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Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719.

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Von der Jagd oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] gewehnen, und sich nicht schämen, von
armen geringern Leuten zu lernen, vor
allen Dingen aber die Trunckenheit, Hu-
rerey und das Spiehlen als die gröbsten
Laster äuserst meyden, weil es den Ver-
stand, die Natur, und den Beutel schwä-
chet, auch nichts, als Verachtung dar-
aus kommen kan; Sein bißgen Geld
menagiren, solches Niemand mercken
lassen, in der Hitze nicht jähling trincken:
Keine enge Schuh, lange oder schwere Klei-
der anziehen, und im Rück-Wege eine
gantz andere Retour vor sich nehmen,
wodurch er mit einerley Unkosten vieler-
[Spaltenumbruch] ley zu sehen bekommet. Wann er die-
ses alles, wie dann nicht zu zweiffeln,
wohl in acht nehmen, und den lieben
Gott umb Beystand anruffen wird, wird
auch der Grosse GOtt demselben durch
den Schutz und Geleit der lieben heiligen
Engel, als dem jungen Tobiä, zu Wege
und Stege fort helffen, und ihn wieder-
umb gesund nach Hauße zu den lieben
Seinigen mit Freuden bringen. Auch
muß er sich ja vorsehen, daß er mit Zanck,
Händel oder Schiessen in Fürstlichen Ge-
häyen keine Ungelegenheit bekomme.

Von einem Besuch-Knecht.
[Spaltenumbruch]

Wann nun unser reisender Jäger
wiederumb aus der Frembde nach Hau-
se gekommen, währender Zeit aber auch
was rechtschaffenes gelernet, und begrif-
fen hat, als weswegen er wohl zu exa-
mini
ren seyn solte, sonderlich aber darzu,
worzu man ihn gebrauchen will, tüchtig
genung befunden wird, und nicht allein
hiesige, sondern auch andere frembde
Besuch- und Behängens-Zeit fleißig,
nach seinen erhaltenen Attestatis, abge-
wartet, auch in seiner Probe richtig be-
standen, fürnehmlich sich von Natur dar-
zu embsig, fleißig und willig erweiset,
kan er auf Gnädige Concession der
Herrschafft und Gutbefinden des Ober-
Jäger-Meisters den Dienst eines Be-
such-Knechtes erhalten. Dieser Dienst
geschiehet nun eintzig und allein durch o-
der mit Besuch des Leith- Hundes, ent-
weder dasjenige Roth-Wildpräth, so in
einer Heyde zu vermuthen, und von Fel-
dern zu Holtze gewechselt ist, vor dem
Jagen zu vorhergehender Nachricht dem
Ober-Jäger-Meister anzuzeigen, oder
einer Lust-Jagd begierichen Herrschafft
einen oder etliche jagdbahre Hirsche zur
Vergnügung zu bestättigen. Es wer-
[Spaltenumbruch] den derselben an Fürstlichen Höffen aufs
wenigste zwey biß drey, oder mehr gehal-
ten, nachdem die Heyden und Wäl-
der weitläufftig vertheilet, und das
Land groß, auch nachdem die Herrschafft
Liebhaber sind. Ein solcher Besuch-
Knecht ist schon vor wehrhafft zu achten,
und gehöhret ihm ein honorabeles Sala-
rium,
maassen dieser Dienst einen eigenen
fleissigen, nüchtern und gedultigen Men-
schen erfordert, zu welchem man nicht
alle Gemüther brauchen kan, darneben
muß er gleichwohl sich nicht einbilden,
er habe die Kunst bereits an den Schu-
hen zerrissen, und sey nichts übrig, was
er nicht wisse, sondern, weil man in kei-
ner, vielweniger in dieser Profession aus-
lernen können wird, sich alle Behän-
gens-Zeit fleißig üben, damit er jemehr
und mehr hierinnen profitiren möge,
denn ihm allezeit was neues vorkommen
wird: Hiernechst muß er gegen seinen
vorgesetzten Hoff-Jäger alle Ehrerbie-
thung, und Respect haben, damit er
umb soviel desto mehr von Jedermann
geliebet werde, auch einmahl avanciren
könne, und ihn seine Höfflichkeit bey al-
len recommendire.

