Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Des Fisch-Buchs 31. Capitel/ von den Karpffen und Karauschen.
[Spaltenumbruch] fangen, es wäre denn, daß es mit feistem
Koth, anderm guten Erdreich, oder kur-
tzem Mist geschähe. Sonst soll man ih-
nen nicht Brod, oder ander Genäsch ge-
ben, ausser aus Kurtzweile in den Schloß-
Gräben, denn sie werden davon im ge-
ringsten nicht zunehmen, vielmehr schlech-
ter werden, wenn sie mit Brod verwöh-
net sind, und solches hernach nicht ein-
mahl gar wohl haben können.

§. 7.

Es geschicht bißweilen, daß die
Frösche die Karpffen-Bruth wegspeisen,
und findet man in den Schlesischen Na-
tur- und Kunst-Geschichten p. 1222. eine
gewisse Observation davon, von einem
Cavallier aus Schlesien. Er schreibet hie-
von wie folget: Wegen des Strichs oder
Karpffen-Bruth, hab ich heuer etwas
gespühret, was noch keinen Sommer
observiret. Es hat die Karpffen-Bruth
sich bey meinem Herrn Nachbar, und mir
in grosser Menge sehen lassen. Jm Ge-
gentheil hat man auch ungemein viel
Frösche und eine gewisse Art so genandter
Kaul-Aersche wahrgenommen: Diese
letztern sind fast von einer Viertel Elle
lang gewesen, und haben den Strich häuf-
fig weggefressen. Sie haben die Gestalt
von Köpffen und Maul, wie die Aal-Rau-
pen, nur hinten verlieren sie sich, und ge-
hen spitzig zu. Jch bin iederzeit der Mey-
nung gewesen, daß solches die Frosch-
Bruth sey, nur befremdete es mich, daß
sie so groß waren. Es hat mir aber mei-
ner Frau Nachbarin, der Frauen von F.
zu B.- - ihr Wirthschaffter, ein Mann
von etlichen und 70. Jahren, gewiß versi-
chert, daß diese grosse Kaul-Aersche eine
a parte Species vom Ungeziefer sey, welche
sich den Winter über in der Erde verkrö-
chen. So viel haben sie doch allda effe-
ctuir
et, daß sie einen Strich-Teich, wel-
cher vom Strich ziemlich angefüllet gewe-
sen, völlig ausgefressen. Weil man nun
nachgehends bey warmen Sonnenschein
nichts mehr von der Karpffen-Bruth
wahrgenommen, so haben sie, um hinter
die Wahrheit zu kommen, den Teich ge-
fischet, da sie zwar die Streich-Karpffen,
nebst noch 16. Stück junger Karpffen-
Bruth, hingegen ein paar Spreu-Körbe
voll von obbemeldten Kaul-Aerschen ge-
sunden, und gefischet. Weil nun diese
ungebetenen Gäste sich als Räuber erneh-
ret, als hat man ihnen mit gleicher Mün-
tze belohnet, und die Hof-Schweine hin-
eingejagt, die solche als ein seltzames Ge-
richt zum Frühstück verzehret haben.
[Spaltenumbruch] Weil ich nun dergleichen Gäste bey mir
auch verspühret, als werde auf bevorste-
henden Herbst erfahren, was sie mir vor
Nutzen geschafft. Die Frösche habe ich ie-
derzeit vor unschuldige Creaturen gehal-
ten. Aber dieses Jahr habe ich ihre Kün-
ste und Tücken kennen gelernet. Jch ha-
be nemlich zum öfftern aus meinem Fen-
ster bey warmen Sonnenschein im Gra-
ben observiret, daß die Frösche sich gantz
stille, und unbeweglich gehalten, biß die
Karpffen-Bruth häuffig um sie herum-
gestanden. So bald sie nun ihr Tempo
ersehen, sind sie schnell unter sie gefahren,
und haben mit ihrem grossen und weiten
Maule einen erschnappt. Die Probe
habe bey dem Aufschneiden einiger Frö-
sche gefunden, daß sie 2. biß 3. Stück Karpf-
fen-Bruth im Leibe gehabt. Um nun
auch diese Räuber sich, so viel als möglich,
vom Halse zu schaffen, so werde künffti-
gen Herbst durch die Bauer-Kinder bey
dem Fischen, so viel als man bekommen
kan, auffangen, und selbige in den mit
glattem Holtz ausgeschrotenen Hecht-Häl-
ter, woraus sie nicht kommen können,
werffen.

