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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] kan, als eine fleißige Ubung, gutes Ge-
wehr, auch geschwind rasches Pulver,
eine stete Faust und helle Augen, so ei-
nes Schützens vornehmste Requisita sind;
[Spaltenumbruch] Alle andere abergläubische abgeschmackte
Künstgen aber übergehe hierbey mit gu-
tem Bedacht und allem Fleiß.

Vom dem Vogel-Steller.
[Spaltenumbruch]

Ob wohl ein Vogelsteller nicht also
behertzt, starck und mühsam, als ein
Weydemann oder Jäger auff vierfüssi-
ge Thier seyn darff, so muß er doch auch
unverdrossen, und eine solche Person seyn,
so Hunger, Durst, Wachen, Frost und
Hitze, Mühe und Arbeit, so wohl als ein
Weydemann auff vierfüssige Thier er-
dulden kan, sonderlich ein Hühner- und
Krammet-Vogel-Steller, so auch vielmahl
grosse Berge, Thal und Landes-Arten
durchlauffen muß; Und ist dieses auch
eine feine und löbliche Ubung der Ge-
sundheit. Ja wie ein Weydemann sei-
ne Hunde auff vierfüssige Thier abrich-
tet, eben also muß ein Vogel-Steller sei-
ne Hunde auff Enten, Hühner, Wach-
teln, und Raub-Vögel zum vorsuchen,
vorstehen, reichen und hohlen, was da ge-
pürschet worden, und auf ander Gefie-
der mehr abzurichten wissen. Wie auch
ein Jäger mit dem Horn seine besonde-
re Gemercke den Jägern und Hunden
zu Anfang und zu Endung der Jagden
giebet, also muß ein Vogel-Steller al-
lerley Art Geschrey mit Pfeiffen und Lo-
cken lernen, seine Lock-Vögel ziehen,
fangen, gewöhnen, und abrichten, zu rech-
ter Zeit aus- und einsetzen, anlegen, und
so etwa daran ein Mangel vorfället, ab-
wenden, auch allerley Art seltzamer Ne-
tze und Stricke bereiten, und machen
können; Hierüber mancherley Gevögel
in dem Fluge und an dem Gesange er-
kennen; Und wie ein Weydemann den
vierfüssigen Thieren nachschleichet, und
ihnen ihre Räncke und Liste ablernet;
Also muß gleicher gestalt der Vogel-Stel-
ler den Vögeln nachgehen, und ihre Ge-
legenheit und Liste erfahren, und ihme
bekant machen, auch darnach seine Stel-
lung anrichten, wann auch an den Stä-
ben oder Netzen etwas vorfället, so verhin-
dert, daß die Wände, sonderlich in gros-
sem Winde, über- oder in der Mitten,
wie ein Dach zusammen schlagen, den
Stell-Platz oder Erden nicht berühren
und in der Höhe bleiben, so, daß bald an
diesem, bald an einem andern Ort Man-
gel erscheinet, bald auch bey den Seiten-
[Spaltenumbruch] Säumen nach den Stäben sich die Garn
über einen Hauffen ziehen, oder sich
Stroh, Reisig, oder Dornen darmit ein-
legen, oder etwa an den Scheeren und
dem Zuge ein Theil länger/ als das
andere wird, oder was sonst bald hier,
bald dort im Stellen, Uberziehen, Gelocke,
Geschrey, bey denen Läuffern oder an-
derm vorfället, so muß er solches zu ob-
servir
en, und zu ändern wissen. Man
soll auch von Anfang des Aprilis biß in
Julium das Gefieder mit frieden lassen,
und sonst zusehen, daß das junge Gehe-
cke des Gesieders nicht verdorben, und
zur Unzeit ausgehaben werden, mithin
dem Vögel-Stellen dadurch Abbruch ge-
schehen möge, auch sich auf keine zaube-
rische Sachen geben, oder denselbigen
glauben, sondern sein angefangenes Fe-
der-Weyde-Werck in Gottes gnädigen
Willen stellen. Daferne er auch gefra-
get würde, wo der Vogel Herbstzeit sei-
nen Strich hin habe, kan er aus des
Herrn Rudolph Heußleins Bericht ant-
worten: Daß sie zur Herbst-Zeit nach
Alexandria und in die warme Länder
reiseten, und hergegen zur Frühlings-
Zeit, wann die Hitze derer Orten zu groß
würde, wiederumb zu uns in Europam
kämen, oder zur Herbst-Zeit von Mor-
gen gegen Abend, und hergegen im Früh-
ling von Abend gegen Morgen zögen.
Jtem wann die eingefangene Vögel im
Frühling fein niedlich wären, annoch
grosse Kälte verhanden wäre; Wann
Ungewitter zu vermuthen, die Vögel
alsdann eine Weile zuvor die übrige
Speise suchen und zu sich nehmen, damit
sie solches Ungewitter ausdauren kön-
nen. Auch muß er alles nöthige anzu-
stellen und anzuordnen verstehen, was
bey dem Vogel-Fang vorkommen könne.
Er kan sich auch beym Vogel-Stellen
nachfolgenden Calenders gebrauchen;
Als Februarius und Martius geben aller-
ley Striech-Vögel im Wieder-Flug, son-
derlich Schnepffen, biß durch den April;
May
giebet Wachteln, Junius Staaren
und allerley Wald-Vögel, so mit Hüt-
ten, Kloben und Leim-Ruthen gefan-

