl aber ein lebens-
volles Paſtellbild, das ſich im Beſitz der Frau v. Haeſeler (Behrenſtraße 70)
befindet. Es hat Aehnlichkeit mit dem in Buch befindlichen Porträt, iſt
aber lieblicher und von gewinnenderem Ausdruck. Augen und Teint ſehr
ſchön. Die Gräfin trägt ein Morgenkoſtüm, eine Art Tüllſpenſer mit vie-
len krausgetollten Kragen. Durch die Fülle gelbgepuderten, krauſen Haares
zieht ſich ein ſchwarzes Sammtband. Das Porträt rührt von Frau
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/266>, abgerufen am 16.06.2024.
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