Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].

Bild:
<< vorherige Seite
Poetischer Wälder


Klag-Gedicht
Vom unschuldigen Leyden
CHRJSTJ.
AN diesem öden Ort/ dahin kein
Thier auch kömmet/
Den Sonn' und Mon nicht weiß. Da nie
kein Stern nicht glimmet:
Da nichts als flüchtige Narcissen ge-
gend sind.
Da stets gebücket geht der matte Hia-
cynth
An dieser stillen Bach. Da kein Silvanus springet.
Da keine Nachtigal sich in die Lufft erschwinget/
Und singt ihr liebes Lied. Da stette Demmerung
Mit Nebel ist vermengt/ doch stille Lufft genung:
Komm/ komm/ Melpomene/ mit deiner schwartzen Schaube/
Bekräntzet ümb das Haupt mit frischem Myrthenlaube/
Bring' Harff' und Seiten mitt'/ und setze dich zu mir
An den Cypressen Stock/ der für uns stehet hier.
Du/ meiner Thränen Lust/ die mir noch bleibt alleine/
Weil ich alleine bin; du weist/ von wem ichs meyne.
Setz' unser Werck hindan/ daß dein' und meine Zier
Zu guter letzte noch begehrt von dir und mir/
Als sie gab gute Nacht. Und selbte zu betauren
Gebührt uns ewig zwar. Doch laß uns mitte trauren
ümb den/ ümb den so thut der größre Theil der Welt/
Der ihm gleich ietzt das Grab und letzten Dienst bestellt.
Hier
Poetiſcher Waͤlder