Von einem Jagd-Pagen.
[Spaltenumbruch]

Die Edelknaben der Jagd eines grossen
Herren oder so genannte Jagd-Pagen sind
eigendlich u. proprie diejenigen, so anfäng-
lich umb die Principia der Jägerey, bey al-
len vorfallenden Gelegenheiten, zu erler-
nen, verordnet, damit sie mit der Zeit in
Herrschafftlichen Diensten, jedoch nach
ihrem Wohlverhalten zu höheren Char-
[Spaltenumbruch] gen,
und Dignitäten avanciren können;
Und werden etliche von ihnen, nachdem sie
wohl einschlagen, entweder bey der Jäge-
rey mit der Zeit zu Jagd-Junckern, Forst-
Meistern, ja wohl gar zu Jäger-Mei-
stern promoviret, weiln sie der Herr-
schafft, durch beständige und schuldige
Auffwartung, von Jugend an, sich be-

liebt
L l

Von der Jagd oder dem Weyde-Werck.
[Spaltenumbruch] gewehnen, und ſich nicht ſchaͤmen, von
armen geringern Leuten zu lernen, vor
allen Dingen aber die Trunckenheit, Hu-
rerey und das Spiehlen als die groͤbſten
Laſter aͤuſerſt meyden, weil es den Ver-
ſtand, die Natur, und den Beutel ſchwaͤ-
chet, auch nichts, als Verachtung dar-
aus kommen kan; Sein bißgen Geld
menagiren, ſolches Niemand mercken
laſſen, in der Hitze nicht jaͤhling trincken:
Keine enge Schuh, lange odeꝛ ſchweꝛe Klei-
der anziehen, und im Ruͤck-Wege eine
gantz andere Retour vor ſich nehmen,
wodurch er mit einerley Unkoſten vieler-
[Spaltenumbruch] ley zu ſehen bekommet. Wann er die-
ſes alles, wie dann nicht zu zweiffeln,
wohl in acht nehmen, und den lieben
Gott umb Beyſtand anruffen wird, wird
auch der Groſſe GOtt demſelben durch
den Schutz und Geleit der lieben heiligen
Engel, als dem jungen Tobiaͤ, zu Wege
und Stege fort helffen, und ihn wieder-
umb geſund nach Hauße zu den lieben
Seinigen mit Freuden bringen. Auch
muß er ſich ja vorſehen, daß er mit Zanck,
Haͤndel oder Schieſſen in Fuͤrſtlichen Ge-
haͤyen keine Ungelegenheit bekomme.

Von einem Beſuch-Knecht.
[Spaltenumbruch]

