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Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

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Ordre, deren Wortlaut sich hier der Möglichkeit der Mittheilung
entzieht. Der Prinz, der, bei aller Zuneigung zu seinem Günstling,
doch andererseits genugsam unter der Ungebildetheit und Eitelkeit
desselben gelitten haben mochte, gehorchte um so lieber, als die
freundschaftliche Entfernung Kaphengsts, die nun erfolgte, dem be-
stehenden Verhältniß das Drückende unausgesetzten Verkehrs nahm,
ohne doch das Verhältniß selbst völlig zu lösen. Der Prinz fügte
den 10,000 Stück Friedrichsd'ors seines Bruders aus eignen Mit-
teln noch ohngefähr dieselbe Summe hinzu und kaufte dafür, also
unter Anzahlung von circa 100,000 Thalern, einen drei Meilen
von Rheinsberg gelegenen Güter-Complex (die Rittergüter
Meseberg, Baumgarten, Schönermark und Rauschendorff), deren
Kaufcontract er bald darauf dem Major v. Kaphengst als ein
Geschenk überreichte.

Kaphengst übersiedelte nunmehr nach dem am Huvenow-See
gelegenen Schloß zu Meseberg, aber diese Entfernung vom Rheins-
berger Hofe ging, wie schon angedeutet, keineswegs mit einer Ent-
fremdung Hand in Hand, und Besuche hüben und drüben unter-
hielten das gute Einvernehmen, das aus den Trennungen eher
Reiz und Nahrung empfing, als allmählich zur Erkaltung führte.
Aller klar zu Tage liegenden Schwächen und Schattenseiten des
Günstlings ungeachtet, mußte ein Etwas um und an ihm sein,
das den alternden Prinzen, wenn nicht sympathisch berührte, so
doch mit einem gewissen Wohlgefallen erfüllte. Vielleicht war es
das Derbe, um nicht zu sagen das Rohe und Gemeine, das so
oft um der ihm innewohnenden Natürlichkeit willen, ein Inter-
esse, einen Reiz bei denen weckt, denen Beruf und sonstige Neigung
die Richtung auf das geistig Verfeinerte geben. Es ist der Zauber
des Contrastes oder ein Sichschadloshalten für empfundenen Zwang.

Nur so vermögen wir uns die Fortdauer des Verhältnisses
zwischen Prinz und Günstling zu erklären; denn, wenn die Eitel-
keit und Habsucht des letztern schon am Rheinsberger Hofe ihre
Proben abgelegt hatten, so verschwand das alles, die ganze Wüst-
heit seines früheren Lebens, gegen das, was nun in Schloß

Ordre, deren Wortlaut ſich hier der Möglichkeit der Mittheilung
entzieht. Der Prinz, der, bei aller Zuneigung zu ſeinem Günſtling,
doch andererſeits genugſam unter der Ungebildetheit und Eitelkeit
deſſelben gelitten haben mochte, gehorchte um ſo lieber, als die
freundſchaftliche Entfernung Kaphengſts, die nun erfolgte, dem be-
ſtehenden Verhältniß das Drückende unausgeſetzten Verkehrs nahm,
ohne doch das Verhältniß ſelbſt völlig zu löſen. Der Prinz fügte
den 10,000 Stück Friedrichsd’ors ſeines Bruders aus eignen Mit-
teln noch ohngefähr dieſelbe Summe hinzu und kaufte dafür, alſo
unter Anzahlung von circa 100,000 Thalern, einen drei Meilen
von Rheinsberg gelegenen Güter-Complex (die Rittergüter
Meſeberg, Baumgarten, Schönermark und Rauſchendorff), deren
Kaufcontract er bald darauf dem Major v. Kaphengſt als ein
Geſchenk überreichte.