§. 8.

Die Karauschen werden off-
ters in den Karpffen-Teichen mit gefan-
gen, sie gleichen an der Grösse und Ge-
stalt den jungen Karpffen, iedoch sind sie
etwas breiter, und von Farben weißli-
cher, haben auch den Rücken mit stärckern
Stacheln besetzet. Sie sind ein wohlge-
schmackter zarter Fisch, und wollen sie ih-
rer viele vor noch gesünder halten, als die
Karpffen. Man glaubet von ihnen, daß
sie eine Sorte Fische seyn, so aus der Ver-
mischung mit den Karpffen gezeuget wer-
de. Sie haben ein süsses zartes Fleisch,
aber dabey sehr viel Gräten, sie werden
entweder gebraten, oder im Teige her-
umgeweltzet, und hernach gebacken, gemei-
niglich aber mit einer Kümmel-Brühe
zugerichtet.

§. 9.

Die Karauschen haben die
Leich-Zeit mit andern Fischen im Mertz
und April gemein, und können in Hecht-
und Forellen-Teichen am besten genutzet
werden. Sie besaamen sich leichtlich;
wenn sie leichen, liegen sie beysammen.
Es geschicht offters, daß einige, die sich
nicht gar wohl auf die Karpffen-Bruth
verstehen, von der Aehnlichkeit der jungen
Karauschen betrogen werden, und sie an
statt der jungen Karpffen mit in die Tei-
che werffen. Sie sind auch einiger mas-
sen vor Raub-Fische mit zu achten, und

wollen

Des Fiſch-Buchs 31. Capitel/ von den Karpffen und Karauſchen.
[Spaltenumbruch] fangen, es waͤre denn, daß es mit feiſtem
Koth, anderm guten Erdreich, oder kur-
tzem Miſt geſchaͤhe. Sonſt ſoll man ih-
nen nicht Brod, oder ander Genaͤſch ge-
ben, auſſer aus Kurtzweile in den Schloß-
Graͤben, denn ſie werden davon im ge-
ringſten nicht zunehmen, vielmehr ſchlech-
ter werden, wenn ſie mit Brod verwoͤh-
net ſind, und ſolches hernach nicht ein-
mahl gar wohl haben koͤnnen.

§. 7.

