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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Andern Theils 27. C. vom Hasen-Wildpräth/ u. dessen Nutzen.
[Spaltenumbruch] und solche den Hunden zu fressen geben,
dabey den Hunden frölich zublasen und
zuschreyen, die Hunde, die sich am besten
gehalten, mit Nahmen ruffen, sie caressi-
ren, und ihnen die Seite und Stirne strei-
cheln, und endlich die Hunde koppeln, und
nach Hause reiten, und also die Par Force-
Jagd beschlüssen.

Das 27. Capitel/
Von dem Hasen-Wildpräth/
und dem Nutzen der Hasen in
der Medicin.
§. 1.

Das Hasen-Fleisch wird von vielen vor
sehr trocken gehalten, und weil der
Hase ein sehr furchtsam und betrübtes
Thier ist, so behaupten unterschiedene,
daß der Genuß des Hasen-Wildpräths
melancholisch und dickes Geblüte mache,
zumahl wenn die Hasen in einer Par For-
ce-
Jagd gehetzet worden, weil der
Schweiß alsdenn das gantze Wildpräth
auf allen Seiten durchzogen; Andere
machen einen Unterscheid, und halten die
Hasen im Sommer wegen der vollen
Weyde am besten; einige aber halten es
mit den Winter-Hasen, weil sie alsdenn
die Kohl-Gärten fleißig besuchten. Je-
doch vielleicht ist es nur eine blosse Einbil-
dung, daß die Hasen schwer Geblüte erzeu-
gen. Sie geniessen ja lauter gesunde und
gute Speisen, die einen guten Chylum ma-
chen müssen, als Graß, jung Kraut, Kohl-
Blätter, Wicken, Hierse, Obst, allerhand
Geträide, Weinbeeren, u. s. w.

§. 2.

Herr Elsholtz behauptet in sei-
nem Diaeterico p. m. 325. daß die Hasen
das erste Jahr am gesündesten wären,
im andern schon geringer, die Alten aber
gar nicht taugten, nach dem Frantzösischen
Sprichwort: Les vieux lievres et oisons
sont une viande de demons.
Jch gläu-
be aber, daß dem ungeachtet sich die wenig-
sten abschrecken lassen, das Hasen-Wild-
präth zu speisen. Man fragt nicht dar-
nach, wie alt sie sind, und wird deswegen
kein Hase weggeschmissen werden, er sey so
alt, als er nur wolle. So viel ist gewiß,
daß die alten Hasen weit zäher und schwe-
rer zu braten sind, denn die jungen. Sie
werden auf allerhand Art zugerichtet, ge-
braten, gekocht, in das Sauer-Kraut und
Braun-Kohl gesteckt, in die Pasteten ge-
schlagen, u. s. w. Wenn man sie einige
Tage in Kofent leget, so halten sie sich viel
[Spaltenumbruch] besser, daß sie nicht riechend werden, sie
werden auch dadurch viel mürber und
schmackhafftiger.

§. 3.

Die Hasen haben mancherley
Nutzen in der Medicin: Jhr Gehirne soll
gut vor das Zittern der Glieder seyn, wenns
in Wein getruncken wird. Wenn man
kleinen Kindern die Zähne mit Hasen-Ge-
hirne schmieret, so wachsen dieselbigen oh-
ne Schmertzen. S. Zeisigs Artemidiam
p.
93. Die Asche seines Hauptes dienet
zum Haar-Ausfallen. Hasen-Blut ver-
treibet alle Masern und Flecken am Leibe.
Hasen-Kopff zu Pulver gebrannt, mit
Eßig zurieben, macht Haar wachsen. Ge-
dörrete Hasen-Leber zwey Loth eingege-
ben, ist gut vor die fallende Sucht; Hasen-
Koth mit Eßig zerrieben, heilet die alten
faulen Schäden, dieselbigen damit bestri-
chen. Hasen-Galle mit Honig vermischt,
vertreibet Masern und Flecken der Augen.
Hasen-Geilen mit Eßig eingenommen,
vertreiben das Gifft. S. Loniceri Kräu-
ter-Buch p. 615.

Das 28. Capitel/
Von den Caninichen.
§. 1.

