Nach Stand und Würden Hoch- und Werthgeschätzter Leser.
SO grosse und besondere Vorzüge die edle Jagd-Kunst, als eine der vornehmsten Fürstlichen und Adelichen Ubungen, vor vielen andern Künsten und Wissen- schafften in Ansehung ihres Alterthums, ihrer Nutz- barkeit und Annehmlichkeit mit allem Recht aufzu- weisen hat: um so viel destomehr muß man sich ver- wundern, daß unsers Behalts noch kein eintziger, we- der von den alten noch neuen Scribenten, die Historie derselben nach ihrem ersten Ursprung, und nach ihrer wahren Art und Beschaffenheit, wie sie von so vielen Völckern der gantzen Welt beständig getrieben worden ist, zu beschrei- ben sich vorgesetzet habe. Zwar getraue ich mir nicht die wahre Ursache, warum sich noch kein eintziger Gelehrter über diese Arbeit gemachet habe, ei- gentlich zu errathen, glaube aber doch fast, daß es zufälliger weise, und nicht aus einer Geringschätzung der Jägerey geschehen sey, indem ja die gelehr- testen Männer unzehliche solche Materien des Alterthums abgehandelt haben, welche der edlen Jagd-Kunst in vielen Stücken billig nachzusetzen sind. Es würde dannenhero ein in denen Geschicht-Büchern und Alterthümern erfahrner Mann eine lobwürdige und nützliche Arbeit über sich nehmen, wenn er die Historie der Jägerey nach ihren Ursprung und Beschaffenheit bey allen Völckern aus den besten Scribenten mit Anführung ihrer Zeugnisse be- schriebe, jedoch so daß er die bey Untersuchung der Alterthümer so nöthigen Cautelen als einen beständigen Leit-Stern vor Augen hätte, und weder nach dem Begriff der heut zu Tage nach den Regeln der Kunst eingerichteten Jä- gerey die uralten Zeiten, und die erste Unvollkommenheit derselben, abmäße, noch, aus allzu grosser Liebe vor dieselbe, GOtt selbsten als den ersten Jäger angebe, wie die Fleischer, Kirschner und Schneider GOtt zu den ersten Flei- scher, Kirschner und Schneider zu machen kein Bedencken tragen.
Meiner
(a)
Nach Stand und Wuͤrden Hoch- und Werthgeſchaͤtzter Leſer.
SO groſſe und beſondere Vorzuͤge die edle Jagd-Kunſt, als eine der vornehmſten Fuͤrſtlichen und Adelichen Ubungen, vor vielen andern Kuͤnſten und Wiſſen- ſchafften in Anſehung ihres Alterthums, ihrer Nutz- barkeit und Annehmlichkeit mit allem Recht aufzu- weiſen hat: um ſo viel deſtomehr muß man ſich ver- wundern, daß unſers Behalts noch kein eintziger, we- der von den alten noch neuen Scribenten, die Hiſtorie derſelben nach ihrem erſten Urſprung, und nach ihrer wahren Art und Beſchaffenheit, wie ſie von ſo vielen Voͤlckern der gantzen Welt beſtaͤndig getrieben worden iſt, zu beſchrei- ben ſich vorgeſetzet habe. Zwar getraue ich mir nicht die wahre Urſache, warum ſich noch kein eintziger Gelehrter uͤber dieſe Arbeit gemachet habe, ei- gentlich zu errathen, glaube aber doch faſt, daß es zufaͤlliger weiſe, und nicht aus einer Geringſchaͤtzung der Jaͤgerey geſchehen ſey, indem ja die gelehr- teſten Maͤnner unzehliche ſolche Materien des Alterthums abgehandelt haben, welche der edlen Jagd-Kunſt in vielen Stuͤcken billig nachzuſetzen ſind. Es wuͤrde dannenhero ein in denen Geſchicht-Buͤchern und Alterthuͤmern erfahrner Mann eine lobwuͤrdige und nuͤtzliche Arbeit uͤber ſich nehmen, wenn er die Hiſtorie der Jaͤgerey nach ihren Urſprung und Beſchaffenheit bey allen Voͤlckern aus den beſten Scribenten mit Anfuͤhrung ihrer Zeugniſſe be- ſchriebe, jedoch ſo daß er die bey Unterſuchung der Alterthuͤmer ſo noͤthigen Cautelen als einen beſtaͤndigen Leit-Stern vor Augen haͤtte, und weder nach dem Begriff der heut zu Tage nach den Regeln der Kunſt eingerichteten Jaͤ- gerey die uralten Zeiten, und die erſte Unvollkommenheit derſelben, abmaͤße, noch, aus allzu groſſer Liebe vor dieſelbe, GOtt ſelbſten als den erſten Jaͤger angebe, wie die Fleiſcher, Kirſchner und Schneider GOtt zu den erſten Flei- ſcher, Kirſchner und Schneider zu machen kein Bedencken tragen.
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(a)
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[[1]/0017]
Nach Stand und Wuͤrden Hoch- und
Werthgeſchaͤtzter Leſer.
SO groſſe und beſondere Vorzuͤge die edle Jagd-Kunſt,
als eine der vornehmſten Fuͤrſtlichen und Adelichen
Ubungen, vor vielen andern Kuͤnſten und Wiſſen-
ſchafften in Anſehung ihres Alterthums, ihrer Nutz-
barkeit und Annehmlichkeit mit allem Recht aufzu-
weiſen hat: um ſo viel deſtomehr muß man ſich ver-
wundern, daß unſers Behalts noch kein eintziger, we-
der von den alten noch neuen Scribenten, die Hiſtorie derſelben nach ihrem
erſten Urſprung, und nach ihrer wahren Art und Beſchaffenheit, wie ſie von
ſo vielen Voͤlckern der gantzen Welt beſtaͤndig getrieben worden iſt, zu beſchrei-
ben ſich vorgeſetzet habe. Zwar getraue ich mir nicht die wahre Urſache,
warum ſich noch kein eintziger Gelehrter uͤber dieſe Arbeit gemachet habe, ei-
gentlich zu errathen, glaube aber doch faſt, daß es zufaͤlliger weiſe, und nicht
aus einer Geringſchaͤtzung der Jaͤgerey geſchehen ſey, indem ja die gelehr-
teſten Maͤnner unzehliche ſolche Materien des Alterthums abgehandelt
haben, welche der edlen Jagd-Kunſt in vielen Stuͤcken billig nachzuſetzen ſind.
Es wuͤrde dannenhero ein in denen Geſchicht-Buͤchern und Alterthuͤmern
erfahrner Mann eine lobwuͤrdige und nuͤtzliche Arbeit uͤber ſich nehmen,
wenn er die Hiſtorie der Jaͤgerey nach ihren Urſprung und Beſchaffenheit bey
allen Voͤlckern aus den beſten Scribenten mit Anfuͤhrung ihrer Zeugniſſe be-
ſchriebe, jedoch ſo daß er die bey Unterſuchung der Alterthuͤmer ſo noͤthigen
Cautelen als einen beſtaͤndigen Leit-Stern vor Augen haͤtte, und weder nach
dem Begriff der heut zu Tage nach den Regeln der Kunſt eingerichteten Jaͤ-
gerey die uralten Zeiten, und die erſte Unvollkommenheit derſelben, abmaͤße,
noch, aus allzu groſſer Liebe vor dieſelbe, GOtt ſelbſten als den erſten Jaͤger
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/17>, abgerufen am 23.11.2024.
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