Es geſchicht bißweilen, daß die
Froͤſche die Karpffen-Bruth wegſpeiſen,
und findet man in den Schleſiſchen Na-
tur- und Kunſt-Geſchichten p. 1222. eine
gewiſſe Obſervation davon, von einem
Cavallier aus Schleſien. Er ſchreibet hie-
von wie folget: Wegen des Strichs oder
Karpffen-Bruth, hab ich heuer etwas
geſpuͤhret, was noch keinen Sommer
obſerviret. Es hat die Karpffen-Bruth
ſich bey meinem Herrn Nachbar, und mir
in groſſer Menge ſehen laſſen. Jm Ge-
gentheil hat man auch ungemein viel
Froͤſche und eine gewiſſe Art ſo genandter
Kaul-Aerſche wahrgenommen: Dieſe
letztern ſind faſt von einer Viertel Elle
lang geweſen, und haben den Strich haͤuf-
fig weggefreſſen. Sie haben die Geſtalt
von Koͤpffen und Maul, wie die Aal-Rau-
pen, nur hinten verlieren ſie ſich, und ge-
hen ſpitzig zu. Jch bin iederzeit der Mey-
nung geweſen, daß ſolches die Froſch-
Bruth ſey, nur befremdete es mich, daß
ſie ſo groß waren. Es hat mir aber mei-
ner Frau Nachbarin, der Frauen von F.
zu B.- - ihr Wirthſchaffter, ein Mann
von etlichen und 70. Jahren, gewiß verſi-
chert, daß dieſe groſſe Kaul-Aerſche eine
a parte Species vom Ungeziefer ſey, welche
ſich den Winter uͤber in der Erde verkroͤ-
chen. So viel haben ſie doch allda effe-
ctuir
et, daß ſie einen Strich-Teich, wel-
cher vom Strich ziemlich angefuͤllet gewe-
ſen, voͤllig ausgefreſſen. Weil man nun
nachgehends bey warmen Sonnenſchein
nichts mehr von der Karpffen-Bruth
wahrgenommen, ſo haben ſie, um hinter
die Wahrheit zu kommen, den Teich ge-
fiſchet, da ſie zwar die Streich-Karpffen,
nebſt noch 16. Stuͤck junger Karpffen-
Bruth, hingegen ein paar Spreu-Koͤrbe
voll von obbemeldten Kaul-Aerſchen ge-
ſunden, und gefiſchet. Weil nun dieſe
ungebetenen Gaͤſte ſich als Raͤuber erneh-
ret, als hat man ihnen mit gleicher Muͤn-
tze belohnet, und die Hof-Schweine hin-
eingejagt, die ſolche als ein ſeltzames Ge-
richt zum Fruͤhſtuͤck verzehret haben.
[Spaltenumbruch] Weil ich nun dergleichen Gaͤſte bey mir
auch verſpuͤhret, als werde auf bevorſte-
henden Herbſt erfahren, was ſie mir vor
Nutzen geſchafft. Die Froͤſche habe ich ie-
derzeit vor unſchuldige Creaturen gehal-
ten. Aber dieſes Jahr habe ich ihre Kuͤn-
ſte und Tuͤcken kennen gelernet. Jch ha-
be nemlich zum oͤfftern aus meinem Fen-
ſter bey warmen Sonnenſchein im Gra-
ben obſerviret, daß die Froͤſche ſich gantz
ſtille, und unbeweglich gehalten, biß die
Karpffen-Bruth haͤuffig um ſie herum-
geſtanden. So bald ſie nun ihr Tempo
erſehen, ſind ſie ſchnell unter ſie gefahren,
und haben mit ihrem groſſen und weiten
Maule einen erſchnappt. Die Probe
habe bey dem Aufſchneiden einiger Froͤ-
ſche gefunden, daß ſie 2. biß 3. Stuͤck Karpf-
fen-Bruth im Leibe gehabt. Um nun
auch dieſe Raͤuber ſich, ſo viel als moͤglich,
vom Halſe zu ſchaffen, ſo werde kuͤnffti-
gen Herbſt durch die Bauer-Kinder bey
dem Fiſchen, ſo viel als man bekommen
kan, auffangen, und ſelbige in den mit
glattem Holtz ausgeſchrotenen Hecht-Haͤl-
ter, woraus ſie nicht kommen koͤnnen,
werffen.

§. 8.

Die Karauſchen werden off-
ters in den Karpffen-Teichen mit gefan-
gen, ſie gleichen an der Groͤſſe und Ge-
ſtalt den jungen Karpffen, iedoch ſind ſie
etwas breiter, und von Farben weißli-
cher, haben auch den Ruͤcken mit ſtaͤrckern
Stacheln beſetzet. Sie ſind ein wohlge-
ſchmackter zarter Fiſch, und wollen ſie ih-
rer viele vor noch geſuͤnder halten, als die
Karpffen. Man glaubet von ihnen, daß
ſie eine Sorte Fiſche ſeyn, ſo aus der Ver-
miſchung mit den Karpffen gezeuget wer-
de. Sie haben ein ſuͤſſes zartes Fleiſch,
aber dabey ſehr viel Graͤten, ſie werden
entweder gebraten, oder im Teige her-
umgeweltzet, und hernach gebacken, gemei-
niglich aber mit einer Kuͤmmel-Bruͤhe
zugerichtet.

§. 9.

Die Karauſchen haben die
Leich-Zeit mit andern Fiſchen im Mertz
und April gemein, und koͤnnen in Hecht-
und Forellen-Teichen am beſten genutzet
werden. Sie beſaamen ſich leichtlich;
wenn ſie leichen, liegen ſie beyſammen.
Es geſchicht offters, daß einige, die ſich
nicht gar wohl auf die Karpffen-Bruth
verſtehen, von der Aehnlichkeit der jungen
Karauſchen betrogen werden, und ſie an
ſtatt der jungen Karpffen mit in die Tei-
che werffen. Sie ſind auch einiger maſ-
ſen vor Raub-Fiſche mit zu achten, und