Wann nun unſer reiſender Jaͤger
wiederumb aus der Frembde nach Hau-
ſe gekommen, waͤhrender Zeit aber auch
was rechtſchaffenes gelernet, und begrif-
fen hat, als weswegen er wohl zu exa-
mini
ren ſeyn ſolte, ſonderlich aber darzu,
worzu man ihn gebrauchen will, tuͤchtig
genung befunden wird, und nicht allein
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Beſuch- und Behaͤngens-Zeit fleißig,
nach ſeinen erhaltenen Atteſtatis, abge-
wartet, auch in ſeiner Probe richtig be-
ſtanden, fuͤrnehmlich ſich von Natur dar-
zu embſig, fleißig und willig erweiſet,
kan er auf Gnaͤdige Concesſion der
Herrſchafft und Gutbefinden des Ober-
Jaͤger-Meiſters den Dienſt eines Be-
ſuch-Knechtes erhalten. Dieſer Dienſt
geſchiehet nun eintzig und allein durch o-
der mit Beſuch des Leith- Hundes, ent-
weder dasjenige Roth-Wildpraͤth, ſo in
einer Heyde zu vermuthen, und von Fel-
dern zu Holtze gewechſelt iſt, vor dem
Jagen zu vorhergehender Nachricht dem
Ober-Jaͤger-Meiſter anzuzeigen, oder
einer Luſt-Jagd begierichen Herrſchafft
einen oder etliche jagdbahre Hirſche zur
Vergnuͤgung zu beſtaͤttigen. Es wer-
[Spaltenumbruch] den derſelben an Fuͤrſtlichen Hoͤffen aufs
wenigſte zwey biß drey, oder mehr gehal-
ten, nachdem die Heyden und Waͤl-
der weitlaͤufftig vertheilet, und das
Land groß, auch nachdem die Herrſchafft
Liebhaber ſind. Ein ſolcher Beſuch-
Knecht iſt ſchon vor wehrhafft zu achten,
und gehoͤhret ihm ein honorabeles Sala-
rium,
maaſſen dieſer Dienſt einen eigenen
fleiſſigen, nuͤchtern und gedultigen Men-
ſchen erfordert, zu welchem man nicht
alle Gemuͤther brauchen kan, darneben
muß er gleichwohl ſich nicht einbilden,
er habe die Kunſt bereits an den Schu-
hen zerriſſen, und ſey nichts uͤbrig, was
er nicht wiſſe, ſondern, weil man in kei-
ner, vielweniger in dieſer Profeſſion aus-
lernen koͤnnen wird, ſich alle Behaͤn-
gens-Zeit fleißig uͤben, damit er jemehr
und mehr hierinnen profitiren moͤge,
denn ihm allezeit was neues vorkommen
wird: Hiernechſt muß er gegen ſeinen
vorgeſetzten Hoff-Jaͤger alle Ehrerbie-
thung, und Reſpect haben, damit er
umb ſoviel deſto mehr von Jedermann
geliebet werde, auch einmahl avanciren
koͤnne, und ihn ſeine Hoͤfflichkeit bey al-
len recommendire.

Von einem Jagd-Pagen.
[Spaltenumbruch]

Die Edelknaben der Jagd eines groſſen
Herren oder ſo genañte Jagd-Pagen ſind
eigendlich u. proprie diejenigen, ſo anfaͤng-
lich umb die Principia der Jaͤgerey, bey al-
len vorfallenden Gelegenheiten, zu erler-
nen, verordnet, damit ſie mit der Zeit in
Herrſchafftlichen Dienſten, jedoch nach
ihrem Wohlverhalten zu hoͤheren Char-
[Spaltenumbruch] gen,
und Dignitaͤten avanciren koͤnnen;
Und weꝛden etliche von ihnen, nachdem ſie
wohl einſchlagen, entweder bey der Jaͤge-
rey mit der Zeit zu Jagd-Junckern, Forſt-
Meiſtern, ja wohl gar zu Jaͤger-Mei-
ſtern promoviret, weiln ſie der Herr-
ſchafft, durch beſtaͤndige und ſchuldige
Auffwartung, von Jugend an, ſich be-