gen

Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] kan, als eine fleißige Ubung, gutes Ge-
wehr, auch geſchwind raſches Pulver,
eine ſtete Fauſt und helle Augen, ſo ei-
nes Schuͤtzens vornehmſte Requiſita ſind;
[Spaltenumbruch] Alle andere aberglaͤubiſche abgeſchmackte
Kuͤnſtgen aber uͤbergehe hierbey mit gu-
tem Bedacht und allem Fleiß.

Vom dem Vogel-Steller.
[Spaltenumbruch]

Ob wohl ein Vogelſteller nicht alſo
behertzt, ſtarck und muͤhſam, als ein
Weydemann oder Jaͤger auff vierfuͤſſi-
ge Thier ſeyn darff, ſo muß er doch auch
unverdroſſen, und eine ſolche Perſon ſeyn,
ſo Hunger, Durſt, Wachen, Froſt und
Hitze, Muͤhe und Arbeit, ſo wohl als ein
Weydemann auff vierfuͤſſige Thier er-
dulden kan, ſonderlich ein Huͤhner- und
Kram̃et-Vogel-Steller, ſo auch vielmahl
groſſe Berge, Thal und Landes-Arten
durchlauffen muß; Und iſt dieſes auch
eine feine und loͤbliche Ubung der Ge-
ſundheit. Ja wie ein Weydemann ſei-
ne Hunde auff vierfuͤſſige Thier abrich-
tet, eben alſo muß ein Vogel-Steller ſei-
ne Hunde auff Enten, Huͤhner, Wach-
teln, und Raub-Voͤgel zum vorſuchen,
vorſtehen, reichen und hohlen, was da ge-
puͤrſchet worden, und auf ander Gefie-
der mehr abzurichten wiſſen. Wie auch
ein Jaͤger mit dem Horn ſeine beſonde-
re Gemercke den Jaͤgern und Hunden
zu Anfang und zu Endung der Jagden
giebet, alſo muß ein Vogel-Steller al-
lerley Art Geſchrey mit Pfeiffen und Lo-
cken lernen, ſeine Lock-Voͤgel ziehen,
fangen, gewoͤhnen, und abrichten, zu rech-
ter Zeit aus- und einſetzen, anlegen, und
ſo etwa daran ein Mangel vorfaͤllet, ab-
wenden, auch allerley Art ſeltzamer Ne-
tze und Stricke bereiten, und machen
koͤnnen; Hieruͤber mancherley Gevoͤgel
in dem Fluge und an dem Geſange er-
kennen; Und wie ein Weydemann den
vierfuͤſſigen Thieren nachſchleichet, und
ihnen ihre Raͤncke und Liſte ablernet;
Alſo muß gleicher geſtalt der Vogel-Stel-
ler den Voͤgeln nachgehen, und ihre Ge-
legenheit und Liſte erfahren, und ihme
bekant machen, auch darnach ſeine Stel-
lung anrichten, wann auch an den Staͤ-
ben oder Netzen etwas vorfaͤllet, ſo verhin-
dert, daß die Waͤnde, ſonderlich in groſ-
ſem Winde, uͤber- oder in der Mitten,
