Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

blicken mit Harnisch und Halskrause und mit ernst verwunderten
Gesichtern zu dem Kachelofen hinüber, an dem sie mit Mühe den
Namen Pitschner entziffern. Zum Glück verstehen sie nicht franzö-
sisch, sie würden sonst noch ernsthafter dreinschauen.

Wir treten nun in die Kirche selbst. Sie ist vor Kurzem
restaurirt worden und gewährt einen freundlichen Anblick. Die
Hauptsehenswürdigkeit, die auch sogleich das Auge des Eintretenden
auf sich zieht, ist das große Achim v. Bredow'sche Grabmonument
(links neben dem Altar), desselben Achim v. Bredow, der im
Jahr 1568 die Kirche erneute und erweiterte. Es ist ein Denkmal
von ganz ungewöhnlichen Dimensionen, das bei wenigstens 10 Fuß
Breite gewiß die doppelte Höhe hat. Es beginnt über der Holz-
einfassung des Chorstuhls und reicht fast bis zur Decke der Kirche
hinauf. Das Monument, das eben so sehr für den Reichthum und
kirchlichen Sinn der Familie, wie für die Kunstfertigkeit des Stein-
metzen spricht, der es hergestellt hat, besteht aus vier klar geglie-
derten Theilen. Zuoberst das Bredow'sche Wappen, an beiden
Seiten von allegorischen Figuren eingefaßt; darunter zwei Basreliefs:
links die Auswerfung des Jonas aus dem Wallfischbauch, rechts
die Auferstehung Christi; darunter in Lebensgröße die Bildnisse
Achim von Bredow's und seiner Gemahlin, einer gebornen Anna
von Arnim; und endlich viertens unter diesen beiden Bildnissen
folgende Inschrift:

O frommer Christ, urtheile mild
Der Du anschauest dieses Bild.
Fragst Du, wer ich sei im Grab?
Gewesen bin ich und Itzt ab;
Verfolgung, Sorge, Kreuz ohn' Zahl
Die mir begegnet überall
Ich ritterlich ubwunden hab'
Und ruhe nun in meinem Grab.
Auch mit Geduld der Welt Bosheit
Hab' ich ertragen allezeit,
Nach Gottes Willen, welcher ist
Der allerbest zu jeder Frist --
Gelobt seyst Du, Herr Jesu Christ.

blicken mit Harniſch und Halskrauſe und mit ernſt verwunderten
Geſichtern zu dem Kachelofen hinüber, an dem ſie mit Mühe den
Namen Pitſchner entziffern. Zum Glück verſtehen ſie nicht franzö-
ſiſch, ſie würden ſonſt noch ernſthafter dreinſchauen.

Wir treten nun in die Kirche ſelbſt. Sie iſt vor Kurzem
reſtaurirt worden und gewährt einen freundlichen Anblick. Die
Hauptſehenswürdigkeit, die auch ſogleich das Auge des Eintretenden
auf ſich zieht, iſt das große Achim v. Bredow’ſche Grabmonument
(links neben dem Altar), deſſelben Achim v. Bredow, der im
Jahr 1568 die Kirche erneute und erweiterte. Es iſt ein Denkmal
von ganz ungewöhnlichen Dimenſionen, das bei wenigſtens 10 Fuß
Breite gewiß die doppelte Höhe hat. Es beginnt über der Holz-
einfaſſung des Chorſtuhls und reicht faſt bis zur Decke der Kirche
hinauf. Das Monument, das eben ſo ſehr für den Reichthum und
kirchlichen Sinn der Familie, wie für die Kunſtfertigkeit des Stein-
metzen ſpricht, der es hergeſtellt hat, beſteht aus vier klar geglie-
derten Theilen. Zuoberſt das Bredow’ſche Wappen, an beiden
Seiten von allegoriſchen Figuren eingefaßt; darunter zwei Basreliefs:
links die Auswerfung des Jonas aus dem Wallfiſchbauch, rechts
die Auferſtehung Chriſti; darunter in Lebensgröße die Bildniſſe
Achim von Bredow’s und ſeiner Gemahlin, einer gebornen Anna
von Arnim; und endlich viertens unter dieſen beiden Bildniſſen
folgende Inſchrift:

