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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724.

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Des Andern Theils 24. Cap. von der Wolffes-Spuhr.
[Spaltenumbruch] vom Wolffe Speise geniessen, sollen sie ei-
nen guten Appetit zum Essen bekom-
men. Das gepülverte Fleisch, wo es ges-
sen wird, soll vor die schwere Noth tau-
gen, wenn man es aber saltzet, und an
den Halß hänget, soll es eben so viel ver-
mögen. Das Fett hat so grosse Krafft
als das Hunde-Fett, es wärmt, digeriret,
heilet die Gelenck-Kranckheiten, und das
Trieffen der Augen, wenn man die Au-
gen damit reibet. Die Wolffes-Haut tau-
get zur Colic, wenn man einen Gürtel
daraus macht, doch sollen die Haare die
Haut berühren. Einige kochen den gan-
tzen Wolff in Oehl, und wollen ein Oehl
daraus zubereiten, welches die Podagri-
schen Schmertzen sehr lindern soll. Von
diesen allen kan man aus den Medicini-
schen Büchern mehr Nachricht erlangen.

Das 24. Capitel/
Von der Wolffes-Spuhr.
§. 1.

Es hat ein Wolff in Ansehung seiner
äusserlichen und innerlichen Eigen-
schafften eine grosse Gleichheit und Aehn-
lichkeit mit den zahmen Hunden, und also
haben sie auch in Ansehung der Glieder
und der Fährden mit den Hunden fast ei-
nerley Beschaffenheit. Doch zwinget der
Wolff seine Gelencke weit beschloßner,
seine Klauen und Ballen sind auch weit
stärcker, kräfftiger und härter formirt, als
bey den zahmen Hunden. Wann der al-
te Wolff gemach, oder seinen ordinairen
Gang gehet, so wird man wahrnehmen,
daß seine Füsse sehr dichte geschlossen, mas-
sen desselben Gestalt und Eindruck, wel-
ches mit den Spitzen der Finger geschicht,
besser zusammen gefüget, als bey dem
Hunde, der mit geöffneten und vonein-
ander stehenden Klauen gehet, und nicht
solche dicke und breite Aber-Klauen hat,
als der Wolff, doch sind bey ihm die bey-
den grossen Finger dicker und stärcker, als
bey dem Wolff; hingegen hat dieser stär-
ckere und dickere Nägel oder Krallen, als
der Hund, gehen auch weiter in die Erde,
als des Hundes seine, so die Erde nur ein
wenig ritzen, weil er mit der Spitze des
Fusses nicht so scharff eintreten kan, als der
Wolff. Der Wolff formiret mit seinen
dicken und breiten Aber-Klauen und
mit des Ballen drey kleine Grübchens in
das Erdreich, das siehet man aber von kei-
nem Hunde nicht.

[Spaltenumbruch]
§. 2.

Des Wolffes Geäffter ist von
dem übrigen Fusse mehr abgesondert und
abstehend, zu dem hat er mehr Haare un-
ter dem Fusse, als der Hund, hält dar-
neben in seinem Gange einen längern,
mehr ordentlichern und gewissern Schritt;
und da der Hund gleich noch so groß, so
dehnt er sich doch nicht, wenn er Schritt
vor Schritt gehet, so aus, als der Wolff.
Ob man nun zwar eben nicht verbunden
ist, den Wolff von der Wölffin zu unter-
scheiden, wenn man einen Anspruch thun
will, so ist es doch allemahl besser, wenn
mans weiß; Man kan meistentheils eines
vor das andere erkennen, wenn man nur
observirt, daß die Wölffin schmälere und
längere Füsse, nicht aber so starcke Kral-
len oder Klauen hat, als der Wolff. Die
übrigen Kennzeichen sind nach Propor-
tion
ihrer Füsse bey beyden einerley. Will
man die jungen Wölffe von ein biß zwey
Jahren erkennen, so muß man betrach-
ten, daß die Gelencke an den Füssen der
jungen Wölffe noch nicht so starck, als der
alten Wölffe ihre sind, welches denn macht,
daß die Jungen mit mehr geöffnetem und
gespaltenem Tritte gehen; sie haben auch
viel kleinere und spitzigere Klauen, als die
Alten, und nicht einen so regulairen Gang,
noch so lange Schritte. Die übrigen
Kennzeichen sind bey ihnen einerley.

§. 3.

