halb, weil die beiden Brüder ein eben so feines wie kühnes Spiel spielten -- glücklich genug, diese selbst und ihren nächsten Anhang auf ihre Seite zu ziehen. Burg Bötzow wurde nun abermals ge- stürmt, diesmal von den Märkern, und die gefangenen Pom- mern im Triumph nach Berlin geführt; eine Quitzow'sche Be- satzung aber (keine kurfürstliche) ward in die Burg gelegt.
Von da ab, auf fast zehn Jahre hin, blieb Bötzow eine Quitzow'sche Burg, bis zum endlichen Untergang der Familie. In dieser Zeit wird die Burg vielfach genannt. Nach Burg Bötzow war es, wohin die Quitzows den Herzog Johann von Mecklenburg- Stargard (1407) als Gefangenen abführten, nachdem er zuvor in ihrer Burg Plaue gesessen hatte; in denselben Thurm setzten sie 14 Monate später den Berliner Rathsherrn Nicolaus Wins, den sie, mit andern Berliner Bürgern, bei der Tegeler Mühle (3. September 1410) geschlagen hatten, und noch 1414, als der Stern des Hauses bereits im Niedergange stand, geschah es, daß ihr Hauptmann, Werner von Holzendorff, dem sie die Vertheidi- gung der Burg anvertraut hatten, den Boten Kurfürst Friedrichs I. (der die Aufforderung zur Uebergabe brachte) in den Thurm wer- fen und mit Ruthen streichen ließ. Aber das war das letzte Auf- flackern; das kecke, kriegerische Leben hier ging seinem Ende rasch entgegen. Klugheit und Politik traten an die Stelle der Sturm- leitern, und ohne Schwertstreich hielten alsbald die Hohenzollern ihren Einzug. An die Zeit der Quitzows aber erinnert der "Quitzen- (Quitzow-) Steig," der bei dem nahe gelegenen Havelhausen vor- beiführt.
Von da ab ist die Geschichte Burg Bötzows stumm; Ver- pfändungen und Einlösungen folgten einander, bis endlich um 1550 die Burg selbst verschwindet und ein "Jagdhaus" an seine Stelle tritt. Aber auch über diesem Jagdhaus liegen Dunkel und Schweigen. Wir irren wohl nicht, wenn wir uns einen Bau mit Eckthürmen und gothischem Dache denken; *) aber kein Bild des
*) Dagegen spräche nur, daß es in der Lebensbeschreibung des be- rühmten Grafen Rochus v. Lynar heißt: "Zu gleicher Zeit (etwa 1578
halb, weil die beiden Brüder ein eben ſo feines wie kühnes Spiel ſpielten — glücklich genug, dieſe ſelbſt und ihren nächſten Anhang auf ihre Seite zu ziehen. Burg Bötzow wurde nun abermals ge- ſtürmt, diesmal von den Märkern, und die gefangenen Pom- mern im Triumph nach Berlin geführt; eine Quitzow’ſche Be- ſatzung aber (keine kurfürſtliche) ward in die Burg gelegt.
Von da ab, auf faſt zehn Jahre hin, blieb Bötzow eine Quitzow’ſche Burg, bis zum endlichen Untergang der Familie. In dieſer Zeit wird die Burg vielfach genannt. Nach Burg Bötzow war es, wohin die Quitzows den Herzog Johann von Mecklenburg- Stargard (1407) als Gefangenen abführten, nachdem er zuvor in ihrer Burg Plaue geſeſſen hatte; in denſelben Thurm ſetzten ſie 14 Monate ſpäter den Berliner Rathsherrn Nicolaus Wins, den ſie, mit andern Berliner Bürgern, bei der Tegeler Mühle (3. September 1410) geſchlagen hatten, und noch 1414, als der Stern des Hauſes bereits im Niedergange ſtand, geſchah es, daß ihr Hauptmann, Werner von Holzendorff, dem ſie die Vertheidi- gung der Burg anvertraut hatten, den Boten Kurfürſt Friedrichs I. (der die Aufforderung zur Uebergabe brachte) in den Thurm wer- fen und mit Ruthen ſtreichen ließ. Aber das war das letzte Auf- flackern; das kecke, kriegeriſche Leben hier ging ſeinem Ende raſch entgegen. Klugheit und Politik traten an die Stelle der Sturm- leitern, und ohne Schwertſtreich hielten alsbald die Hohenzollern ihren Einzug. An die Zeit der Quitzows aber erinnert der „Quitzen- (Quitzow-) Steig,“ der bei dem nahe gelegenen Havelhauſen vor- beiführt.