O frommer Chriſt, urtheile mild
Der Du anſchaueſt dieſes Bild.
Fragſt Du, wer ich ſei im Grab?
Geweſen bin ich und Itzt ab;
Verfolgung, Sorge, Kreuz ohn’ Zahl
Die mir begegnet überall
Ich ritterlich ubwunden hab’
Und ruhe nun in meinem Grab.
Auch mit Geduld der Welt Bosheit
Hab’ ich ertragen allezeit,
Nach Gottes Willen, welcher iſt
Der allerbeſt zu jeder Friſt —
Gelobt ſeyſt Du, Herr Jeſu Chriſt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0103" n="85"/>
blicken mit Harni&#x017F;ch und Halskrau&#x017F;e und mit ern&#x017F;t verwunderten<lb/>
Ge&#x017F;ichtern zu dem Kachelofen hinüber, an dem &#x017F;ie mit Mühe den<lb/>
Namen Pit&#x017F;chner entziffern. Zum Glück ver&#x017F;tehen &#x017F;ie nicht franzö-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;ch, &#x017F;ie würden &#x017F;on&#x017F;t noch ern&#x017F;thafter drein&#x017F;chauen.</p><lb/>
            <p>Wir treten nun in die Kirche &#x017F;elb&#x017F;t. Sie i&#x017F;t vor Kurzem<lb/>
re&#x017F;taurirt worden und gewährt einen freundlichen Anblick. Die<lb/>
Haupt&#x017F;ehenswürdigkeit, die auch &#x017F;ogleich das Auge des Eintretenden<lb/>
auf &#x017F;ich zieht, i&#x017F;t das große Achim v. Bredow&#x2019;&#x017F;che Grabmonument<lb/>
(links neben dem Altar), de&#x017F;&#x017F;elben Achim v. Bredow, der im<lb/>
Jahr 1568 die Kirche erneute und erweiterte. Es i&#x017F;t ein Denkmal<lb/>
von ganz ungewöhnlichen Dimen&#x017F;ionen, das bei wenig&#x017F;tens 10 Fuß<lb/>
Breite gewiß die doppelte Höhe hat. Es beginnt über der Holz-<lb/>
einfa&#x017F;&#x017F;ung des Chor&#x017F;tuhls und reicht fa&#x017F;t bis zur Decke der Kirche<lb/>
hinauf. Das Monument, das eben &#x017F;o &#x017F;ehr für den Reichthum und<lb/>
kirchlichen Sinn der Familie, wie für die Kun&#x017F;tfertigkeit des Stein-<lb/>
metzen &#x017F;pricht, der es herge&#x017F;tellt hat, be&#x017F;teht aus vier klar geglie-<lb/>
derten Theilen. Zuober&#x017F;t das Bredow&#x2019;&#x017F;che Wappen, an beiden<lb/>
Seiten von allegori&#x017F;chen Figuren eingefaßt; darunter zwei Basreliefs:<lb/>
links die Auswerfung des Jonas aus dem Wallfi&#x017F;chbauch, rechts<lb/>
die Aufer&#x017F;tehung Chri&#x017F;ti; darunter in Lebensgröße die Bildni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Achim von Bredow&#x2019;s und &#x017F;einer Gemahlin, einer gebornen Anna<lb/>
von Arnim; und endlich viertens unter die&#x017F;en beiden Bildni&#x017F;&#x017F;en<lb/>
folgende In&#x017F;chrift:</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>O frommer Chri&#x017F;t, urtheile mild</l><lb/>
              <l>Der Du an&#x017F;chaue&#x017F;t die&#x017F;es Bild.</l><lb/>
              <l>Frag&#x017F;t Du, wer ich &#x017F;ei im Grab?</l><lb/>
              <l><hi rendition="#g">Gewe&#x017F;en</hi> bin ich und Itzt <hi rendition="#g">ab</hi>;</l><lb/>
              <l>Verfolgung, Sorge, Kreuz ohn&#x2019; Zahl</l><lb/>
              <l>Die mir begegnet überall</l><lb/>
              <l>Ich ritterlich ubwunden hab&#x2019;</l><lb/>
              <l>Und ruhe nun in meinem Grab.</l><lb/>
              <l>Auch mit Geduld der Welt Bosheit</l><lb/>
              <l>Hab&#x2019; ich ertragen allezeit,</l><lb/>
              <l>Nach Gottes Willen, welcher i&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Der allerbe&#x017F;t zu jeder Fri&#x017F;t &#x2014;</l><lb/>
              <l>Gelobt &#x017F;ey&#x017F;t Du, Herr Je&#x017F;u Chri&#x017F;t.</l>
            </lg><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0103] blicken mit Harniſch und Halskrauſe und mit ernſt verwunderten Geſichtern zu dem Kachelofen hinüber, an dem ſie mit Mühe den Namen Pitſchner entziffern. Zum Glück verſtehen ſie nicht franzö- ſiſch, ſie würden ſonſt noch ernſthafter dreinſchauen. Wir treten nun in die Kirche ſelbſt. Sie iſt vor Kurzem reſtaurirt worden und gewährt einen freundlichen Anblick. Die Hauptſehenswürdigkeit, die auch ſogleich das Auge des Eintretenden auf ſich zieht, iſt das große Achim v. Bredow’ſche Grabmonument (links neben dem Altar), deſſelben Achim v. Bredow, der im Jahr 1568 die Kirche erneute und erweiterte. Es iſt ein Denkmal von ganz ungewöhnlichen Dimenſionen, das bei wenigſtens 10 Fuß Breite gewiß die doppelte Höhe hat. Es beginnt über der Holz- einfaſſung des Chorſtuhls und reicht faſt bis zur Decke der Kirche hinauf. Das Monument, das eben ſo ſehr für den Reichthum und kirchlichen Sinn der Familie, wie für die Kunſtfertigkeit des Stein- metzen ſpricht, der es hergeſtellt hat, beſteht aus vier klar geglie- derten Theilen. Zuoberſt das Bredow’ſche Wappen, an beiden Seiten von allegoriſchen Figuren eingefaßt; darunter zwei Basreliefs: links die Auswerfung des Jonas aus dem Wallfiſchbauch, rechts die Auferſtehung Chriſti; darunter in Lebensgröße die Bildniſſe Achim von Bredow’s und ſeiner Gemahlin, einer gebornen Anna von Arnim; und endlich viertens unter dieſen beiden Bildniſſen folgende Inſchrift: O frommer Chriſt, urtheile mild Der Du anſchaueſt dieſes Bild. Fragſt Du, wer ich ſei im Grab? Geweſen bin ich und Itzt ab; Verfolgung, Sorge, Kreuz ohn’ Zahl Die mir begegnet überall Ich ritterlich ubwunden hab’ Und ruhe nun in meinem Grab. Auch mit Geduld der Welt Bosheit Hab’ ich ertragen allezeit, Nach Gottes Willen, welcher iſt Der allerbeſt zu jeder Friſt — Gelobt ſeyſt Du, Herr Jeſu Chriſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Fontanes "Wanderungen" erschienen zuerst in Forts… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/103
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. [Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. Der Barnim. Der Teltow]. Berlin, 1862, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_brandenburg01_1862/103>, abgerufen am 24.11.2024.