Ferner kan man sie aus der Art
und Weise, wie sie des Nachts auf den
Raub ausgehen, erkennen. Die alten
Wölffe gehen viel weiter darnach, als die
jungen. Die Alten suchen ihre Nahrung
auf grossen Ebenen, die Jungen hingegen
ihre um die Dörffer und Bäche herum.
Das Geloß der jungen Wölffe ist nie-
mahls so hart, als der alten ihres. Es
ist auch in Ansehung des Gelosses der Un-
terschied zwischen dem Wolffe, und der
Wölffin dieser: Das Geloß der Wölffin
ist gemeiniglich mitten auf den Weg hin-
gemacht, und etwas platzschigt; der
Wolff hingegen macht sein Geloß meisten-
theils auf einen Stein, es ist auch dasselbe
etwas hart. Wenn der Wolff kratzet,
thut ers mit weit grösserer Hefftigkeit als
die Wölffin, oder die jungen Wölffe, mas-
sen er ein tieffer Loch in die Erde macht,
und die Erde weiter weg wirfft. Wo an-
ders der Wolff sich so wohl innerlich an
seinem Eingeweyde, als auch äusserlich an
seinen Gelencken und Gliedmassen gesund
befindet, wird er in einer schnur-geraden
Linie continuirlich in einem Trabe fort-
lauffen, daß er accurat mit den Hinter-

Klauen

Des Andern Theils 24. Cap. von der Wolffes-Spuhr.
[Spaltenumbruch] vom Wolffe Speiſe genieſſen, ſollen ſie ei-
nen guten Appetit zum Eſſen bekom-
men. Das gepuͤlverte Fleiſch, wo es geſ-
ſen wird, ſoll vor die ſchwere Noth tau-
gen, wenn man es aber ſaltzet, und an
den Halß haͤnget, ſoll es eben ſo viel ver-
moͤgen. Das Fett hat ſo groſſe Krafft
als das Hunde-Fett, es waͤrmt, digeriret,
heilet die Gelenck-Kranckheiten, und das
Trieffen der Augen, wenn man die Au-
gen damit reibet. Die Wolffes-Haut tau-
get zur Colic, wenn man einen Guͤrtel
daraus macht, doch ſollen die Haare die
Haut beruͤhren. Einige kochen den gan-
tzen Wolff in Oehl, und wollen ein Oehl
daraus zubereiten, welches die Podagri-
ſchen Schmertzen ſehr lindern ſoll. Von
dieſen allen kan man aus den Medicini-
ſchen Buͤchern mehr Nachricht erlangen.

Das 24. Capitel/
Von der Wolffes-Spuhr.
§. 1.

Es hat ein Wolff in Anſehung ſeiner
aͤuſſerlichen und innerlichen Eigen-
ſchafften eine groſſe Gleichheit und Aehn-
lichkeit mit den zahmen Hunden, und alſo
haben ſie auch in Anſehung der Glieder
und der Faͤhrden mit den Hunden faſt ei-
nerley Beſchaffenheit. Doch zwinget der
Wolff ſeine Gelencke weit beſchloßner,
ſeine Klauen und Ballen ſind auch weit
ſtaͤrcker, kraͤfftiger und haͤrter formirt, als
bey den zahmen Hunden. Wann der al-
te Wolff gemach, oder ſeinen ordinairen
Gang gehet, ſo wird man wahrnehmen,
daß ſeine Fuͤſſe ſehr dichte geſchloſſen, maſ-
ſen deſſelben Geſtalt und Eindruck, wel-
ches mit den Spitzen der Finger geſchicht,
beſſer zuſammen gefuͤget, als bey dem
Hunde, der mit geoͤffneten und vonein-
ander ſtehenden Klauen gehet, und nicht
ſolche dicke und breite Aber-Klauen hat,
als der Wolff, doch ſind bey ihm die bey-
den groſſen Finger dicker und ſtaͤrcker, als
bey dem Wolff; hingegen hat dieſer ſtaͤr-
ckere und dickere Naͤgel oder Krallen, als
der Hund, gehen auch weiter in die Erde,
als des Hundes ſeine, ſo die Erde nur ein
wenig ritzen, weil er mit der Spitze des
Fuſſes nicht ſo ſcharff eintreten kan, als der
Wolff. Der Wolff formiret mit ſeinen
dicken und breiten Aber-Klauen und
mit des Ballen drey kleine Gruͤbchens in
das Erdreich, das ſiehet man aber von kei-
nem Hunde nicht.

[Spaltenumbruch]
§. 2.