Die Caninichen haben eine ziemliche
Aehnlichkeit und Verwandschafft mit
den Hasen. Es giebt dreyerley Arten
von Caninichen, die der Farbe, Haltung
und Schmackhafftigkeit nach von einan-
der unterschieden, als die wilden, und
zweyerley zahme Arten. Die wilden, die
in ihrer Freyheit in den Wäldern und
Höltzern leben, hält man am Fleisch für
die gesündesten und besten; man findet
dieselben sonderlich in Franckreich, En-
gelland, in den Nieder-Landen und an-
dern Orten mehr; sie sind meistens röth-
licht-grau, und viel schneller als die ge-
meinen: man fängt sie daselbst mit einem
Fredel oder wilden Jltiß, den man zahm
gemacht, und mit einem Leder gleichsam
geharnischt, um vor ihren Bissen gesi-
chert zu seyn, auch mit einem Schellgen
behangen, damit sie diese Jltisse aus ih-
ren Höhlen in das Garn treiben. Jn
unsern Landen siehet man nichts von die-
ser Art, und müssen wir uns allein mit
den zahmen und eingefangenen behelffen.
Sie sind an Farbe nicht einerley, einige
sind gantz schwartz, oder gantz weiß, an-
dere aber graulicht oder sprencklicht. Die
Bälge von den gantz schwartzen und gantz

weis-
P 2

Des Andern Theils 27. C. vom Haſen-Wildpraͤth/ u. deſſen Nutzen.
[Spaltenumbruch] und ſolche den Hunden zu freſſen geben,
dabey den Hunden froͤlich zublaſen und
zuſchreyen, die Hunde, die ſich am beſten
gehalten, mit Nahmen ruffen, ſie careſſi-
ren, und ihnen die Seite und Stirne ſtrei-
cheln, und endlich die Hunde koppeln, und
nach Hauſe reiten, und alſo die Par Force-
Jagd beſchluͤſſen.

Das 27. Capitel/
Von dem Haſen-Wildpraͤth/
und dem Nutzen der Haſen in
der Medicin.
§. 1.

Das Haſen-Fleiſch wird von vielen vor
ſehr trocken gehalten, und weil der
Haſe ein ſehr furchtſam und betruͤbtes
Thier iſt, ſo behaupten unterſchiedene,
daß der Genuß des Haſen-Wildpraͤths
melancholiſch und dickes Gebluͤte mache,
zumahl wenn die Haſen in einer Par For-
ce-
Jagd gehetzet worden, weil der
Schweiß alsdenn das gantze Wildpraͤth
auf allen Seiten durchzogen; Andere
machen einen Unterſcheid, und halten die
Haſen im Sommer wegen der vollen
Weyde am beſten; einige aber halten es
mit den Winter-Haſen, weil ſie alsdenn
die Kohl-Gaͤrten fleißig beſuchten. Je-
doch vielleicht iſt es nur eine bloſſe Einbil-
dung, daß die Haſen ſchwer Gebluͤte erzeu-
gen. Sie genieſſen ja lauter geſunde und
gute Speiſen, die einen guten Chylum ma-
chen muͤſſen, als Graß, jung Kraut, Kohl-
Blaͤtter, Wicken, Hierſe, Obſt, allerhand
Getraͤide, Weinbeeren, u. ſ. w.

§. 2.

Herr Elsholtz behauptet in ſei-
nem Diæterico p. m. 325. daß die Haſen
das erſte Jahr am geſuͤndeſten waͤren,
im andern ſchon geringer, die Alten aber
gar nicht taugten, nach dem Frantzoͤſiſchen
Sprichwort: Les vieux lievres et oiſons
ſont une viande de demons.
Jch glaͤu-
be aber, daß dem ungeachtet ſich die wenig-
ſten abſchrecken laſſen, das Haſen-Wild-
praͤth zu ſpeiſen. Man fragt nicht dar-
nach, wie alt ſie ſind, und wird deswegen
kein Haſe weggeſchmiſſen werden, er ſey ſo
alt, als er nur wolle. So viel iſt gewiß,
daß die alten Haſen weit zaͤher und ſchwe-
rer zu braten ſind, denn die jungen. Sie
werden auf allerhand Art zugerichtet, ge-
braten, gekocht, in das Sauer-Kraut und
Braun-Kohl geſteckt, in die Paſteten ge-
ſchlagen, u. ſ. w. Wenn man ſie einige
Tage in Kofent leget, ſo halten ſie ſich viel
[Spaltenumbruch] beſſer, daß ſie nicht riechend werden, ſie
werden auch dadurch viel muͤrber und
ſchmackhafftiger.