wollen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0608" n="440"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Des Fi&#x017F;ch-Buchs 31. Capitel/ von den Karpffen und Karau&#x017F;chen.</hi></fw><lb/><cb/>
fangen, es wa&#x0364;re denn, daß es mit fei&#x017F;tem<lb/>
Koth, anderm guten Erdreich, oder kur-<lb/>
tzem Mi&#x017F;t ge&#x017F;cha&#x0364;he. Son&#x017F;t &#x017F;oll man ih-<lb/>
nen nicht Brod, oder ander Gena&#x0364;&#x017F;ch ge-<lb/>
ben, au&#x017F;&#x017F;er aus Kurtzweile in den Schloß-<lb/>
Gra&#x0364;ben, denn &#x017F;ie werden davon im ge-<lb/>
ring&#x017F;ten nicht zunehmen, vielmehr &#x017F;chlech-<lb/>
ter werden, wenn &#x017F;ie mit Brod verwo&#x0364;h-<lb/>
net &#x017F;ind, und &#x017F;olches hernach nicht ein-<lb/>
mahl gar wohl haben ko&#x0364;nnen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 7.</head>
            <p>Es ge&#x017F;chicht bißweilen, daß die<lb/>
Fro&#x0364;&#x017F;che die Karpffen-Bruth weg&#x017F;pei&#x017F;en,<lb/>
und findet man in den Schle&#x017F;i&#x017F;chen Na-<lb/>
tur- und Kun&#x017F;t-Ge&#x017F;chichten <hi rendition="#aq">p.</hi> 1222. eine<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Ob&#x017F;ervation</hi> davon, von einem<lb/><hi rendition="#aq">Cavallier</hi> aus Schle&#x017F;ien. Er &#x017F;chreibet hie-<lb/>
von wie folget: Wegen des Strichs oder<lb/>
Karpffen-Bruth, hab ich heuer etwas<lb/>
ge&#x017F;pu&#x0364;hret, was noch keinen Sommer<lb/><hi rendition="#aq">ob&#x017F;ervir</hi>et. Es hat die Karpffen-Bruth<lb/>
&#x017F;ich bey meinem Herrn Nachbar, und mir<lb/>
in gro&#x017F;&#x017F;er Menge &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en. Jm Ge-<lb/>
gentheil hat man auch ungemein viel<lb/>
Fro&#x0364;&#x017F;che und eine gewi&#x017F;&#x017F;e Art &#x017F;o genandter<lb/>
Kaul-Aer&#x017F;che wahrgenommen: Die&#x017F;e<lb/>
letztern &#x017F;ind fa&#x017F;t von einer Viertel Elle<lb/>
lang gewe&#x017F;en, und haben den Strich ha&#x0364;uf-<lb/>
fig weggefre&#x017F;&#x017F;en. Sie haben die Ge&#x017F;talt<lb/>
von Ko&#x0364;pffen und Maul, wie die Aal-Rau-<lb/>
pen, nur hinten verlieren &#x017F;ie &#x017F;ich, und ge-<lb/>
hen &#x017F;pitzig zu. Jch bin iederzeit der Mey-<lb/>
nung gewe&#x017F;en, daß &#x017F;olches die Fro&#x017F;ch-<lb/>
Bruth &#x017F;ey, nur befremdete es mich, daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;o groß waren. Es hat mir aber mei-<lb/>
ner Frau Nachbarin, der Frauen von <hi rendition="#aq">F.</hi><lb/>
zu B.- - ihr Wirth&#x017F;chaffter, ein Mann<lb/>
von etlichen und 70. Jahren, gewiß ver&#x017F;i-<lb/>
chert, daß die&#x017F;e gro&#x017F;&#x017F;e Kaul-Aer&#x017F;che eine<lb/><hi rendition="#aq">a part</hi>e <hi rendition="#aq">Species</hi> vom Ungeziefer &#x017F;ey, welche<lb/>
&#x017F;ich den Winter u&#x0364;ber in der Erde verkro&#x0364;-<lb/>
chen. So viel haben &#x017F;ie doch allda <hi rendition="#aq">effe-<lb/>
ctuir</hi>et, daß &#x017F;ie einen Strich-Teich, wel-<lb/>
cher vom Strich ziemlich angefu&#x0364;llet gewe-<lb/>
&#x017F;en, vo&#x0364;llig ausgefre&#x017F;&#x017F;en. Weil man nun<lb/>