Des Wolffes Geaͤffter iſt von
dem uͤbrigen Fuſſe mehr abgeſondert und
abſtehend, zu dem hat er mehr Haare un-
ter dem Fuſſe, als der Hund, haͤlt dar-
neben in ſeinem Gange einen laͤngern,
mehr ordentlichern und gewiſſern Schritt;
und da der Hund gleich noch ſo groß, ſo
dehnt er ſich doch nicht, wenn er Schritt
vor Schritt gehet, ſo aus, als der Wolff.
Ob man nun zwar eben nicht verbunden
iſt, den Wolff von der Woͤlffin zu unter-
ſcheiden, wenn man einen Anſpruch thun
will, ſo iſt es doch allemahl beſſer, wenn
mans weiß; Man kan meiſtentheils eines
vor das andere erkennen, wenn man nur
obſervirt, daß die Woͤlffin ſchmaͤlere und
laͤngere Fuͤſſe, nicht aber ſo ſtarcke Kral-
len oder Klauen hat, als der Wolff. Die
uͤbrigen Kennzeichen ſind nach Propor-
tion
ihrer Fuͤſſe bey beyden einerley. Will
man die jungen Woͤlffe von ein biß zwey
Jahren erkennen, ſo muß man betrach-
ten, daß die Gelencke an den Fuͤſſen der
jungen Woͤlffe noch nicht ſo ſtarck, als der
alten Woͤlffe ihre ſind, welches deñ macht,
daß die Jungen mit mehr geoͤffnetem und
geſpaltenem Tritte gehen; ſie haben auch
viel kleinere und ſpitzigere Klauen, als die
Alten, und nicht einen ſo regulairen Gang,
noch ſo lange Schritte. Die uͤbrigen
Kennzeichen ſind bey ihnen einerley.

§. 3.

Ferner kan man ſie aus der Art
und Weiſe, wie ſie des Nachts auf den
Raub ausgehen, erkennen. Die alten
Woͤlffe gehen viel weiter darnach, als die
jungen. Die Alten ſuchen ihre Nahrung
auf groſſen Ebenen, die Jungen hingegen
ihre um die Doͤrffer und Baͤche herum.
Das Geloß der jungen Woͤlffe iſt nie-
mahls ſo hart, als der alten ihres. Es
iſt auch in Anſehung des Geloſſes der Un-
terſchied zwiſchen dem Wolffe, und der
Woͤlffin dieſer: Das Geloß der Woͤlffin
iſt gemeiniglich mitten auf den Weg hin-
gemacht, und etwas platzſchigt; der
Wolff hingegen macht ſein Geloß meiſten-
theils auf einen Stein, es iſt auch daſſelbe
etwas hart. Wenn der Wolff kratzet,
thut ers mit weit groͤſſerer Hefftigkeit als
die Woͤlffin, oder die jungen Woͤlffe, maſ-
ſen er ein tieffer Loch in die Erde macht,
und die Erde weiter weg wirfft. Wo an-
ders der Wolff ſich ſo wohl innerlich an
ſeinem Eingeweyde, als auch aͤuſſerlich an
ſeinen Gelencken und Gliedmaſſen geſund
befindet, wird er in einer ſchnur-geraden
Linie continuirlich in einem Trabe fort-
lauffen, daß er accurat mit den Hinter-

