Fleming, Paul: Teütsche Poemata. Lübeck, [1642].Fünfftes Buch. Grab-schrifft JCh/ der ich klein' und jung von meiner Mutter kahm/Eines jungen Bähren/ der gehetzet worden war. Von welcher mich die Macht der strengen Bauren nahm/ Ward in der Stadt verkaufft; daselbsten mich zu üben/ was in der Dienstbarkeit für Freyheit wird getrieben. Für wilde ward ich zahm. Begriffe manche Kunst; doch thäte mir die Welt darfür gar kleine Gunst. Jch weiß von keiner Schuld/ als daß ich allzukühner erhascht hab'/ und verzehrt so manche schöne Hüner. Mein gantzes Leben war ein steter langer Tantz. Zu letzte kriegt' ich noch darvon den Märtrer Krantz. Sol euch nicht seyn/ wie mir/ ihr Brüder und ihr Schwestern So bleibet/ wie ihr sollt/ in euren wilden Nestern. Aus dem Pastor Fido. JHr blindes Volck/ so Euch denn dürstet soviel Schätze/ Geld und Gut zu haben/ Jn dem euch macht der liebe Geldsorg froh/ darein ein güldnes Aaß vergraben/ Welches schleicht ümm seine Grufft/ als ein Schatt' und blasse Lufft; Was könnt ihr lust an todter Schönheit haben. Reichthum/ Schätz/ und andre Güter haben keine gegen-Gunst; wahre Lebens volle Brunst die Gemühter sind Gemühter. Alles M
Fuͤnfftes Buch. Grab-ſchrifft JCh/ der ich klein’ und jung von meiner Mutter kahm/Eines jungen Baͤhren/ der gehetzet worden war. Von welcher mich die Macht der ſtrengen Bauren nahm/ Ward in der Stadt verkaufft; daſelbſten mich zu uͤben/ was in der Dienſtbarkeit fuͤr Freyheit wird getrieben. Fuͤr wilde ward ich zahm. Begriffe manche Kunſt; doch thaͤte mir die Welt darfuͤr gar kleine Gunſt. Jch weiß von keiner Schuld/ als daß ich allzukuͤhner erhaſcht hab’/ und verzehrt ſo manche ſchoͤne Huͤner. Mein gantzes Leben war ein ſteter langer Tantz. Zu letzte kriegt’ ich noch darvon den Maͤrtrer Krantz. Sol euch nicht ſeyn/ wie mir/ ihr Bruͤder und ihr Schweſtern So bleibet/ wie ihr ſollt/ in euren wilden Neſtern. Aus dem Paſtor Fido. JHr blindes Volck/ ſo Euch denn duͤrſtet ſoviel Schaͤtze/ Geld und Gut zu haben/ Jn dem euch macht der liebe Geldſorg froh/ darein ein guͤldnes Aaß vergraben/ Welches ſchleicht uͤmm ſeine Grufft/ als ein Schatt’ und blaſſe Lufft; Was koͤnnt ihr luſt an todter Schoͤnheit haben. Reichthum/ Schaͤtz/ und andre Guͤter haben keine gegen-Gunſt; wahre Lebens volle Brunſt die Gemuͤhter ſind Gemuͤhter. Alles M
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Fuͤnfftes Buch.
Grab-ſchrifft
Eines jungen Baͤhren/ der gehetzet
worden war.
JCh/ der ich klein’ und jung von meiner Mutter kahm/
Von welcher mich die Macht der ſtrengen Bauren
nahm/
Ward in der Stadt verkaufft; daſelbſten mich zu uͤben/
was in der Dienſtbarkeit fuͤr Freyheit wird getrieben.
Fuͤr wilde ward ich zahm. Begriffe manche Kunſt;
doch thaͤte mir die Welt darfuͤr gar kleine Gunſt.
Jch weiß von keiner Schuld/ als daß ich allzukuͤhner
erhaſcht hab’/ und verzehrt ſo manche ſchoͤne Huͤner.
Mein gantzes Leben war ein ſteter langer Tantz.
Zu letzte kriegt’ ich noch darvon den Maͤrtrer Krantz.
Sol euch nicht ſeyn/ wie mir/ ihr Bruͤder und ihr Schweſtern
So bleibet/ wie ihr ſollt/ in euren wilden Neſtern.
Aus dem Paſtor Fido.
JHr blindes Volck/ ſo Euch denn duͤrſtet ſo
viel Schaͤtze/ Geld und Gut zu haben/
Jn dem euch macht der liebe Geldſorg froh/
darein ein guͤldnes Aaß vergraben/
Welches ſchleicht uͤmm ſeine Grufft/
als ein Schatt’ und blaſſe Lufft;
Was koͤnnt ihr luſt an todter Schoͤnheit haben.
Reichthum/ Schaͤtz/ und andre Guͤter
haben keine gegen-Gunſt;
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die Gemuͤhter ſind Gemuͤhter.
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