Klag-Gedicht
Vom unſchuldigen Leyden
CHRJSTJ.
AN dieſem oͤden Ort/ dahin kein
Thier auch koͤmmet/
Den Sonn’ und Mon nicht weiß. Da nie
kein Stern nicht glimmet:
Da nichts als fluͤchtige Narciſſen ge-
gend ſind.
Da ſtets gebuͤcket geht der matte Hia-
cynth
An dieſer ſtillen Bach. Da kein Silvanus ſpringet.
Da keine Nachtigal ſich in die Lufft erſchwinget/
Und ſingt ihr liebes Lied. Da ſtette Demmerung
Mit Nebel iſt vermengt/ doch ſtille Lufft genung:
Komm/ komm/ Melpomene/ mit deineꝛ ſchwaꝛtzen Schaube/
Bekraͤntzet uͤmb das Haupt mit friſchem Myrthenlaube/
Bring’ Harff’ und Seiten mitt’/ und ſetze dich zu mir
An den Cypreſſen Stock/ der fuͤr uns ſtehet hier.
Du/ meiner Thraͤnen Luſt/ die mir noch bleibt alleine/
Weil ich alleine bin; du weiſt/ von wem ichs meyne.
Setz’ unſer Werck hindan/ daß dein’ und meine Zier
Zu guter letzte noch begehrt von dir und mir/
Als ſie gab gute Nacht. Und ſelbte zu betauren
Gebuͤhrt uns ewig zwar. Doch laß uns mitte trauren
uͤmb den/ uͤmb den ſo thut der groͤßre Theil der Welt/
Der ihm gleich ietzt das Grab und letzten Dienſt beſtellt.
Hier
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0022" n="2"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Poeti&#x017F;cher Wa&#x0364;lder</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <lg type="poem">
          <head> <hi rendition="#b">Klag-Gedicht<lb/>
Vom un&#x017F;chuldigen Leyden<lb/>
CHRJSTJ.</hi> </head><lb/>
          <l> <hi rendition="#in">A</hi> <hi rendition="#b">N die&#x017F;em o&#x0364;den Ort/ dahin kein</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">T</hi>hier auch ko&#x0364;mmet/</hi> </l><lb/>
          <l>Den Sonn&#x2019; und Mon nicht weiß. Da nie</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">kein Stern nicht glimmet:</hi> </l><lb/>
          <l>Da nichts als flu&#x0364;chtige Narci&#x017F;&#x017F;en ge-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">gend &#x017F;ind.</hi> </l><lb/>
          <l>Da &#x017F;tets gebu&#x0364;cket geht der matte Hia-</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">cynth</hi> </l><lb/>
          <l>An die&#x017F;er &#x017F;tillen Bach. Da kein Silvanus &#x017F;pringet.</l><lb/>
          <l>Da keine Nachtigal &#x017F;ich in die Lufft er&#x017F;chwinget/</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">U</hi>nd &#x017F;ingt ihr liebes Lied. Da &#x017F;tette Demmerung</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq">Mit Nebel i&#x017F;t vermengt/ doch &#x017F;tille Lufft genung:</hi> </l><lb/>
          <l>Komm/ komm/ Melpomene/ mit deine&#xA75B; &#x017F;chwa&#xA75B;tzen Schaube/</l><lb/>
          <l>Bekra&#x0364;ntzet u&#x0364;mb das Haupt mit fri&#x017F;chem Myrthenlaube/</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Bring&#x2019; Harff&#x2019; und Seiten mitt&#x2019;/ und &#x017F;etze dich zu mir</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">An den Cypre&#x017F;&#x017F;en Stock/ der fu&#x0364;r uns &#x017F;tehet hier.</hi> </l><lb/>
          <l>Du/ meiner <hi rendition="#fr">T</hi>hra&#x0364;nen Lu&#x017F;t/ die mir noch bleibt alleine/</l><lb/>
          <l>Weil ich alleine bin; du wei&#x017F;t/ von wem ichs meyne.</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Setz&#x2019; un&#x017F;er Werck hindan/ daß dein&#x2019; und meine <hi rendition="#fr">Z</hi>ier</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#fr">Z</hi>u guter letzte noch begehrt von dir und mir/</hi> </l><lb/>
          <l>Als &#x017F;ie gab gute Nacht. <hi rendition="#aq">U</hi>nd &#x017F;elbte zu betauren</l><lb/>
          <l>Gebu&#x0364;hrt uns ewig zwar. Doch laß uns mitte trauren</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">u&#x0364;mb den/ u&#x0364;mb den &#x017F;o thut der gro&#x0364;ßre <hi rendition="#fr">T</hi>heil der Welt/</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr">Der ihm gleich ietzt das Grab und letzten Dien&#x017F;t be&#x017F;tellt.</hi> </l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Hier</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0022] Poetiſcher Waͤlder Klag-Gedicht Vom unſchuldigen Leyden CHRJSTJ. AN dieſem oͤden Ort/ dahin kein Thier auch koͤmmet/ Den Sonn’ und Mon nicht weiß. Da nie kein Stern nicht glimmet: Da nichts als fluͤchtige Narciſſen ge- gend ſind. Da ſtets gebuͤcket geht der matte Hia- cynth An dieſer ſtillen Bach. Da kein Silvanus ſpringet. Da keine Nachtigal ſich in die Lufft erſchwinget/ Und ſingt ihr liebes Lied. Da ſtette Demmerung Mit Nebel iſt vermengt/ doch ſtille Lufft genung: Komm/ komm/ Melpomene/ mit deineꝛ ſchwaꝛtzen Schaube/ Bekraͤntzet uͤmb das Haupt mit friſchem Myrthenlaube/ Bring’ Harff’ und Seiten mitt’/ und ſetze dich zu mir An den Cypreſſen Stock/ der fuͤr uns ſtehet hier. Du/ meiner Thraͤnen Luſt/ die mir noch bleibt alleine/ Weil ich alleine bin; du weiſt/ von wem ichs meyne. Setz’ unſer Werck hindan/ daß dein’ und meine Zier Zu guter letzte noch begehrt von dir und mir/ Als ſie gab gute Nacht. Und ſelbte zu betauren Gebuͤhrt uns ewig zwar. Doch laß uns mitte trauren uͤmb den/ uͤmb den ſo thut der groͤßre Theil der Welt/ Der ihm gleich ietzt das Grab und letzten Dienſt beſtellt. Hier

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/22
Zitationshilfe: Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642], S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_poemata_1642/22>, abgerufen am 25.11.2024.