Kaphengſt überſiedelte nunmehr nach dem am Huvenow-See
gelegenen Schloß zu Meſeberg, aber dieſe Entfernung vom Rheins-
berger Hofe ging, wie ſchon angedeutet, keineswegs mit einer Ent-
fremdung Hand in Hand, und Beſuche hüben und drüben unter-
hielten das gute Einvernehmen, das aus den Trennungen eher
Reiz und Nahrung empfing, als allmählich zur Erkaltung führte.
Aller klar zu Tage liegenden Schwächen und Schattenſeiten des
Günſtlings ungeachtet, mußte ein Etwas um und an ihm ſein,
das den alternden Prinzen, wenn nicht ſympathiſch berührte, ſo
doch mit einem gewiſſen Wohlgefallen erfüllte. Vielleicht war es
das Derbe, um nicht zu ſagen das Rohe und Gemeine, das ſo
oft um der ihm innewohnenden Natürlichkeit willen, ein Inter-
eſſe, einen Reiz bei denen weckt, denen Beruf und ſonſtige Neigung
die Richtung auf das geiſtig Verfeinerte geben. Es iſt der Zauber
des Contraſtes oder ein Sichſchadloshalten für empfundenen Zwang.

Nur ſo vermögen wir uns die Fortdauer des Verhältniſſes
zwiſchen Prinz und Günſtling zu erklären; denn, wenn die Eitel-
keit und Habſucht des letztern ſchon am Rheinsberger Hofe ihre
Proben abgelegt hatten, ſo verſchwand das alles, die ganze Wüſt-
heit ſeines früheren Lebens, gegen das, was nun in Schloß

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[127/0145] Ordre, deren Wortlaut ſich hier der Möglichkeit der Mittheilung entzieht. Der Prinz, der, bei aller Zuneigung zu ſeinem Günſtling, doch andererſeits genugſam unter der Ungebildetheit und Eitelkeit deſſelben gelitten haben mochte, gehorchte um ſo lieber, als die freundſchaftliche Entfernung Kaphengſts, die nun erfolgte, dem be- ſtehenden Verhältniß das Drückende unausgeſetzten Verkehrs nahm, ohne doch das Verhältniß ſelbſt völlig zu löſen. Der Prinz fügte den 10,000 Stück Friedrichsd’ors ſeines Bruders aus eignen Mit- teln noch ohngefähr dieſelbe Summe hinzu und kaufte dafür, alſo unter Anzahlung von circa 100,000 Thalern, einen drei Meilen von Rheinsberg gelegenen Güter-Complex (die Rittergüter Meſeberg, Baumgarten, Schönermark und Rauſchendorff), deren Kaufcontract er bald darauf dem Major v. Kaphengſt als ein Geſchenk überreichte. Kaphengſt überſiedelte nunmehr nach dem am Huvenow-See gelegenen Schloß zu Meſeberg, aber dieſe Entfernung vom Rheins- berger Hofe ging, wie ſchon angedeutet, keineswegs mit einer Ent- fremdung Hand in Hand, und Beſuche hüben und drüben unter- hielten das gute Einvernehmen, das aus den Trennungen eher Reiz und Nahrung empfing, als allmählich zur Erkaltung führte. Aller klar zu Tage liegenden Schwächen und Schattenſeiten des Günſtlings ungeachtet, mußte ein Etwas um und an ihm ſein, das den alternden Prinzen, wenn nicht ſympathiſch berührte, ſo doch mit einem gewiſſen Wohlgefallen erfüllte. Vielleicht war es das Derbe, um nicht zu ſagen das Rohe und Gemeine, das ſo oft um der ihm innewohnenden Natürlichkeit willen, ein Inter- eſſe, einen Reiz bei denen weckt, denen Beruf und ſonſtige Neigung die Richtung auf das geiſtig Verfeinerte geben. Es iſt der Zauber des Contraſtes oder ein Sichſchadloshalten für empfundenen Zwang. Nur ſo vermögen wir uns die Fortdauer des Verhältniſſes zwiſchen Prinz und Günſtling zu erklären; denn, wenn die Eitel- keit und Habſucht des letztern ſchon am Rheinsberger Hofe ihre Proben abgelegt hatten, ſo verſchwand das alles, die ganze Wüſt- heit ſeines früheren Lebens, gegen das, was nun in Schloß

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/145>, abgerufen am 24.11.2024.