liebt
L l
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[265/0405] Von der Jagd oder dem Weyde-Werck. gewehnen, und ſich nicht ſchaͤmen, von armen geringern Leuten zu lernen, vor allen Dingen aber die Trunckenheit, Hu- rerey und das Spiehlen als die groͤbſten Laſter aͤuſerſt meyden, weil es den Ver- ſtand, die Natur, und den Beutel ſchwaͤ- chet, auch nichts, als Verachtung dar- aus kommen kan; Sein bißgen Geld menagiren, ſolches Niemand mercken laſſen, in der Hitze nicht jaͤhling trincken: Keine enge Schuh, lange odeꝛ ſchweꝛe Klei- der anziehen, und im Ruͤck-Wege eine gantz andere Retour vor ſich nehmen, wodurch er mit einerley Unkoſten vieler- ley zu ſehen bekommet. Wann er die- ſes alles, wie dann nicht zu zweiffeln, wohl in acht nehmen, und den lieben Gott umb Beyſtand anruffen wird, wird auch der Groſſe GOtt demſelben durch den Schutz und Geleit der lieben heiligen Engel, als dem jungen Tobiaͤ, zu Wege und Stege fort helffen, und ihn wieder- umb geſund nach Hauße zu den lieben Seinigen mit Freuden bringen. Auch muß er ſich ja vorſehen, daß er mit Zanck, Haͤndel oder Schieſſen in Fuͤrſtlichen Ge- haͤyen keine Ungelegenheit bekomme. Von einem Beſuch-Knecht. Wann nun unſer reiſender Jaͤger wiederumb aus der Frembde nach Hau- ſe gekommen, waͤhrender Zeit aber auch was rechtſchaffenes gelernet, und begrif- fen hat, als weswegen er wohl zu exa- miniren ſeyn ſolte, ſonderlich aber darzu, worzu man ihn gebrauchen will, tuͤchtig genung befunden wird, und nicht allein hieſige, ſondern auch andere frembde Beſuch- und Behaͤngens-Zeit fleißig, nach ſeinen erhaltenen Atteſtatis, abge- wartet, auch in ſeiner Probe richtig be- ſtanden, fuͤrnehmlich ſich von Natur dar- zu embſig, fleißig und willig erweiſet, kan er auf Gnaͤdige Concesſion der Herrſchafft und Gutbefinden des Ober- Jaͤger-Meiſters den Dienſt eines Be- ſuch-Knechtes erhalten. Dieſer Dienſt geſchiehet nun eintzig und allein durch o- der mit Beſuch des Leith- Hundes, ent- weder dasjenige Roth-Wildpraͤth, ſo in einer Heyde zu vermuthen, und von Fel- dern zu Holtze gewechſelt iſt, vor dem Jagen zu vorhergehender Nachricht dem Ober-Jaͤger-Meiſter anzuzeigen, oder einer Luſt-Jagd begierichen Herrſchafft einen oder etliche jagdbahre Hirſche zur Vergnuͤgung zu beſtaͤttigen. Es wer- den derſelben an Fuͤrſtlichen Hoͤffen aufs wenigſte zwey biß drey, oder mehr gehal- ten, nachdem die Heyden und Waͤl- der weitlaͤufftig vertheilet, und das Land groß, auch nachdem die Herrſchafft Liebhaber ſind. Ein ſolcher Beſuch- Knecht iſt ſchon vor wehrhafft zu achten, und gehoͤhret ihm ein honorabeles Sala- rium, maaſſen dieſer Dienſt einen eigenen fleiſſigen, nuͤchtern und gedultigen Men- ſchen erfordert, zu welchem man nicht alle Gemuͤther brauchen kan, darneben muß er gleichwohl ſich nicht einbilden, er habe die Kunſt bereits an den Schu- hen zerriſſen, und ſey nichts uͤbrig, was er nicht wiſſe, ſondern, weil man in kei- ner, vielweniger in dieſer Profeſſion aus- lernen koͤnnen wird, ſich alle Behaͤn- gens-Zeit fleißig uͤben, damit er jemehr und mehr hierinnen profitiren moͤge, denn ihm allezeit was neues vorkommen wird: Hiernechſt muß er gegen ſeinen vorgeſetzten Hoff-Jaͤger alle Ehrerbie- thung, und Reſpect haben, damit er umb ſoviel deſto mehr von Jedermann geliebet werde, auch einmahl avanciren koͤnne, und ihn ſeine Hoͤfflichkeit bey al- len recommendire. Von einem Jagd-Pagen. Die Edelknaben der Jagd eines groſſen Herren oder ſo genañte Jagd-Pagen ſind eigendlich u. proprie diejenigen, ſo anfaͤng- lich umb die Principia der Jaͤgerey, bey al- len vorfallenden Gelegenheiten, zu erler- nen, verordnet, damit ſie mit der Zeit in Herrſchafftlichen Dienſten, jedoch nach ihrem Wohlverhalten zu hoͤheren Char- gen, und Dignitaͤten avanciren koͤnnen; Und weꝛden etliche von ihnen, nachdem ſie wohl einſchlagen, entweder bey der Jaͤge- rey mit der Zeit zu Jagd-Junckern, Forſt- Meiſtern, ja wohl gar zu Jaͤger-Mei- ſtern promoviret, weiln ſie der Herr- ſchafft, durch beſtaͤndige und ſchuldige Auffwartung, von Jugend an, ſich be- liebt L l

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Zitationshilfe: Fleming, Hans Friedrich von: Der Vollkommene Teutsche Jäger. Bd. 1. Leipzig, 1719, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fleming_jaeger01_1719/405>, abgerufen am 22.11.2024.