Des Ersten Th. 31. Cap. vom Holtz-Lesen. 32. C. vom Mooß-rechen.
[Spaltenumbruch]
§. 1.
An den Orten, wo das Holtz sehr wohl- feil, und grosse Wälder sind, ist ins- gemein sandigter oder felsigter, item mo- rastiger Grund und Boden, und also sehr schlechte Nahrung, daß die armen Leute, ob gleich die Klafftern Holtz im geringen Preisse stehen, dennoch nicht vermögend sind, das Geld, so hierzu erfordert wird, aufzubringen. Damit nun solche noth- dürfftige Leute sich vor dem Frost der Winter-Kälte schützen, und ihr liebes Brod dabey backen können, so thun Christliche Herrschafften sehr wohl, wenn sie solchen armen Leuten erlauben, daß sie das benöthigte Brenn-Holtz auf der Er- de, weil dessen ohne dem alle Jahr eine gu- te Quantität verfaulet, auflesen mögen.
§. 2.
Es pflegt aber bey der einmahl verstatteten Holtz-Auflesung nicht selten zu geschehen, daß sie fast alle Tage in das Holtz fahren, und nicht allein das harte und weiche Lager-Holtz allzu häuffig weg- führen, sondern auch, zumahl bey Nacht, manchen grünen Baum weghauen, o- der doch die trocknen, die zum Brennen guten Kiehn haben. Es wissen derglei- chen Holtz-Diebe den abgehauenen Stamm mit dem dabey befindlichen Mooß, Streu- ling, oder abgefallenem Laube, gleich dem andern Erdreich, so meisterlich zu über- streuen, und ähnlich zu machen, daß es offt der klügste Forst-Bediente kaum mer- cken wird. Das entwendete Holtz wissen sie hernach, wenn sie es nach Hause ge- bracht, in die Scheune und Panse so wohl zu verstecken, daß es schwerlich iemand finden kan. Sie thun dieses desto unge- scheuter, indem sie wissen, daß die Forst- Bedienten im ersten Schlaffe bey ihren Weibern liegen, und sie also vor ihnen si- cher sind. Bey dieser Gelegenheit wird auch wohl manch Stück Wild heimlich nach Hause geschleppt, und verparthieret. Zum wenigsten wird auch durch das con- tinuirliche Geschrey und Klatschen der Fuhrleute das Wild stets in Allarm ge- halten, daß es die Nacht seine Ruhe nicht haben kan, daher es denn offt genöthiget wird, sich aus solchen Gegenden weg, und an andere Oerter zu begeben, zumahl wenn es in harten Wintern bey grosser Kälte und tieffem Schnee von geitzigen Herrschafften und nachläßigen Forst-Be- dienten nicht mit Heu versorget wird.
§. 3.
Damit nun allen diesen Incon- venientien vorgebeuget werde, so muß [Spaltenumbruch]
eine Herrschafft in der Abgabe und Aufle- sung des Lager-Holtzes eine vorsichtige Ordnung anstellen, ernstlich darüber hal- ten, und solche nicht verändern. Es muß ein Tag in der Woche anberaumet seyn, an welchem die armen Unterthanen das Lager-Holtz auflesen; es muß in Bey- seyn der Förster oder Fuß-Knechte gesche- hen, die die gehörige Aufsicht drüber füh- ren; es muß nur weich Holtz aufgelesen werden/ keinesweges aber das harte, als eichene, oder büchene; es muß am Tage ge- schehen, und nicht des Nachts, etwan bey Mondenschein oder sonst. Auf diese Art wird in den Wäldern gute Ordnung er- halten, das Wild in seiner nöthigen Ruhe gelassen, manche Parthiererey evitirt, und den armen Leuten doch die Freyheit ver- günstiget, das Lager-Holtz aufzulesen.
Das 32. Capitel/ Von dem Mooß-rechen.
§. 1.
