schlüsse von damals blieben unvergessen. Ich bin die Heimath durchzogen und ich habe sie reicher gefunden, als ich zu hoffen gewagt hatte. Jeder Fußbreit Erde belebte sich und gab Ge- stalten heraus, und wenn meine Schilderungen unbefriedigt lassen, so werd' ich der Entschuldigung entbehren müssen, daß es eine Armuth war, die ich aufzuputzen oder zu vergolden hatte. Eine Fülle, ein Reichthum sind mir entgegen getreten, denen gegenüber ich die bestimmte Empfindung habe, ihrer niemals, auch nur annähernd, Herr werden zu können; denn das immerhin Umfangreiche, das ich in Nachstehendem biete, ist auf wenig Meilen eingesammelt: am Ruppiner See und vor den Thoren Berlins. Und sorglos hab' ich es gesammelt, nicht wie einer, der mit der Sichel zur Erndte geht, sondern wie ein Spaziergänger, der einzelne Aehren aus dem reichen Felde zieht.
Es ist ein Buntes, Mannigfaches, das ich zusammen- gestellt habe: Landschaftliches und Historisches, Sitten- und Charakterschilderung, -- und verschieden wie die Dinge, so verschieden ist auch die Behandlung, die sie gefunden. Aber wie abweichend in Form und Inhalt die einzelnen Kapitel von einander sein mögen, darin sind sie sich gleich, daß sie aus Liebe und Anhänglichkeit an die Heimath geboren wur- den. Möchten sie auch in Andern jene Empfindungen wecken, von denen ich am eignen Herzen erfahren habe, daß sie ein Glück, ein Trost und die Quelle echtester Freuden sind.
Th. F.
ſchlüſſe von damals blieben unvergeſſen. Ich bin die Heimath durchzogen und ich habe ſie reicher gefunden, als ich zu hoffen gewagt hatte. Jeder Fußbreit Erde belebte ſich und gab Ge- ſtalten heraus, und wenn meine Schilderungen unbefriedigt laſſen, ſo werd’ ich der Entſchuldigung entbehren müſſen, daß es eine Armuth war, die ich aufzuputzen oder zu vergolden hatte. Eine Fülle, ein Reichthum ſind mir entgegen getreten, denen gegenüber ich die beſtimmte Empfindung habe, ihrer niemals, auch nur annähernd, Herr werden zu können; denn das immerhin Umfangreiche, das ich in Nachſtehendem biete, iſt auf wenig Meilen eingeſammelt: am Ruppiner See und vor den Thoren Berlins. Und ſorglos hab’ ich es geſammelt, nicht wie einer, der mit der Sichel zur Erndte geht, ſondern wie ein Spaziergänger, der einzelne Aehren aus dem reichen Felde zieht.
Es iſt ein Buntes, Mannigfaches, das ich zuſammen- geſtellt habe: Landſchaftliches und Hiſtoriſches, Sitten- und Charakterſchilderung, — und verſchieden wie die Dinge, ſo verſchieden iſt auch die Behandlung, die ſie gefunden. Aber wie abweichend in Form und Inhalt die einzelnen Kapitel von einander ſein mögen, darin ſind ſie ſich gleich, daß ſie aus Liebe und Anhänglichkeit an die Heimath geboren wur- den. Möchten ſie auch in Andern jene Empfindungen wecken, von denen ich am eignen Herzen erfahren habe, daß ſie ein Glück, ein Troſt und die Quelle echteſter Freuden ſind.
Th. F.
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[VIII/0014]
ſchlüſſe von damals blieben unvergeſſen. Ich bin die Heimath
durchzogen und ich habe ſie reicher gefunden, als ich zu hoffen
gewagt hatte. Jeder Fußbreit Erde belebte ſich und gab Ge-
ſtalten heraus, und wenn meine Schilderungen unbefriedigt
laſſen, ſo werd’ ich der Entſchuldigung entbehren müſſen, daß
es eine Armuth war, die ich aufzuputzen oder zu vergolden
hatte. Eine Fülle, ein Reichthum ſind mir entgegen getreten,
denen gegenüber ich die beſtimmte Empfindung habe, ihrer
niemals, auch nur annähernd, Herr werden zu können; denn
das immerhin Umfangreiche, das ich in Nachſtehendem biete,
iſt auf wenig Meilen eingeſammelt: am Ruppiner See und
vor den Thoren Berlins. Und ſorglos hab’ ich es geſammelt,
nicht wie einer, der mit der Sichel zur Erndte geht, ſondern
wie ein Spaziergänger, der einzelne Aehren aus dem reichen
Felde zieht.
Es iſt ein Buntes, Mannigfaches, das ich zuſammen-
geſtellt habe: Landſchaftliches und Hiſtoriſches, Sitten- und
Charakterſchilderung, — und verſchieden wie die Dinge, ſo
verſchieden iſt auch die Behandlung, die ſie gefunden. Aber
wie abweichend in Form und Inhalt die einzelnen Kapitel
von einander ſein mögen, darin ſind ſie ſich gleich, daß ſie
aus Liebe und Anhänglichkeit an die Heimath geboren wur-
den. Möchten ſie auch in Andern jene Empfindungen wecken,
von denen ich am eignen Herzen erfahren habe, daß ſie ein
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Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]
Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Fortsetzungen in der Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung 1859 bzw. im Morgenblatt für gebildete Leser (zwischen 1860 und 1864). Als Buchausgabe erschien der erste Band "Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow" 1862 bei W. Hertz in Berlin. In der Folge wurde der Text von Fontane mehrfach überarbeitet und erweitert. Für das DTA wurde die erste Auflage der Buchausgabe digitalisiert.
Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/14>, abgerufen am 31.01.2025.
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