nachgehends bey warmen Sonnen&#x017F;chein<lb/>
nichts mehr von der Karpffen-Bruth<lb/>
wahrgenommen, &#x017F;o haben &#x017F;ie, um hinter<lb/>
die Wahrheit zu kommen, den Teich ge-<lb/>
fi&#x017F;chet, da &#x017F;ie zwar die Streich-Karpffen,<lb/>
neb&#x017F;t noch 16. Stu&#x0364;ck junger Karpffen-<lb/>
Bruth, hingegen ein paar Spreu-Ko&#x0364;rbe<lb/>
voll von obbemeldten Kaul-Aer&#x017F;chen ge-<lb/>
&#x017F;unden, und gefi&#x017F;chet. Weil nun die&#x017F;e<lb/>
ungebetenen Ga&#x0364;&#x017F;te &#x017F;ich als Ra&#x0364;uber erneh-<lb/>
ret, als hat man ihnen mit gleicher Mu&#x0364;n-<lb/>
tze belohnet, und die Hof-Schweine hin-<lb/>
eingejagt, die &#x017F;olche als ein &#x017F;eltzames Ge-<lb/>
richt zum Fru&#x0364;h&#x017F;tu&#x0364;ck verzehret haben.<lb/><cb/>
Weil ich nun dergleichen Ga&#x0364;&#x017F;te bey mir<lb/>
auch ver&#x017F;pu&#x0364;hret, als werde auf bevor&#x017F;te-<lb/>
henden Herb&#x017F;t erfahren, was &#x017F;ie mir vor<lb/>
Nutzen ge&#x017F;chafft. Die Fro&#x0364;&#x017F;che habe ich ie-<lb/>
derzeit vor un&#x017F;chuldige Creaturen gehal-<lb/>
ten. Aber die&#x017F;es Jahr habe ich ihre Ku&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;te und Tu&#x0364;cken kennen gelernet. Jch ha-<lb/>
be nemlich zum o&#x0364;fftern aus meinem Fen-<lb/>
&#x017F;ter bey warmen Sonnen&#x017F;chein im Gra-<lb/>
ben <hi rendition="#aq">ob&#x017F;ervir</hi>et, daß die Fro&#x0364;&#x017F;che &#x017F;ich gantz<lb/>
&#x017F;tille, und unbeweglich gehalten, biß die<lb/>
Karpffen-Bruth ha&#x0364;uffig um &#x017F;ie herum-<lb/>
ge&#x017F;tanden. So bald &#x017F;ie nun ihr <hi rendition="#aq">Tempo</hi><lb/>
er&#x017F;ehen, &#x017F;ind &#x017F;ie &#x017F;chnell unter &#x017F;ie gefahren,<lb/>
und haben mit ihrem gro&#x017F;&#x017F;en und weiten<lb/>
Maule einen er&#x017F;chnappt. Die Probe<lb/>
habe bey dem Auf&#x017F;chneiden einiger Fro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;che gefunden, daß &#x017F;ie 2. biß 3. Stu&#x0364;ck Karpf-<lb/>
fen-Bruth im Leibe gehabt. Um nun<lb/>
auch die&#x017F;e Ra&#x0364;uber &#x017F;ich, &#x017F;o viel als mo&#x0364;glich,<lb/>
vom Hal&#x017F;e zu &#x017F;chaffen, &#x017F;o werde ku&#x0364;nffti-<lb/>
gen Herb&#x017F;t durch die Bauer-Kinder bey<lb/>
dem Fi&#x017F;chen, &#x017F;o viel als man bekommen<lb/>
kan, auffangen, und &#x017F;elbige in den mit<lb/>
glattem Holtz ausge&#x017F;chrotenen Hecht-Ha&#x0364;l-<lb/>
ter, woraus &#x017F;ie nicht kommen ko&#x0364;nnen,<lb/>
werffen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 8.</head>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Karau&#x017F;chen</hi> werden off-<lb/>
ters in den Karpffen-Teichen mit gefan-<lb/>
gen, &#x017F;ie gleichen an der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und Ge-<lb/>
&#x017F;talt den jungen Karpffen, iedoch &#x017F;ind &#x017F;ie<lb/>
etwas breiter, und von Farben weißli-<lb/>
cher, haben auch den Ru&#x0364;cken mit &#x017F;ta&#x0364;rckern<lb/>
Stacheln be&#x017F;etzet. Sie &#x017F;ind ein wohlge-<lb/>
&#x017F;chmackter zarter Fi&#x017F;ch, und wollen &#x017F;ie ih-<lb/>
rer viele vor noch ge&#x017F;u&#x0364;nder halten, als die<lb/>