Es ist an verschiedenen Orten das Mooß-rechen eine gantz gewöhnliche Sache, und ist in denen Herrschafftlichen Gehöltzen dasselbe den Forst-Bedienten als ein Accidens iedesmahl gegönnet wor- den, sintemahl der Hauswirth sich hier- bey wegen der Streu vor das Vieh, und consequenter der Düngung zu seinem Ackerbau Nutzen sucht. Wiewohl, was das letztere betrifft, es von schlechtem Nach- halt ist, und dergleichen Mooß-Düngung über eine Saat nicht gemerckt wird. Bey diesem Mooß-rechen aber muß eben- falls eine Behutsamkeit gebraucht wer- den, denn in demjenigen jungen Gehöltze, welches sich allbereits geschneidelt, und in dem die vorigen alten Stöcke nunmehro wieder niedergefaulet, und zur Erden worden sind, wird man dergleichen Mooß am allerbesten und dicksten finden, am al- lerwenigsten aber ist solches daselbst ohne Schaden zu rechen, denn es ist bekandt, daß die Wurtzeln des Holtzes mit selbi- gem überlauffen sind, welches ihnen so wohl Schatten, als auch Feuchtung giebt und erhält.
Das 33. Capitel/ Von einigen sichern Meteo- rologischen Muthmassungen/ wie man sie aus der Erfahrung durch fleißige Observationes wahrge- nommen.
Vom
G 2
Des Erſten Th. 31. Cap. vom Holtz-Leſen. 32. C. vom Mooß-rechen.
[Spaltenumbruch]
§. 1.
An den Orten, wo das Holtz ſehr wohl- feil, und groſſe Waͤlder ſind, iſt ins- gemein ſandigter oder felſigter, item mo- raſtiger Grund und Boden, und alſo ſehr ſchlechte Nahrung, daß die armen Leute, ob gleich die Klafftern Holtz im geringen Preiſſe ſtehen, dennoch nicht vermoͤgend ſind, das Geld, ſo hierzu erfordert wird, aufzubringen. Damit nun ſolche noth- duͤrfftige Leute ſich vor dem Froſt der Winter-Kaͤlte ſchuͤtzen, und ihr liebes Brod dabey backen koͤnnen, ſo thun Chriſtliche Herrſchafften ſehr wohl, wenn ſie ſolchen armen Leuten erlauben, daß ſie das benoͤthigte Brenn-Holtz auf der Er- de, weil deſſen ohne dem alle Jahr eine gu- te Quantitaͤt verfaulet, aufleſen moͤgen.
§. 2.
Es pflegt aber bey der einmahl verſtatteten Holtz-Aufleſung nicht ſelten zu geſchehen, daß ſie faſt alle Tage in das Holtz fahren, und nicht allein das harte und weiche Lager-Holtz allzu haͤuffig weg- fuͤhren, ſondern auch, zumahl bey Nacht, manchen gruͤnen Baum weghauen, o- der doch die trocknen, die zum Brennen guten Kiehn haben. Es wiſſen derglei- chen Holtz-Diebe den abgehauenen Stam̃ mit dem dabey befindlichen Mooß, Streu- ling, oder abgefallenem Laube, gleich dem andern Erdreich, ſo meiſterlich zu uͤber- ſtreuen, und aͤhnlich zu machen, daß es offt der kluͤgſte Forſt-Bediente kaum mer- cken wird. Das entwendete Holtz wiſſen ſie hernach, wenn ſie es nach Hauſe ge- bracht, in die Scheune und Panſe ſo wohl zu verſtecken, daß es ſchwerlich iemand finden kan. Sie thun dieſes deſto unge- ſcheuter, indem ſie wiſſen, daß die Forſt- Bedienten im erſten Schlaffe bey ihren Weibern liegen, und ſie alſo vor ihnen ſi- cher ſind. Bey dieſer Gelegenheit wird auch wohl manch Stuͤck Wild heimlich nach Hauſe geſchleppt, und verparthieret. Zum wenigſten wird auch durch das con- tinuirliche Geſchrey und Klatſchen der Fuhrleute das Wild ſtets in Allarm ge- halten, daß es die Nacht ſeine Ruhe nicht haben kan, daher es denn offt genoͤthiget wird, ſich aus ſolchen Gegenden weg, und an andere Oerter zu begeben, zumahl wenn es in harten Wintern bey groſſer Kaͤlte und tieffem Schnee von geitzigen Herrſchafften und nachlaͤßigen Forſt-Be- dienten nicht mit Heu verſorget wird.
§. 3.