wie ein Dach zuſammen ſchlagen, den
Stell-Platz oder Erden nicht beruͤhren
und in der Hoͤhe bleiben, ſo, daß bald an
dieſem, bald an einem andern Ort Man-
gel erſcheinet, bald auch bey den Seiten-
[Spaltenumbruch] Saͤumen nach den Staͤben ſich die Garn
uͤber einen Hauffen ziehen, oder ſich
Stroh, Reiſig, oder Dornen darmit ein-
legen, oder etwa an den Scheeren und
dem Zuge ein Theil laͤnger/ als das
andere wird, oder was ſonſt bald hier,
bald doꝛt im Stellen, Uberziehen, Gelocke,
Geſchrey, bey denen Laͤuffern oder an-
derm vorfaͤllet, ſo muß er ſolches zu ob-
ſervir
en, und zu aͤndern wiſſen. Man
ſoll auch von Anfang des Aprilis biß in
Julium das Gefieder mit frieden laſſen,
und ſonſt zuſehen, daß das junge Gehe-
cke des Geſieders nicht verdorben, und
zur Unzeit ausgehaben werden, mithin
dem Voͤgel-Stellen dadurch Abbruch ge-
ſchehen moͤge, auch ſich auf keine zaube-
riſche Sachen geben, oder denſelbigen
glauben, ſondern ſein angefangenes Fe-
der-Weyde-Werck in Gottes gnaͤdigen
Willen ſtellen. Daferne er auch gefra-
get wuͤrde, wo der Vogel Herbſtzeit ſei-
nen Strich hin habe, kan er aus des
Herrn Rudolph Heußleins Bericht ant-
worten: Daß ſie zur Herbſt-Zeit nach
Alexandria und in die warme Laͤnder
reiſeten, und hergegen zur Fruͤhlings-
Zeit, wann die Hitze derer Orten zu groß
wuͤrde, wiederumb zu uns in Europam
kaͤmen, oder zur Herbſt-Zeit von Mor-
gen gegen Abend, und hergegen im Fruͤh-
ling von Abend gegen Morgen zoͤgen.
Jtem wann die eingefangene Voͤgel im
Fruͤhling fein niedlich waͤren, annoch
groſſe Kaͤlte verhanden waͤre; Wann
Ungewitter zu vermuthen, die Voͤgel
alsdann eine Weile zuvor die uͤbrige
Speiſe ſuchen und zu ſich nehmen, damit
ſie ſolches Ungewitter ausdauren koͤn-
nen. Auch muß er alles noͤthige anzu-
ſtellen und anzuordnen verſtehen, was
bey dem Vogel-Fang vorkommen koͤnne.
Er kan ſich auch beym Vogel-Stellen
nachfolgenden Calenders gebrauchen;
Als Februarius und Martius geben aller-
ley Striech-Voͤgel im Wieder-Flug, ſon-
derlich Schnepffen, biß durch den April;
May
giebet Wachteln, Junius Staaren
und allerley Wald-Voͤgel, ſo mit Huͤt-
ten, Kloben und Leim-Ruthen gefan-