Karpffen. Man glaubet von ihnen, daß<lb/>
&#x017F;ie eine Sorte Fi&#x017F;che &#x017F;eyn, &#x017F;o aus der Ver-<lb/>
mi&#x017F;chung mit den Karpffen gezeuget wer-<lb/>
de. Sie haben ein &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;es zartes Flei&#x017F;ch,<lb/>
aber dabey &#x017F;ehr viel Gra&#x0364;ten, &#x017F;ie werden<lb/>
entweder gebraten, oder im Teige her-<lb/>
umgeweltzet, und hernach gebacken, gemei-<lb/>
niglich aber mit einer Ku&#x0364;mmel-Bru&#x0364;he<lb/>
zugerichtet.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 9.</head>
            <p>Die Karau&#x017F;chen haben die<lb/>
Leich-Zeit mit andern Fi&#x017F;chen im Mertz<lb/>
und April gemein, und ko&#x0364;nnen in Hecht-<lb/>
und Forellen-Teichen am be&#x017F;ten genutzet<lb/>
werden. Sie be&#x017F;aamen &#x017F;ich leichtlich;<lb/>
wenn &#x017F;ie leichen, liegen &#x017F;ie bey&#x017F;ammen.<lb/>
Es ge&#x017F;chicht offters, daß einige, die &#x017F;ich<lb/>
nicht gar wohl auf die Karpffen-Bruth<lb/>
ver&#x017F;tehen, von der Aehnlichkeit der jungen<lb/>
Karau&#x017F;chen betrogen werden, und &#x017F;ie an<lb/>
&#x017F;tatt der jungen Karpffen mit in die Tei-<lb/>
che werffen. Sie &#x017F;ind auch einiger ma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en vor Raub-Fi&#x017F;che mit zu achten, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wollen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[440/0608] Des Fiſch-Buchs 31. Capitel/ von den Karpffen und Karauſchen. fangen, es waͤre denn, daß es mit feiſtem Koth, anderm guten Erdreich, oder kur- tzem Miſt geſchaͤhe. Sonſt ſoll man ih- nen nicht Brod, oder ander Genaͤſch ge- ben, auſſer aus Kurtzweile in den Schloß- Graͤben, denn ſie werden davon im ge- ringſten nicht zunehmen, vielmehr ſchlech- ter werden, wenn ſie mit Brod verwoͤh- net ſind, und ſolches hernach nicht ein- mahl gar wohl haben koͤnnen. §. 7. Es geſchicht bißweilen, daß die Froͤſche die Karpffen-Bruth wegſpeiſen, und findet man in den Schleſiſchen Na- tur- und Kunſt-Geſchichten p. 1222. eine gewiſſe Obſervation davon, von einem Cavallier aus Schleſien. Er ſchreibet hie- von wie folget: Wegen des Strichs oder Karpffen-Bruth, hab ich heuer etwas geſpuͤhret, was noch keinen Sommer obſerviret. Es hat die Karpffen-Bruth ſich bey meinem Herrn Nachbar, und mir in groſſer Menge ſehen laſſen. Jm Ge- gentheil hat man auch ungemein viel Froͤſche und eine gewiſſe Art ſo genandter Kaul-Aerſche wahrgenommen: Dieſe letztern ſind faſt von einer Viertel Elle lang geweſen, und haben den Strich haͤuf- fig weggefreſſen. Sie haben die Geſtalt von Koͤpffen und Maul, wie die Aal-Rau- pen, nur hinten verlieren ſie ſich, und ge- hen ſpitzig zu. Jch bin iederzeit der Mey- nung geweſen, daß ſolches die Froſch- Bruth ſey, nur befremdete es mich, daß ſie ſo groß waren. Es hat mir aber mei- ner Frau Nachbarin, der Frauen von F. zu B.