Damit nun allen dieſen Incon- venientien vorgebeuget werde, ſo muß [Spaltenumbruch]
eine Herrſchafft in der Abgabe und Aufle- ſung des Lager-Holtzes eine vorſichtige Ordnung anſtellen, ernſtlich daruͤber hal- ten, und ſolche nicht veraͤndern. Es muß ein Tag in der Woche anberaumet ſeyn, an welchem die armen Unterthanen das Lager-Holtz aufleſen; es muß in Bey- ſeyn der Foͤrſter oder Fuß-Knechte geſche- hen, die die gehoͤrige Aufſicht druͤber fuͤh- ren; es muß nur weich Holtz aufgeleſen werden/ keinesweges aber das harte, als eichene, oder buͤchene; es muß am Tage ge- ſchehen, und nicht des Nachts, etwan bey Mondenſchein oder ſonſt. Auf dieſe Art wird in den Waͤldern gute Ordnung er- halten, das Wild in ſeiner noͤthigen Ruhe gelaſſen, manche Parthiererey evitirt, und den armen Leuten doch die Freyheit ver- guͤnſtiget, das Lager-Holtz aufzuleſen.
Das 32. Capitel/ Von dem Mooß-rechen.
§. 1.
Es iſt an verſchiedenen Orten das Mooß-rechen eine gantz gewoͤhnliche Sache, und iſt in denen Herrſchafftlichen Gehoͤltzen daſſelbe den Forſt-Bedienten als ein Accidens iedesmahl gegoͤñet wor- den, ſintemahl der Hauswirth ſich hier- bey wegen der Streu vor das Vieh, und conſequenter der Duͤngung zu ſeinem Ackerbau Nutzen ſucht. Wiewohl, was das letztere betrifft, es von ſchlechtem Nach- halt iſt, und dergleichen Mooß-Duͤngung uͤber eine Saat nicht gemerckt wird. Bey dieſem Mooß-rechen aber muß eben- falls eine Behutſamkeit gebraucht wer- den, denn in demjenigen jungen Gehoͤltze, welches ſich allbereits geſchneidelt, und in dem die vorigen alten Stoͤcke nunmehro wieder niedergefaulet, und zur Erden worden ſind, wird man dergleichen Mooß am allerbeſten und dickſten finden, am al- lerwenigſten aber iſt ſolches daſelbſt ohne Schaden zu rechen, denn es iſt bekandt, daß die Wurtzeln des Holtzes mit ſelbi- gem uͤberlauffen ſind, welches ihnen ſo wohl Schatten, als auch Feuchtung giebt und erhaͤlt.
Das 33. Capitel/ Von einigen ſichern Meteo- rologiſchen Muthmaſſungen/ wie man ſie aus der Erfahrung durch fleißige Obſervationes wahrge- nommen.
Vom
G 2
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Des Erſten Th. 31. Cap. vom Holtz-Leſen. 32. C. vom Mooß-rechen.
§. 1.
An den Orten, wo das Holtz ſehr wohl-
feil, und groſſe Waͤlder ſind, iſt ins-
gemein ſandigter oder felſigter, item mo-
raſtiger Grund und Boden, und alſo ſehr
ſchlechte Nahrung, daß die armen Leute,
ob gleich die Klafftern Holtz im geringen
Preiſſe ſtehen, dennoch nicht vermoͤgend
ſind, das Geld, ſo hierzu erfordert wird,
aufzubringen. Damit nun ſolche noth-
duͤrfftige Leute ſich vor dem Froſt der
Winter-Kaͤlte ſchuͤtzen, und ihr liebes
Brod dabey backen koͤnnen, ſo thun
Chriſtliche Herrſchafften ſehr wohl, wenn
ſie ſolchen armen Leuten erlauben, daß ſie
das benoͤthigte Brenn-Holtz auf der Er-
de, weil deſſen ohne dem alle Jahr eine gu-
te Quantitaͤt verfaulet, aufleſen moͤgen.
