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Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

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Poetischer Wälder
Dein Leben hat hernach/ wird dir ein Leben seyn/
Das nichts als Todt doch ist in ungeendter Pein.
Und wer es nur ein Todt. Wo wird doch Minos finden
Gnung Straffen nur für dich? Man wird dich müssen
binden/
Wo Tityus muß seyn/ und wo seyn Geyer ist/
Der dir die falsche Zung' und ihm die Leber frisst.
Jxion freuet sich/ daß du wirst sein Geselle
An seinen Schlangenrad'. Es muß die gantze Helle
Dir eine Helle seyn. Styxt speyet Pech auff dich/
Cocytus brennend Hartz und Schweffel grimmiglich.
Nun greifft man JEsus an; Jetzt führt man ihn gefangen
Für Cayphas Gericht'/ allda die zarten Wangen
Den Backenstreich gefühlt. Der wird deß Hannas Spiel/
Der uns vom ewigen Gespötte freyen wil.
Die Königliche Hand muß Rohr für Scepter führen.
Die Cron' ist Dornen Reiß. Der Purpur muß ihn zieren/
Doch nur zu Spott' und Schmach. Man beugt für
dem die Knie/
Man grüsset König den/ den man geehret nie.
Er wird der Knechte Spott/ der uns zu Herren machet.
Der ietzt in höchster Angst/ wird noch darzu verlachet.
Von Koth' und Speichel fleust das heilig' Angesicht.
Von Dornen schmertzt das Häupt; die Haut von Geis-
seln bricht.
Seht/ welch ein Mensch ist dz! geht/ fragt/ ob man auch finde
Ein' Angst die dieser gleicht. Er ist/ als für uns stünde
Sein Schatten/ und nicht Er. Wie macht ihn doch so naß/
Der wüst und Schmertzen Schweiß. Seht welch ein
Mensch ist das!
Seht/ welch ein Mensch ist das! so ihr noch könt erkennen/
Daß er nicht sey vielmehr ein Wurm/ als Mensch/ zu nennen.
Wie elend ist er doch/ wie kranck! wie matt! wie blaß!
Wie wund! wie zugericht! Seht welch ein Mensch ist dz!
Der Leib ist Beulen voll. Geliefert Blut und Eiter
Rünnt häuffig von jhm weg. Die Wunden brechen weiter.
Die
Poetiſcher Waͤlder
Dein Leben hat hernach/ wird dir ein Leben ſeyn/
Das nichts als Todt doch iſt in ungeendter Pein.
Und wer es nur ein Todt. Wo wird doch Minos finden
Gnung Straffen nur fuͤr dich? Man wird dich muͤſſen
binden/
Wo Tityus muß ſeyn/ und wo ſeyn Geyer iſt/
Der dir die falſche Zung’ und ihm die Leber friſſt.
Jxion freuet ſich/ daß du wirſt ſein Geſelle
An ſeinen Schlangenrad’. Es muß die gantze Helle
Dir eine Helle ſeyn. Styxt ſpeyet Pech auff dich/
Cocytus brennend Hartz und Schweffel grimmiglich.
Nun greifft man JEſus an; Jetzt fuͤhrt man ihn gefangen
Fuͤr Cayphas Gericht’/ allda die zarten Wangen
Den Backenſtreich gefuͤhlt. Der wird deß Hañas Spiel/
Der uns vom ewigen Geſpoͤtte freyen wil.
Die Koͤnigliche Hand muß Rohr fuͤr Scepter fuͤhren.
Die Cron’ iſt Dornen Reiß. Der Purpur muß ihn zieren/
Doch nur zu Spott’ und Schmach. Man beugt fuͤr
dem die Knie/
Man gruͤſſet Koͤnig den/ den man geehret nie.
Er wird der Knechte Spott/ der uns zu Herren machet.
Der ietzt in hoͤchſter Angſt/ wird noch darzu verlachet.
Von Koth’ und Speichel fleuſt das heilig’ Angeſicht.
Von Dornen ſchmertzt das Haͤupt; die Haut von Geiſ-
ſeln bricht.
Seht/ welch ein Menſch iſt dz! geht/ fragt/ ob man auch finde
Ein’ Angſt die dieſer gleicht. Er iſt/ als fuͤr uns ſtuͤnde
Sein Schatten/ uñ nicht Er. Wie macht ihn doch ſo naß/
Der wuͤſt und Schmertzen Schweiß. Seht welch ein
Menſch iſt das!
Seht/ welch ein Menſch iſt das! ſo ihr noch koͤnt erkennen/
Daß er nicht ſey vielmehr ein Wurm/ als Menſch/ zu neñen.
Wie elend iſt er doch/ wie kranck! wie matt! wie blaß!
Wie wund! wie zugericht! Seht welch ein Menſch iſt dz!
Der Leib iſt Beulen voll. Geliefert Blut und Eiter
Ruͤnnt haͤuffig von jhm weg. Die Wunden brechen weiter.
Die
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[8/0028] Poetiſcher Waͤlder Dein Leben hat hernach/ wird dir ein Leben ſeyn/ Das nichts als Todt doch iſt in ungeendter Pein. Und wer es nur ein Todt. Wo wird doch Minos finden Gnung Straffen nur fuͤr dich? Man wird dich muͤſſen binden/ Wo Tityus muß ſeyn/ und wo ſeyn Geyer iſt/ Der dir die falſche Zung’ und ihm die Leber friſſt. Jxion freuet ſich/ daß du wirſt ſein Geſelle An ſeinen Schlangenrad’. Es muß die gantze Helle Dir eine Helle ſeyn. Styxt ſpeyet Pech auff dich/ Cocytus brennend Hartz und Schweffel grimmiglich. Nun greifft man JEſus an; Jetzt fuͤhrt man ihn gefangen Fuͤr Cayphas Gericht’/ allda die zarten Wangen Den Backenſtreich gefuͤhlt. Der wird deß Hañas Spiel/ Der uns vom ewigen Geſpoͤtte freyen wil. Die Koͤnigliche Hand muß Rohr fuͤr Scepter fuͤhren. Die Cron’ iſt Dornen Reiß. Der Purpur muß ihn zieren/ Doch nur zu Spott’ und Schmach. Man beugt fuͤr dem die Knie/ Man gruͤſſet Koͤnig den/ den man geehret nie. Er wird der Knechte Spott/ der uns zu Herren machet. Der ietzt in hoͤchſter Angſt/ wird noch darzu verlachet. Von Koth’ und Speichel fleuſt das heilig’ Angeſicht. Von Dornen ſchmertzt das Haͤupt; die Haut von Geiſ- ſeln bricht. Seht/ welch ein Menſch iſt dz! geht/ fragt/ ob man auch finde Ein’ Angſt die dieſer gleicht. Er iſt/ als fuͤr uns ſtuͤnde Sein Schatten/ uñ nicht Er. Wie macht ihn doch ſo naß/ Der wuͤſt und Schmertzen Schweiß. Seht welch ein Menſch iſt das! Seht/ welch ein Menſch iſt das! ſo ihr noch koͤnt erkennen/ Daß er nicht ſey vielmehr ein Wurm/ als Menſch/ zu neñen. Wie elend iſt er doch/ wie kranck! wie matt! wie blaß! Wie wund! wie zugericht! Seht welch ein Menſch iſt dz! Der Leib iſt Beulen voll. Geliefert Blut und Eiter Ruͤnnt haͤuffig von jhm weg. Die Wunden brechen weiter. Die

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Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/28>, abgerufen am 29.03.2024.