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[343/0513] Von der Jagd/ oder dem Weyde-Werck. kan, als eine fleißige Ubung, gutes Ge- wehr, auch geſchwind raſches Pulver, eine ſtete Fauſt und helle Augen, ſo ei- nes Schuͤtzens vornehmſte Requiſita ſind; Alle andere aberglaͤubiſche abgeſchmackte Kuͤnſtgen aber uͤbergehe hierbey mit gu- tem Bedacht und allem Fleiß. Vom dem Vogel-Steller. Ob wohl ein Vogelſteller nicht alſo behertzt, ſtarck und muͤhſam, als ein Weydemann oder Jaͤger auff vierfuͤſſi- ge Thier ſeyn darff, ſo muß er doch auch unverdroſſen, und eine ſolche Perſon ſeyn, ſo Hunger, Durſt, Wachen, Froſt und Hitze, Muͤhe und Arbeit, ſo wohl als ein Weydemann auff vierfuͤſſige Thier er- dulden kan, ſonderlich ein Huͤhner- und Kram̃et-Vogel-Steller, ſo auch vielmahl groſſe Berge, Thal und Landes-Arten durchlauffen muß; Und iſt dieſes auch eine feine und loͤbliche Ubung der Ge- ſundheit. Ja wie ein Weydemann ſei- ne Hunde auff vierfuͤſſige Thier abrich- tet, eben alſo muß ein Vogel-Steller ſei- ne Hunde auff Enten, Huͤhner, Wach- teln, und Raub-Voͤgel zum vorſuchen, vorſtehen, reichen und hohlen, was da ge- puͤrſchet worden, und auf ander Gefie- der mehr abzurichten wiſſen. Wie auch ein Jaͤger mit dem Horn ſeine beſonde- re Gemercke den Jaͤgern und Hunden zu Anfang und zu Endung der Jagden giebet, alſo muß ein Vogel-Steller al- lerley Art Geſchrey mit Pfeiffen und Lo- cken lernen, ſeine Lock-Voͤgel ziehen, fangen, gewoͤhnen, und abrichten, zu rech- ter Zeit aus- und einſetzen, anlegen, und ſo etwa daran ein Mangel vorfaͤllet, ab- wenden, auch allerley Art ſeltzamer Ne- tze und Stricke bereiten, und machen koͤnnen; Hieruͤber mancherley Gevoͤgel in dem Fluge und an dem Geſange er- kennen; Und wie ein Weydemann den vierfuͤſſigen Thieren nachſchleichet, und ihnen ihre Raͤncke und Liſte ablernet; Alſo muß gleicher geſtalt der Vogel-Stel- ler den Voͤgeln nachgehen, und ihre Ge- legenheit und Liſte erfahren, und ihme bekant machen, auch darnach ſeine Stel- lung anrichten, wann auch an den Staͤ- ben oder Netzen etwas vorfaͤllet, ſo verhin- dert, daß die Waͤnde, ſonderlich in groſ- ſem Winde, uͤber- oder in der Mitten, wie ein Dach zuſammen ſchlagen, den Stell-Platz oder Erden nicht beruͤhren und in der Hoͤhe bleiben, ſo, daß bald an dieſem, bald an einem andern Ort Man- gel erſcheinet, bald auch bey den Seiten- Saͤumen nach den Staͤben ſich die Garn uͤber einen Hauffen ziehen, oder ſich Stroh, Reiſig, oder Dornen darmit ein- legen, oder etwa an den Scheeren und dem Zuge ein Theil laͤnger/ als das andere wird, oder was ſonſt bald hier, bald doꝛt im Stellen, Uberziehen, Gelocke, Geſchrey, bey denen Laͤuffern oder an- derm vorfaͤllet, ſo muß er ſolches zu ob- ſerviren, und zu aͤndern wiſſen. Man ſoll auch von Anfang des Aprilis biß in Julium das Gefieder mit frieden laſſen, und ſonſt zuſehen, daß das junge Gehe- cke des Geſieders nicht verdorben, und zur Unzeit ausgehaben werden, mithin dem Voͤgel-Stellen dadurch Abbruch ge- ſchehen moͤge, auch ſich auf keine zaube- riſche Sachen geben, oder denſelbigen glauben, ſondern ſein angefangenes Fe- der-Weyde-Werck in Gottes gnaͤdigen Willen ſtellen. Daferne er auch gefra- get wuͤrde, wo der Vogel Herbſtzeit ſei- nen Strich hin habe, kan er aus des Herrn Rudolph Heußleins Bericht ant- worten: Daß ſie zur Herbſt-Zeit nach Alexandria und in die warme Laͤnder reiſeten, und hergegen zur Fruͤhlings- Zeit, wann die Hitze derer Orten zu groß wuͤrde, wiederumb zu uns in Europam kaͤmen, oder zur Herbſt-Zeit von Mor- gen gegen Abend, und hergegen im Fruͤh- ling von Abend gegen Morgen zoͤgen. Jtem wann die eingefangene Voͤgel im Fruͤhling fein niedlich waͤren, annoch groſſe Kaͤlte verhanden waͤre; Wann Ungewitter zu vermuthen, die Voͤgel alsdann eine Weile zuvor die uͤbrige Speiſe ſuchen und zu ſich nehmen, damit ſie ſolches Ungewitter ausdauren koͤn- nen. Auch muß er alles noͤthige anzu- ſtellen und anzuordnen verſtehen, was bey dem Vogel-Fang vorkommen koͤnne. Er kan ſich auch beym Vogel-Stellen nachfolgenden Calenders gebrauchen; Als Februarius und Martius geben aller- ley Striech-Voͤgel im Wieder-Flug, ſon- derlich Schnepffen, biß durch den April; May giebet Wachteln, Junius Staaren und allerley Wald-Voͤgel, ſo mit Huͤt- ten, Kloben und Leim-Ruthen gefan- gen

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/513>, abgerufen am 21.11.2024.