§. 2. Es pflegt aber bey der einmahl
verſtatteten Holtz-Aufleſung nicht ſelten
zu geſchehen, daß ſie faſt alle Tage in das
Holtz fahren, und nicht allein das harte
und weiche Lager-Holtz allzu haͤuffig weg-
fuͤhren, ſondern auch, zumahl bey Nacht,
manchen gruͤnen Baum weghauen, o-
der doch die trocknen, die zum Brennen
guten Kiehn haben. Es wiſſen derglei-
chen Holtz-Diebe den abgehauenen Stam̃
mit dem dabey befindlichen Mooß, Streu-
ling, oder abgefallenem Laube, gleich dem
andern Erdreich, ſo meiſterlich zu uͤber-
ſtreuen, und aͤhnlich zu machen, daß es
offt der kluͤgſte Forſt-Bediente kaum mer-
cken wird. Das entwendete Holtz wiſſen
ſie hernach, wenn ſie es nach Hauſe ge-
bracht, in die Scheune und Panſe ſo wohl
zu verſtecken, daß es ſchwerlich iemand
finden kan. Sie thun dieſes deſto unge-
ſcheuter, indem ſie wiſſen, daß die Forſt-
Bedienten im erſten Schlaffe bey ihren
Weibern liegen, und ſie alſo vor ihnen ſi-
cher ſind. Bey dieſer Gelegenheit wird
auch wohl manch Stuͤck Wild heimlich
nach Hauſe geſchleppt, und verparthieret.
Zum wenigſten wird auch durch das con-
tinuirliche Geſchrey und Klatſchen der
Fuhrleute das Wild ſtets in Allarm ge-
halten, daß es die Nacht ſeine Ruhe nicht
haben kan, daher es denn offt genoͤthiget
wird, ſich aus ſolchen Gegenden weg, und
an andere Oerter zu begeben, zumahl
wenn es in harten Wintern bey groſſer
Kaͤlte und tieffem Schnee von geitzigen
Herrſchafften und nachlaͤßigen Forſt-Be-
dienten nicht mit Heu verſorget wird.
§. 3. Damit nun allen dieſen Incon-
venientien vorgebeuget werde, ſo muß
eine Herrſchafft in der Abgabe und Aufle-
ſung des Lager-Holtzes eine vorſichtige
Ordnung anſtellen, ernſtlich daruͤber hal-
ten, und ſolche nicht veraͤndern. Es muß
ein Tag in der Woche anberaumet ſeyn,
an welchem die armen Unterthanen das
Lager-Holtz aufleſen; es muß in Bey-
ſeyn der Foͤrſter oder Fuß-Knechte geſche-
hen, die die gehoͤrige Aufſicht druͤber fuͤh-
ren; es muß nur weich Holtz aufgeleſen
werden/ keinesweges aber das harte, als
eichene, oder buͤchene; es muß am Tage ge-
ſchehen, und nicht des Nachts, etwan bey
Mondenſchein oder ſonſt. Auf dieſe Art
wird in den Waͤldern gute Ordnung er-
halten, das Wild in ſeiner noͤthigen Ruhe
gelaſſen, manche Parthiererey evitirt, und
den armen Leuten doch die Freyheit ver-
guͤnſtiget, das Lager-Holtz aufzuleſen.
Das 32. Capitel/
Von dem Mooß-rechen.
§. 1.
Es iſt an verſchiedenen Orten das
Mooß-rechen eine gantz gewoͤhnliche
Sache, und iſt in denen Herrſchafftlichen
Gehoͤltzen daſſelbe den Forſt-Bedienten
als ein Accidens iedesmahl gegoͤñet wor-
den, ſintemahl der Hauswirth ſich hier-
bey wegen der Streu vor das Vieh, und
conſequenter der Duͤngung zu ſeinem
Ackerbau Nutzen ſucht. Wiewohl, was
das letztere betrifft, es von ſchlechtem Nach-
halt iſt, und dergleichen Mooß-Duͤngung
uͤber eine Saat nicht gemerckt wird.
Bey dieſem Mooß-rechen aber muß eben-
falls eine Behutſamkeit gebraucht wer-
den, denn in demjenigen jungen Gehoͤltze,
welches ſich allbereits geſchneidelt, und in
dem die vorigen alten Stoͤcke nunmehro
wieder niedergefaulet, und zur Erden
worden ſind, wird man dergleichen Mooß
am allerbeſten und dickſten finden, am al-
lerwenigſten aber iſt ſolches daſelbſt ohne
Schaden zu rechen, denn es iſt bekandt,
daß die Wurtzeln des Holtzes mit ſelbi-
gem uͤberlauffen ſind, welches ihnen ſo
wohl Schatten, als auch Feuchtung giebt
und erhaͤlt.
Das 33. Capitel/
Von einigen ſichern Meteo-
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wie man ſie aus der Erfahrung durch
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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 2. Leipzig, 1724, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger02_1724/111>, abgerufen am 21.11.2024.
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