§. 3.

Die Haſen haben mancherley
Nutzen in der Medicin: Jhr Gehirne ſoll
gut vor das Zittern der Glieder ſeyn, weñs
in Wein getruncken wird. Wenn man
kleinen Kindern die Zaͤhne mit Haſen-Ge-
hirne ſchmieret, ſo wachſen dieſelbigen oh-
ne Schmertzen. S. Zeiſigs Artemidiam
p.
93. Die Aſche ſeines Hauptes dienet
zum Haar-Ausfallen. Haſen-Blut ver-
treibet alle Maſern und Flecken am Leibe.
Haſen-Kopff zu Pulver gebrannt, mit
Eßig zurieben, macht Haar wachſen. Ge-
doͤrrete Haſen-Leber zwey Loth eingege-
ben, iſt gut vor die fallende Sucht; Haſen-
Koth mit Eßig zerrieben, heilet die alten
faulen Schaͤden, dieſelbigen damit beſtri-
chen. Haſen-Galle mit Honig vermiſcht,
vertreibet Maſern und Flecken der Augen.
Haſen-Geilen mit Eßig eingenommen,
vertreiben das Gifft. S. Loniceri Kraͤu-
ter-Buch p. 615.

Das 28. Capitel/
Von den Caninichen.
§. 1.

Die Caninichen haben eine ziemliche
Aehnlichkeit und Verwandſchafft mit
den Haſen. Es giebt dreyerley Arten
von Caninichen, die der Farbe, Haltung
und Schmackhafftigkeit nach von einan-
der unterſchieden, als die wilden, und
zweyerley zahme Arten. Die wilden, die
in ihrer Freyheit in den Waͤldern und
Hoͤltzern leben, haͤlt man am Fleiſch fuͤr
die geſuͤndeſten und beſten; man findet
dieſelben ſonderlich in Franckreich, En-
gelland, in den Nieder-Landen und an-
dern Orten mehr; ſie ſind meiſtens roͤth-
licht-grau, und viel ſchneller als die ge-
meinen: man faͤngt ſie daſelbſt mit einem
Fredel oder wilden Jltiß, den man zahm
gemacht, und mit einem Leder gleichſam
geharniſcht, um vor ihren Biſſen geſi-
chert zu ſeyn, auch mit einem Schellgen
behangen, damit ſie dieſe Jltiſſe aus ih-
ren Hoͤhlen in das Garn treiben. Jn
unſern Landen ſiehet man nichts von die-
ſer Art, und muͤſſen wir uns allein mit
den zahmen und eingefangenen behelffen.
Sie ſind an Farbe nicht einerley, einige
ſind gantz ſchwartz, oder gantz weiß, an-
dere aber graulicht oder ſprencklicht. Die
Baͤlge von den gantz ſchwartzen und gantz