Von da ab iſt die Geſchichte Burg Bötzows ſtumm; Ver- pfändungen und Einlöſungen folgten einander, bis endlich um 1550 die Burg ſelbſt verſchwindet und ein „Jagdhaus“ an ſeine Stelle tritt. Aber auch über dieſem Jagdhaus liegen Dunkel und Schweigen. Wir irren wohl nicht, wenn wir uns einen Bau mit Eckthürmen und gothiſchem Dache denken; *) aber kein Bild des
*) Dagegen ſpräche nur, daß es in der Lebensbeſchreibung des be- rühmten Grafen Rochus v. Lynar heißt: „Zu gleicher Zeit (etwa 1578
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halb, weil die beiden Brüder ein eben ſo feines wie kühnes Spiel
ſpielten — glücklich genug, dieſe ſelbſt und ihren nächſten Anhang
auf ihre Seite zu ziehen. Burg Bötzow wurde nun abermals ge-
ſtürmt, diesmal von den Märkern, und die gefangenen Pom-
mern im Triumph nach Berlin geführt; eine Quitzow’ſche Be-
ſatzung aber (keine kurfürſtliche) ward in die Burg gelegt.
Von da ab, auf faſt zehn Jahre hin, blieb Bötzow eine
Quitzow’ſche Burg, bis zum endlichen Untergang der Familie. In
dieſer Zeit wird die Burg vielfach genannt. Nach Burg Bötzow
war es, wohin die Quitzows den Herzog Johann von Mecklenburg-
Stargard (1407) als Gefangenen abführten, nachdem er zuvor in
ihrer Burg Plaue geſeſſen hatte; in denſelben Thurm ſetzten ſie
14 Monate ſpäter den Berliner Rathsherrn Nicolaus Wins, den
ſie, mit andern Berliner Bürgern, bei der Tegeler Mühle
(3. September 1410) geſchlagen hatten, und noch 1414, als der
Stern des Hauſes bereits im Niedergange ſtand, geſchah es, daß
ihr Hauptmann, Werner von Holzendorff, dem ſie die Vertheidi-
gung der Burg anvertraut hatten, den Boten Kurfürſt Friedrichs I.
(der die Aufforderung zur Uebergabe brachte) in den Thurm wer-
fen und mit Ruthen ſtreichen ließ. Aber das war das letzte Auf-
flackern; das kecke, kriegeriſche Leben hier ging ſeinem Ende raſch
entgegen. Klugheit und Politik traten an die Stelle der Sturm-
leitern, und ohne Schwertſtreich hielten alsbald die Hohenzollern
ihren Einzug. An die Zeit der Quitzows aber erinnert der „Quitzen-
(Quitzow-) Steig,“ der bei dem nahe gelegenen Havelhauſen vor-
beiführt.
Von da ab iſt die Geſchichte Burg Bötzows ſtumm; Ver-
pfändungen und Einlöſungen folgten einander, bis endlich um
1550 die Burg ſelbſt verſchwindet und ein „Jagdhaus“ an ſeine
Stelle tritt. Aber auch über dieſem Jagdhaus liegen Dunkel und
Schweigen. Wir irren wohl nicht, wenn wir uns einen Bau mit
Eckthürmen und gothiſchem Dache denken; *) aber kein Bild des
*) Dagegen ſpräche nur, daß es in der Lebensbeſchreibung des be-
rühmten Grafen Rochus v. Lynar heißt: „Zu gleicher Zeit (etwa 1578
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/228>, abgerufen am 25.11.2024.
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