- - ihr Wirthſchaffter, ein Mann von etlichen und 70. Jahren, gewiß verſi- chert, daß dieſe groſſe Kaul-Aerſche eine a parte Species vom Ungeziefer ſey, welche ſich den Winter uͤber in der Erde verkroͤ- chen. So viel haben ſie doch allda effe- ctuiret, daß ſie einen Strich-Teich, wel- cher vom Strich ziemlich angefuͤllet gewe- ſen, voͤllig ausgefreſſen. Weil man nun nachgehends bey warmen Sonnenſchein nichts mehr von der Karpffen-Bruth wahrgenommen, ſo haben ſie, um hinter die Wahrheit zu kommen, den Teich ge- fiſchet, da ſie zwar die Streich-Karpffen, nebſt noch 16. Stuͤck junger Karpffen- Bruth, hingegen ein paar Spreu-Koͤrbe voll von obbemeldten Kaul-Aerſchen ge- ſunden, und gefiſchet. Weil nun dieſe ungebetenen Gaͤſte ſich als Raͤuber erneh- ret, als hat man ihnen mit gleicher Muͤn- tze belohnet, und die Hof-Schweine hin- eingejagt, die ſolche als ein ſeltzames Ge- richt zum Fruͤhſtuͤck verzehret haben. Weil ich nun dergleichen Gaͤſte bey mir auch verſpuͤhret, als werde auf bevorſte- henden Herbſt erfahren, was ſie mir vor Nutzen geſchafft. Die Froͤſche habe ich ie- derzeit vor unſchuldige Creaturen gehal- ten. Aber dieſes Jahr habe ich ihre Kuͤn- ſte und Tuͤcken kennen gelernet. Jch ha- be nemlich zum oͤfftern aus meinem Fen- ſter bey warmen Sonnenſchein im Gra- ben obſerviret, daß die Froͤſche ſich gantz ſtille, und unbeweglich gehalten, biß die Karpffen-Bruth haͤuffig um ſie herum- geſtanden. So bald ſie nun ihr Tempo erſehen, ſind ſie ſchnell unter ſie gefahren, und haben mit ihrem groſſen und weiten Maule einen erſchnappt. Die Probe habe bey dem Aufſchneiden einiger Froͤ- ſche gefunden, daß ſie 2. biß 3. Stuͤck Karpf- fen-Bruth im Leibe gehabt. Um nun auch dieſe Raͤuber ſich, ſo viel als moͤglich, vom Halſe zu ſchaffen, ſo werde kuͤnffti- gen Herbſt durch die Bauer-Kinder bey dem Fiſchen, ſo viel als man bekommen kan, auffangen, und ſelbige in den mit glattem Holtz ausgeſchrotenen Hecht-Haͤl- ter, woraus ſie nicht kommen koͤnnen, werffen. §. 8. Die Karauſchen werden off- ters in den Karpffen-Teichen mit gefan- gen, ſie gleichen an der Groͤſſe und Ge- ſtalt den jungen Karpffen, iedoch ſind ſie etwas breiter, und von Farben weißli- cher, haben auch den Ruͤcken mit ſtaͤrckern Stacheln beſetzet. Sie ſind ein wohlge- ſchmackter zarter Fiſch, und wollen ſie ih- rer viele vor noch geſuͤnder halten, als die Karpffen. Man glaubet von ihnen, daß ſie eine Sorte Fiſche ſeyn, ſo aus der Ver- miſchung mit den Karpffen gezeuget wer- de. Sie haben ein ſuͤſſes zartes Fleiſch, aber dabey ſehr viel Graͤten, ſie werden entweder gebraten, oder im Teige her- umgeweltzet, und hernach gebacken, gemei- niglich aber mit einer Kuͤmmel-Bruͤhe zugerichtet. §. 9. Die Karauſchen haben die Leich-Zeit mit andern Fiſchen im Mertz und April gemein, und koͤnnen in Hecht- und Forellen-Teichen am beſten genutzet werden. Sie beſaamen ſich leichtlich; wenn ſie leichen, liegen ſie beyſammen. Es geſchicht offters, daß einige, die ſich nicht gar wohl auf die Karpffen-Bruth verſtehen, von der Aehnlichkeit der jungen Karauſchen betrogen werden, und ſie an ſtatt der jungen Karpffen mit in die Tei- che werffen. Sie ſind auch einiger maſ- ſen vor Raub-Fiſche mit zu achten, und wollen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/608
Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/608>, abgerufen am 23.11.2024.