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[115/0199] Des Andern Theils 27. C. vom Haſen-Wildpraͤth/ u. deſſen Nutzen. und ſolche den Hunden zu freſſen geben, dabey den Hunden froͤlich zublaſen und zuſchreyen, die Hunde, die ſich am beſten gehalten, mit Nahmen ruffen, ſie careſſi- ren, und ihnen die Seite und Stirne ſtrei- cheln, und endlich die Hunde koppeln, und nach Hauſe reiten, und alſo die Par Force- Jagd beſchluͤſſen. Das 27. Capitel/ Von dem Haſen-Wildpraͤth/ und dem Nutzen der Haſen in der Medicin. §. 1. Das Haſen-Fleiſch wird von vielen vor ſehr trocken gehalten, und weil der Haſe ein ſehr furchtſam und betruͤbtes Thier iſt, ſo behaupten unterſchiedene, daß der Genuß des Haſen-Wildpraͤths melancholiſch und dickes Gebluͤte mache, zumahl wenn die Haſen in einer Par For- ce-Jagd gehetzet worden, weil der Schweiß alsdenn das gantze Wildpraͤth auf allen Seiten durchzogen; Andere machen einen Unterſcheid, und halten die Haſen im Sommer wegen der vollen Weyde am beſten; einige aber halten es mit den Winter-Haſen, weil ſie alsdenn die Kohl-Gaͤrten fleißig beſuchten. Je- doch vielleicht iſt es nur eine bloſſe Einbil- dung, daß die Haſen ſchwer Gebluͤte erzeu- gen. Sie genieſſen ja lauter geſunde und gute Speiſen, die einen guten Chylum ma- chen muͤſſen, als Graß, jung Kraut, Kohl- Blaͤtter, Wicken, Hierſe, Obſt, allerhand Getraͤide, Weinbeeren, u. ſ. w. §. 2. Herr Elsholtz behauptet in ſei- nem Diæterico p. m. 325. daß die Haſen das erſte Jahr am geſuͤndeſten waͤren, im andern ſchon geringer, die Alten aber gar nicht taugten, nach dem Frantzoͤſiſchen Sprichwort: Les vieux lievres et oiſons ſont une viande de demons. Jch glaͤu- be aber, daß dem ungeachtet ſich die wenig- ſten abſchrecken laſſen, das Haſen-Wild- praͤth zu ſpeiſen. Man fragt nicht dar- nach, wie alt ſie ſind, und wird deswegen kein Haſe weggeſchmiſſen werden, er ſey ſo alt, als er nur wolle. So viel iſt gewiß, daß die alten Haſen weit zaͤher und ſchwe- rer zu braten ſind, denn die jungen. Sie werden auf allerhand Art zugerichtet, ge- braten, gekocht, in das Sauer-Kraut und Braun-Kohl geſteckt, in die Paſteten ge- ſchlagen, u. ſ. w. Wenn man ſie einige Tage in Kofent leget, ſo halten ſie ſich viel beſſer, daß ſie nicht riechend werden, ſie werden auch dadurch viel muͤrber und ſchmackhafftiger. §. 3. Die Haſen haben mancherley Nutzen in der Medicin: Jhr Gehirne ſoll gut vor das Zittern der Glieder ſeyn, weñs in Wein getruncken wird. Wenn man kleinen Kindern die Zaͤhne mit Haſen-Ge- hirne ſchmieret, ſo wachſen dieſelbigen oh- ne Schmertzen. S. Zeiſigs Artemidiam p. 93. Die Aſche ſeines Hauptes dienet zum Haar-Ausfallen. Haſen-Blut ver- treibet alle Maſern und Flecken am Leibe. Haſen-Kopff zu Pulver gebrannt, mit Eßig zurieben, macht Haar wachſen. Ge- doͤrrete Haſen-Leber zwey Loth eingege- ben, iſt gut vor die fallende Sucht; Haſen- Koth mit Eßig zerrieben, heilet die alten faulen Schaͤden, dieſelbigen damit beſtri- chen. Haſen-Galle mit Honig vermiſcht, vertreibet Maſern und Flecken der Augen. Haſen-Geilen mit Eßig eingenommen, vertreiben das Gifft. S. Loniceri Kraͤu- ter-Buch p. 615. Das 28. Capitel/ Von den Caninichen. §. 1. Die Caninichen haben eine ziemliche Aehnlichkeit und Verwandſchafft mit den Haſen. Es giebt dreyerley Arten von Caninichen, die der Farbe, Haltung und Schmackhafftigkeit nach von einan- der unterſchieden, als die wilden, und zweyerley zahme Arten. Die wilden, die in ihrer Freyheit in den Waͤldern und Hoͤltzern leben, haͤlt man am Fleiſch fuͤr die geſuͤndeſten und beſten; man findet dieſelben ſonderlich in Franckreich, En- gelland, in den Nieder-Landen und an- dern Orten mehr; ſie ſind meiſtens roͤth- licht-grau, und viel ſchneller als die ge- meinen: man faͤngt ſie daſelbſt mit einem Fredel oder wilden Jltiß, den man zahm gemacht, und mit einem Leder gleichſam geharniſcht, um vor ihren Biſſen geſi- chert zu ſeyn, auch mit einem Schellgen behangen, damit ſie dieſe Jltiſſe aus ih- ren Hoͤhlen in das Garn treiben. Jn unſern Landen ſiehet man nichts von die- ſer Art, und muͤſſen wir uns allein mit den zahmen und eingefangenen behelffen. Sie ſind an Farbe nicht einerley, einige ſind gantz ſchwartz, oder gantz weiß, an- dere aber graulicht oder ſprencklicht. Die Baͤlge von den gantz ſchwartzen und gantz weiſ- P 2

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/199>, abgerufen am 23.11.2024.