Klauen
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[112/0194] Des Andern Theils 24. Cap. von der Wolffes-Spuhr. vom Wolffe Speiſe genieſſen, ſollen ſie ei- nen guten Appetit zum Eſſen bekom- men. Das gepuͤlverte Fleiſch, wo es geſ- ſen wird, ſoll vor die ſchwere Noth tau- gen, wenn man es aber ſaltzet, und an den Halß haͤnget, ſoll es eben ſo viel ver- moͤgen. Das Fett hat ſo groſſe Krafft als das Hunde-Fett, es waͤrmt, digeriret, heilet die Gelenck-Kranckheiten, und das Trieffen der Augen, wenn man die Au- gen damit reibet. Die Wolffes-Haut tau- get zur Colic, wenn man einen Guͤrtel daraus macht, doch ſollen die Haare die Haut beruͤhren. Einige kochen den gan- tzen Wolff in Oehl, und wollen ein Oehl daraus zubereiten, welches die Podagri- ſchen Schmertzen ſehr lindern ſoll. Von dieſen allen kan man aus den Medicini- ſchen Buͤchern mehr Nachricht erlangen. Das 24. Capitel/ Von der Wolffes-Spuhr. §. 1. Es hat ein Wolff in Anſehung ſeiner aͤuſſerlichen und innerlichen Eigen- ſchafften eine groſſe Gleichheit und Aehn- lichkeit mit den zahmen Hunden, und alſo haben ſie auch in Anſehung der Glieder und der Faͤhrden mit den Hunden faſt ei- nerley Beſchaffenheit. Doch zwinget der Wolff ſeine Gelencke weit beſchloßner, ſeine Klauen und Ballen ſind auch weit ſtaͤrcker, kraͤfftiger und haͤrter formirt, als bey den zahmen Hunden. Wann der al- te Wolff gemach, oder ſeinen ordinairen Gang gehet, ſo wird man wahrnehmen, daß ſeine Fuͤſſe ſehr dichte geſchloſſen, maſ- ſen deſſelben Geſtalt und Eindruck, wel- ches mit den Spitzen der Finger geſchicht, beſſer zuſammen gefuͤget, als bey dem Hunde, der mit geoͤffneten und vonein- ander ſtehenden Klauen gehet, und nicht ſolche dicke und breite Aber-Klauen hat, als der Wolff, doch ſind bey ihm die bey- den groſſen Finger dicker und ſtaͤrcker, als bey dem Wolff; hingegen hat dieſer ſtaͤr- ckere und dickere Naͤgel oder Krallen, als der Hund, gehen auch weiter in die Erde, als des Hundes ſeine, ſo die Erde nur ein wenig ritzen, weil er mit der Spitze des Fuſſes nicht ſo ſcharff eintreten kan, als der Wolff. Der Wolff formiret mit ſeinen dicken und breiten Aber-Klauen und mit des Ballen drey kleine Gruͤbchens in das Erdreich, das ſiehet man aber von kei- nem Hunde nicht. §. 2. Des Wolffes Geaͤffter iſt von dem uͤbrigen Fuſſe mehr abgeſondert und abſtehend, zu dem hat er mehr Haare un- ter dem Fuſſe, als der Hund, haͤlt dar- neben in ſeinem Gange einen laͤngern, mehr ordentlichern und gewiſſern Schritt; und da der Hund gleich noch ſo groß, ſo dehnt er ſich doch nicht, wenn er Schritt vor Schritt gehet, ſo aus, als der Wolff. Ob man nun zwar eben nicht verbunden iſt, den Wolff von der Woͤlffin zu unter- ſcheiden, wenn man einen Anſpruch thun will, ſo iſt es doch allemahl beſſer, wenn mans weiß; Man kan meiſtentheils eines vor das andere erkennen, wenn man nur obſervirt, daß die Woͤlffin ſchmaͤlere und laͤngere Fuͤſſe, nicht aber ſo ſtarcke Kral- len oder Klauen hat, als der Wolff. Die uͤbrigen Kennzeichen ſind nach Propor- tion ihrer Fuͤſſe bey beyden einerley. Will man die jungen Woͤlffe von ein biß zwey Jahren erkennen, ſo muß man betrach- ten, daß die Gelencke an den Fuͤſſen der jungen Woͤlffe noch nicht ſo ſtarck, als der alten Woͤlffe ihre ſind, welches deñ macht, daß die Jungen mit mehr geoͤffnetem und geſpaltenem Tritte gehen; ſie haben auch viel kleinere und ſpitzigere Klauen, als die Alten, und nicht einen ſo regulairen Gang, noch ſo lange Schritte. Die uͤbrigen Kennzeichen ſind bey ihnen einerley. §. 3. Ferner kan man ſie aus der Art und Weiſe, wie ſie des Nachts auf den Raub ausgehen, erkennen. Die alten Woͤlffe gehen viel weiter darnach, als die jungen. Die Alten ſuchen ihre Nahrung auf groſſen Ebenen, die Jungen hingegen ihre um die Doͤrffer und Baͤche herum. Das Geloß der jungen Woͤlffe iſt nie- mahls ſo hart, als der alten ihres. Es iſt auch in Anſehung des Geloſſes der Un- terſchied zwiſchen dem Wolffe, und der Woͤlffin dieſer: Das Geloß der Woͤlffin iſt gemeiniglich mitten auf den Weg hin- gemacht, und etwas platzſchigt; der Wolff hingegen macht ſein Geloß meiſten- theils auf einen Stein, es iſt auch daſſelbe etwas hart. Wenn der Wolff kratzet, thut ers mit weit groͤſſerer Hefftigkeit als die Woͤlffin, oder die jungen Woͤlffe, maſ- ſen er ein tieffer Loch in die Erde macht, und die Erde weiter weg wirfft. Wo an- ders der Wolff ſich ſo wohl innerlich an ſeinem Eingeweyde, als auch aͤuſſerlich an ſeinen Gelencken und Gliedmaſſen geſund befindet, wird er in einer ſchnur-geraden Linie continuirlich in einem Trabe fort- lauffen, daß er accurat mit den Hinter- Klauen

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/194>, abgerufen am 23.11.2024.